Herforder Chronik (1910)/322

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Herforder Chronik (1910)
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zu werden. Das geringste war, daß er von den Brandenburgischen „mit Prügeln und Degen wohl abgeschmieret wurde, wie es dem 70jährigen Jobst Heimann geschah, als man ihn außerhalb des Steintores traf“. Er war infolgedessen etliche Wochen bettlägerig. Wie zum Hohne nahmen die Brandenburgischen selbst zwei Soldaten von den Kurkölnern, welche Wache standen, gefangen mit sich. „Man kann es nicht alles sagen,“ seufzt Fürstenau, „geschweige die pressuren (Bedrückungen) zu schreiben.“

Die Herforder hatten wohl hinlänglich Grund, sich zu beschweren, die Gegner antworteten ihnen mit ähnlichen Klagen. Als der Landhauptmann Holmann mit einer Streifwache ausgezogen war und die Fuhrleute einer ihm begegnenden Weinfuhre nach dem Eigentümer fragte, erschienen bewaffnete herfordische Bürger und schossen auf Holmanns Leute, von denen einer tot blieb. Damit nicht genug; auf den Knall der Flintenschüsse kamen noch „einige hundert“ Bürger aus Herford herbei, welche die Wache mit Schüssen bis Bielefeld trieben. Die Spannung war hoch gestiegen, und die Einschnürung der Stadt hatte den Herfordern schon großen Schaden gebracht. Bis zum Sommer 1652 hatte man sich unter diesem Drucke hingeschleppt, als man sich entschloß, daß eine von Herford an den Kurfürsten nach Kleve gesandte Abordnung inständig bitten sollte, die Sperre aufzuheben. Wie in solchen Fällen immer geschehen, so flossen auch jetzt die Abgeordneten über von Versicherungen der Treue und Ergebenheit. Den Kurfürsten rührte das aber nicht. Er verlangte Gewährleistung für eine bedingungslose und andauernde Unterwerfung der Herforder, und da die Abgesandten hierfür keine Ermächtigung hatten, so mußten sie unverrichteter Sache wieder heimkehren.

Was der Kurfürst mit der Blockade hatte erreichen wollen, schien sich jetzt seiner Verwirklichung zu nähern, die Stadt wurde mürbe. Der Mangel an Lebensmitteln, verbunden mit der gänzlichen Unterbindung des gewinnbringenden Handels, steigerte die Unzufriedenheit mit den Maßnahmen des Rates, und da dieser sich zum Nachgeben nicht entschließen konnte, wuchs die Zahl der Bürger, welche einer Unterwerfung unter des Kurfürsten Hoheit zustimmten. Um nun dem Ungewissen Zustande ein Ende zu machen, begab sich ein Teil der Bürgerschaft, die „Fünfziger“, mit noch zehn anderen nach Kleve, wo sie mit dem Kurfürsten eine erfolgreiche Unterhandlung zu führen hofften. Sie sprachen dort ihre Unzufriedenheit mit dem Vorgehen des Rates aus, auf dessen gegen den Kurfürsten gerichteten Entschließungen sie keinen Einfluß gehabt hätten, und erklärten ihre Bereitwilligkeit, sich ihm als ihrem Erbherrn zu unterwerfen.

Waren es die herzlichen und ungeschminkten Versicherungen der Treue und Ergebenheit, welche ihm hier entgegentraten, oder war es die stattliche Anzahl von Herford abgesandter Bürger, aus welcher er ein Anwachsen der ihm freundlich gesinnten Partei erkannte, - genug, er willigte darin, für diejenigen die Sperre der Stadt aufzuheben, welche sich ihm zu unterwerfen bereit wären. Wer eine solche Erklärung vor dem kurfürstlichen Richter in Herford abgab, erhielt einen Paß und Schutzbrief, der ihm die Möglichkeit gab, seinem Handel ungehindert