Herforder Chronik (1910)/321

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Herforder Chronik (1910)
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in der ersten Aufwallung am liebsten ein empfindliches Strafgericht über die widerhaarige Stadt ergehen lassen. Jedoch seinem besonnenen Rate Dr. Lonicerus glückte es, ihn zu beruhigen und von harten Feindseligkeiten zurückzuhalten. So ganz ohne Züchtigung indessen durfte er der Stadt ihren Treubruch nicht hingehen lassen. Auf seinen Befehl mußte Oberst von Eller mit Truppen vom Regiment Graf Wittgenstein und einem Aufgebot bewaffneter Bauern unter Führung des Landhauptmanns Holmann sich der Wachttürme und Schlagbäume bei den zehn Bäumern an der Landwehr rund um die Stadt bemächtigen (9. Oktober 1651). Mit dieser Maßregel bekam er die nach Herford führenden Straßen unter seine Aufsicht und Gewalt und verhinderte Zufuhr und Handelsverkehr nach der Stadt. Der Rat hatte zwar, um doch einen geringen Schutz zu haben, eine kleine kurkölnische Besatzung in die Stadt genommen, die aber gegen die vom Sparenberg aus geführten Streiche der Brandenburger machtlos war.

Es begann nun eine Zeit schwerer Drangsalierung der Herforder. Es kamen keine Lebensmittel mehr in die Stadt, auch keine auswärtigen Kaufmannswaren, von denen man hätte Durchgangszoll erheben können.

Der Kurfürst „hob sämtliche der Stadt erteilte Benefizien (Vorteile), Indulte (Erlaß) und Moratorien (Zahlungsstundungen) auf“, gestattete den auswärtigen Gläubigern, Beschlagnahmen von Herforder Waren vorzunehmen, um sich bezahlt zu machen. Kleinere Reibereien fielen wohl täglich vor; von den größeren seien nur die auch von Hölscher aufgenommenen hier mitgeteilt. Meist wurden sie von der Gegenpartei bestritten oder als erlaubte Gegenmaßregel gegen Unrecht, das von Herfordern ausgeübt sei, verteidigt.

So hatte man einen Bremer Kaufmann genötigt, sein für Herford bestimmtes Korn im Werte von 700 Talern in Bielefeld zu lassen, um eben den Herforder Abnehmer zu schikanieren. Die ravensbergische Regierung behauptete dagegen, jener Bremer habe zum Verkauf seines Kornes einen Paß nur für das Ravensbergische erhalten, aber es nach Herford einschmuggeln wollen; sein Korn sei ihm nicht vorenthalten worden.

Auf dem freien Markte unterm Ravensberge mußten zwanzig Herforder Handwerker ihre dort zum Verkauf ausgestellten Waren einpacken und ins Gefängnis wandern. Die Gegner behaupteten, es sei geschehen, weil sich jene einer strafbaren Handlung gegen ravensbergische Fuhrleute schuldig gemacht hätten.

Als der Winter 1651/52 begann, wurde die Aufrechthaltung der Einschließung der Stadt schwieriger, dennoch ließ der Kurfürst nicht nach, die Stadt an Verkehr und Handelsbeziehungen zu schädigen. Mehrere Male im März 1652 fiel der Landhauptmann Holmann mit seinen Bauern in die Herforder Feldmarken ein, nahm Pferde weg, plünderte Höfe und drang bis an die „Zingel“ (Umzingelung der Stadt mit Mauer und Graben) vor. Wer dort ohne einen vom kurfürstlichen Richter Cleimann in Herford ausgestellten Paß oder Schutzbrief, für den er nach Fürstenaus Angabe 12 Groschen zu bezahlen hatte, betroffen wurde, konnte gewärtig sein, nach dem Sparenberg abgeführt