Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1884/252

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1884
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1884.djvu
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Nr. 28.



§ 38. der Verstorbene sich in einer Staatsanstalt befand, von dem angestellten Hausarzte) ein Zeugniß ertheilt ist, daß der Tod nicht an einer ansteckenden Krankheit eingetreten und daß bei der Einsargung der Leiche die besonderen Vorschriften des § 3 der Verordnung vom 8. December 1853 befolgt worden sind.
      Als ansteckende Krankheiten, welche den Leichentransport unter allen Umständen verbieten, haben Cholera und Blattern in allen Fällen zu gelten; im Uebrigen, also bei Scharlach, Masern, Diphtherie, Abdominaltyphus, Fleck- und Rückfallfieber und Ruhr, bleibt es im Einzelfalle dem Ermessen des Kreisarztes überlassen, ob und inwieweit er nach dem Stadium der vorausgegangenen Krankheit (Nachkrankheiten nach Ablauf des ursprünglichen Krankheitsprocesses), ferner mit Rücksicht auf die Einsargungsweise, die Art und Dauer des Transports etc. eine Verschleppung der ansteckenden Krankheit ausgeschlossen erachtet.130
d. Bei den in Folge von Legalinspectionen etc. zur Kenntniß des Kreisarztes kommenden Todesfällen von Personen, deren Leichen nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen behufs Benutzung zu wissenschaftlichen Zwecken an die Landesuniversität abzuliefern sind, hat er mit darüber zu wachen, daß diese Leichen jener gesetzlichen Bestimmung nicht entzogen und die desfalls erforderlichen Anordnungen mit der thunlichsten Beschleunigung getroffen werden.131
e. Bei epidemisch herrschenden Krankheiten soll der Kreisarzt auf die im sanitären Interesse gebotene frühere Bestattung der Leichen, sowie auf die Unterlassung öffentlicher Leichenausstellungen132 und öffentlicher Leichenbegängnisse133 durch Anträge bei den zuständigen Polizeibehörden hinwirken und in solchen Fällen die über Zeit und Art der Beerdigung, über die Desinfection der Leichen, eventuell der mit den Leichen verkehrenden Personen, sowie der Gräber etc. etwa erforderlichen besonderen Anordnungen vorschlagen.

      130 Soll die Leiche ins Ausland geführt werden, so ist der Polizeibehörde auch noch ein gehöriger Nachweis darüber[GWR 1] vorzulegen, daß dieselbe im Ausland zugelassen werde (§ 4).
      Auch behufs des Einlasses oder des Durchlasses der Leichen auswärts Verstorbener in und durch das Landesgebiet hat die Polizeibehörde des Grenzortes, an welchem die Leiche eingeführt wird, den Leichenpaß zu ertheilen, jedoch nur auf Vorlage eines von der zuständigen auswärtigen Obrigkeit in gehöriger Form ausgestellten Erlaubnißscheines zur Wegführung, sowie eines Nachweises, daß der Tod nicht in Folge einer ansteckenden Krankheit eingetreten, daß die Vorschriften über die Einsargung befolgt sind und geeigneten Falles beim Durchtransport, daß die Leiche in das Ausland zugelassen werde (§ 5).
      Die wechselseitige Anerkennung der von der betreffenden Staatsbehörde ausgestellten Leichenpässe ist vereinbart mit den Regierungen in Bayern, Sachsen und Württemberg und bezüglich des Eisenbahntransportes mit den bei dem mitteldeutschen Eisenbahnverband betheiligten Staaten.
      131 Vergleiche Gesetz, betr. die Benutzung von Leichen zu wissenschaftlichen Zwecken aus der Landesuniversität vom 16. April 1877, - den Kreisärzten mitgetheilt mit Ausschreiben vom 21. Juni 1877 (A. Bl. M. A. f. G. Nr. 9). Siehe auch Ausschreiben des Ministeriums des Innern an die Großh. Kreisämter in gleichem Betreff vom 7. Februar 1882 (A. Bl. M. A. f. G. Nr. 104).
      Hierzu ist zu vergleichen die Bestimmung der deutschen Strafprozeß-Ordnung § 486, Abs. 5, dahin lautend:
                  "Der Leichnam des Hingerichteten ist den Angehörigen desselben auf ihr Verlangen zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenden Beerdigung zu verabfolgen."
      132 Die öffentliche Ausstellung von Leichen kann durch Lokal-Polizeireglements oder besondere polizeiliche Anordnung verboten werden; Zuwiderhandlungen werden bestraft, zur Zeit ansteckender Krankheiten mit doppelter Strafe. Polizeistrafgesetz Art. 366.
      133 Oeffentliche Leichenbegängnisse können, wenn ansteckende Krankheiten in einem Orte herrschen, von der Regierungsbehörde auf Antrag des Gesundheitsbeamten untersagt werden.




Anmerkungen der GenWiki-Redaktion (GWR)

  1. Druckfehler in Textvorlage: arüber