Soest/Wirtschaft

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Wirtschaft

Handel und Gewerbe

Den Rang als erste westfälische Stadt im hohen und späten Mittelalter verdankt Soest vor allem seinem Handel. Der Eigenhandel umfaßte Salz, Korn und andere landwirtschaftliche Produkte, Tuche sowie den Absatz der Metallgewinnung des Sauerlandes. (Salzgewinnung in Soest schon im 10. Jhdt., in Sassendorf bei Soest seit 1170 erwähnt.) Der Durchgangshandel bewegte sich auf der uralten Hellwegstraße und umfaßte Wachs, Hanf, Pelze (Ostseeländer), die Edelmetalle (Harz), flämisch-brabantische Wollgewebe und Rheinwein. Soesterer Kaufleute liefern Wachs an König Heinrich III. von England. Soest-Medebacher Geschäft als erste Form eines dt. Gesellschaftsvertrages (1165). Soest hatte 5 Jahrmärkte, bedeutendste waren der Ulrichmarkt im Juli und der Allerheiligenmarkt, letzterer bestand noch 1954, bis 1835 mit einem Wollmarkt verbunden. Handelsprivileg: Zollfreiheit 1154 durch den Erzbischof in Köln, 1198 durch Otto IV. in Kaiserswerth, 1252 durch König Wilhelm von Holland in den westl. Häfen, ebenso durch Margarete von Flandern; Strandrechtsprivileg 1255 König Wilhelms von Holland, 1232 Erichs IV. von Dänemark, 1309 Waldemars von Brandenburg für Pommerellen. Bedeutung des Ostseehandels erweist Bestimmung der Nowgoroder Schrae aus der 2. Hälfte 13. Jhdts, wonach einer der 4 Schlüssel zum hansischen Kaufmannsschatz in Wisby in den Händen eines Soesters sein mußte. St. Peter ist Patron der ältesten Kirche in Soest, aber auch in Wisby und in Nowgorod. Den Privilegien entsprechen die Handelsverträge Soester Kaufleute 1229 mit Smolensk, Polozk und Witebsk, 1368 Beteiligung an den hansischen Handelsprivilegien in Schweden und Dänemark. 1603 vertrat eine hansische Gesandtschaft auch Soest noch mit in Moskau. Weiter erweisen den Handel Fami-liennamen von Kaufmannsfamilien: 1207 Familie von England, 1220 von Semgallen, 1229 de Goten (Gotland), 1240 von Rom, 1266 von Kiew (de Kywe), 1266 Wale (brabantischer Tuchhandel). Von Friesen und Walen scheint eine ganze Kolonie in Soest ansässig gewesen zu sein. 1272 Schotte. Auf derselben Linie liegt das vielfache Vorkommen des Familiennamens „von Soest" in Städten des Ostens. Die Fernhändler waren zusammengeschlossen in der Schleswicker Bruderschaft, deren Versammlungsort die Rumenei war. Bis 1752 haben die etwa als Handels-richter tätigen Mitglieder des Rates die Amtsbezeichnung Schleswicker geführt. In Riga bestand als Soester Handelsniederlassung im 13. und 14. Jhdt. die Soestische Stube, aus der die Kleine oder St.-Johannis-Gilde hervorgegangen ist. Im Londoner Stahlhof ist um 1500 ein Soester Schaphusen Aldermann, ein Soester Bergenfahrer kommt noch 1512 vor. Vielfach finden sich in den Ostseestädten die gleichen Geschlechternamen wie in Soest. Verzweigungen von Soester Geschlechtern ins Baltikum entstehen bis gegen 1600. In Wisby bestand eine Susotogatan (Soestgasse). In der Reformationszeit noch enge Beziehungen nach Lübeck, wohin sich mehrere der 1548 aus der Stadt vertriebenen ev. Geistlichen begeben.

Das Gewerbe war in 10, bisweilen 12 Ämtern organisiert: Wollenweber, Wollenkäufer, Fleischhauer, Bäcker, Krämer, Schmiede, Lohgerber und Schuhmacher, Färber und Hutmacher, Schneider, Pelzer und Kürschner, Kleinschnitzer und Leineweber. Die Gesamtheit der übrigen Gewerbetreibenden war im Stalgadum zusammengefaßt. 1523 in Soest die erste Druckerei in Südwestfalen.

Ende 16. Jh. Aufhören des Fernhandels, der schon über ein Jhdt. langsam zurückging. Um dem Rückgange zu begegnen, 1486 Versuch eines Kanalbaus zur Lippe für Getreideschiffe von 10-12 Lasten. Im 30jährigen Kriege und im 7jährigen Kriege Zertrümmerung der Soester Wirtschaft. Erst im 19. Jhdt. hat sich der Handel wieder gebessert.

Stand 1954: Herstellung von Kleineisenwaren (Draht, Nieten usw.), Maschinen, Straßenbau und Straßenbaubedarf (Dampfwalzen), Lampen und Glühlampen, Tischen, Schuhen und Sportartikeln; Großmühlenwerk, Zuckerfabrik, Obstverwertung, Großhandel mit Besatzartikeln, bedeutende Viehmärkte.

Gewerbe 19. /20. Jhdt

Stand 1954: Walzenmühle Georg Plange (1868), Aktienzuckerfabrik S. (1884), Akkumulatorenfabrik Wilhelm Hagen (1910), Nietenfabrik Sternberg (1884), Westfälische Kornverkaufsgenossenschaft S. (1898). Drahtwerke Bertram (1910). Maschinenfabrik Grüther, Grage & Co. (1900). Maschinenfabrik Hagen & Goebel. Herrn. Milke KG., Bauunternehmen. B. Ruthemeyer, Maschinenfabrik. Straßenbau AG.

Verkehrseinrichtungen

Atand 1954: Soest liegt im Zuge der frühmittelalterlichen Hellweg-Handelsstraße vom Rhein ins Paderbornische und das Weserbergland. 1818 modern ausgebaut, 1954 Bundesstraße Düsseldorf-Soest-Paderborn-Hildesheim. Mit dem nördlichen Bergisch-Märkischen Schiefergebirge und dem Rheinland wird Soest verbunden durch die Bundesstraße Soest-Arnsberg-Solingen. Strahlenförmig führen mehrere Straßen nach Winterberg, Brilon, Kassel, Lippstadt, Beckum und Münster.

Soest ist Eisenbahnknotenpunkt: Seit 1850 Linie Hamm-Soest-Altenbeken. Die seit 1850 bestehende Teilstrecke Paderborn-Soest wurde bis 1855 ausgebaut zur Linie Düsseldorf/ Köln - Wuppertal - Soest - Alten-beken. Seit 1876 die Linie Soest-Duisburg. Nebenbahn nach Brilon (1899), Neheim-Arnsberg (1895-98), Hamm (1895-1901) und Hovestadt (1895-98).

Umgebungsbedeutung

Stand 1954: Soest ist seit alters geschichtlicher, wirtschaftlicher und kultureller Mittelpunkt der Soester Börde und der angrenzenden Landschaften bis weit ins Sauerland hinein. Soest hat außer der Kreisverwaltung zahlreiche öffentliche Einrichtungen, ist u. a. Sitz der Direktion der Ruhr-Lippe-Eisenbahnen. Bundesinstitut für Arbeitsschutz (seit 1949 bzw. 1951). [1]

Fußnoten

  1. Literatur: Ilgen: Zur Orts- und Wirtschaftsgesch. Soests im MA., in: Hansische Gesch.-Bll. (1897). Z. des Ver. für die Gesch. von Soest und der Börde, Heft 42/43 (1927). 50 Jahre Ruhr-Lippe-Eisenbahnen (Soest 1948). 50 Jahre Westfälische Kornverkaufsgenossenschaft (Soest 1949).