Herforder Chronik (1910)/325

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Herforder Chronik (1910)
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namhaft macht. Offenbar will er ihn mit diesen Mitteilungen bewegen, für die gegenbrandenburgische Partei an maßgebender Stelle einzutreten, daher die warmen, mitleiderregenden Worte, darum das Herunterziehen des neuen Rates und der neuen Regierung, an denen er kein gutes Haar läßt.

Wenn seine Mitteilungen über die Tage nach der Einnahme nur ein wenig Wahrheit enthalten, so lassen sie uns in ein Gewimmel schauen, wie es ein gestörter Ameisenhaufen darbietet.

Der neue Magistrat legte Beschlag auf Anton Fürstenaus Güter, aus denen er sich für die großen Summen, die jener bezogen, bezahlt machen wollte. Sein Haus wurde zweimal „gleichsam gestürmet“, alles, was wegzubrechen gewesen, selbst die eisernen Stangen und Schrauben am Ofen, die silbernen Löffel samt der Speise vom Tisch wurde weggenommen, seine kostbaren indianischen Hühner totgeschlagen. Die ihm erteilte Vollmacht zog man zurück und bat die Reichsstädte Straßburg, Nürnberg, Frankfurt und Ulm, Anton Fürstenau fallen zu lassen, ihn nicht anzuhören, ihm auch kein Geld vorzustrecken, da sich niemand zur Wiedererstattung finden dürfte. Seine Hausfrau glaubte anfangs, der Unmut gegen ihre Familie würde sich legen und blieb deshalb mit ihrer jüngsten Tochter in Herford. Als jedoch ihr Hab und Gut vernichtet war, „baute sie das Elend“, d. h. sah sie sich obdachlos und mußte gute Leute und Verwandte um Unterkunft ansprechen.

Der vorige „rechtmäßige“ Magistrat hatte ein Antimanifest (d. h. Kundgebung gegen das Vorgehen des Kurfürsten) aufsetzen und schon etliche hundert Exemplare in Paderborn drucken lassen. Die Ravensberger Regierung erhielt Wind davon und ließ alles von dem Drucker wegholen. Sie bestritt zwar später diese Tatsache, hielt jedoch den cand. jur. Theophilus Fürstenau, den Verfasser jenes Antimanifestes, an, vor Notar und Zeugen seine Konzepte zu verbrennen. Die Erlaubnis, in Herford zu bleiben, ward von einem vom Rate entworfenen Reverse abhängig gemacht, der ihm anscheinend nicht behagt hat. Er hat vorgezogen, zu verschwinden, und Anton Fürstenau meldet unterm 13. März 1653, daß sich Theophilus nirgends finden lassen wird.

Infolge der dem neuen Rat unbequemen Beteiligung des Theophil Fürstenau an den städtischen Angelegenheiten erging die Bitte an den benachbarten Grafen zur Lippe, er möchte seinen Gelehrten verbieten, den Herfordern zu dienen (!).

Wenn ein Bürger aus der Stadt ging, so wurde er daraufhin examiniert und untersucht, ob er etwa vorhabe, mit auswärtigen gelehrten Leuten Rat zu pflegen.

Die wahre Stimmung der Bürgerschaft, d. h. der „redlichen Reichsbürger, die außer fünfzig oder sechzig Rebellischen im Herzen getreu sind“, der „Treuherzigen (die im Herzen getreu sind), deren noch der größte Haufe ist“, äußerte sich darin, daß die an den Toren und am Rathause angeschlagenen protectoria (Schutzversicherungen seitens des Kurfürsten) durchschnitten und abgerissen wurden (!).