Herforder Chronik (1910)/275

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Herforder Chronik (1910)
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von der wohlhabenden Stadt eine beträchtliche Summe Geldes. Um das Äußerste abzuwenden, trat auf Anraten der

Äbtissin Margarete von Gleichen (1442-1484)

der Magistrat der Stadt Herford in Unterhandlungen mit dem Feinde ein, die auch von Erfolg gekrönt waren. Nachdem vor allen Dingen die in ihrem Hunger wild aufbegehrenden Soldaten durch reichliche Bier- und Brotlieferung zufriedengestellt waren, begannen die Verhandlungen der Stadt mit Dietrich. Er verlangte eine Summe von 16000 Goldgulden [1], die an bestimmten Terminen in Bonn eingezahlt werden sollten. Bürgermeister und Rat stellten nun am 16. Juni 1447 dem Erzbischof Dietrich von Köln einen Schuldbrief über 16000 Goldgulden aus und nennen darin als Bürgen die Mithansestädte Köln, Lübeck und Münster, sowie mehrere Herren, Ritter und Knappen [2].

Wir sehen hier auf der einen Seite die ganze Roheit und Rücksichtslosigkeit, welche diese Zeit der Brandschatzungen kennzeichnet, auf der anderen indessen das freundliche Bild engen Zusammenschlusses von Stadt und Stift in der Zeit der Bedrängnis. Gemeinsam hatten Äbtissin und städtische Vertretung beschlossen, es dürfe sich niemand, er sei geistlich oder weltlich, der Bezahlung des auf ihn fallenden Anteils an den Brandschatzungsgeldern entziehen, wofern er nicht aus dem Bannkreise der Stadt vertrieben werden wolle.

Die Stiftsglieder, das Kapitel, die Kirchen und Klöster wetteiferten nun mit der Stadt, ihren Anteil, zu dem sie abgeschätzt waren, zu zahlen. Das Glück war aber den Herfordern günstig, denn nachdem eben die erste Abschlagszahlung von 4000 Gg. entrichtet war, hob Erzbischof Dietrich die Belagerung von Soest auf. Sein Heer mußte unverrichteter Sache abziehen, und da er den Sold nicht zu zahlen vermochte, zerstreute sich sein Heer in alle Winde. Dem jetzt machtlosen bischöflichen Brandschatzer handelte die Stadt die rückständigen 12000 Goldgulden ab, Dietrich gab den Schuldbrief heraus, der zum Zeichen seiner ferneren Ungültigkeit mit scharfen Schnitten versehen wurde und in diesem Zustande noch heute im königlichen Archiv zu Münster ruht. Als die Urkunden noch in Herford waren, hat Rose den Brief in Händen gehabt. Er teilt, was das angegebene Urkundenverzeichnis verschweigt, die Aufschrift des Pergamentbriefes mit, woraus wir ebenso die nachhallende Entrüstung über die Unverschämtheit des Erzbischofs, als den aufatmenden Stoßseufzer der Erlösung von der schweren Last herauslesen. Die Aufschrift lautet:

„Dit is de Brev, den wy segeln (siegeln, ausstellen) mosten, da de Bischup von Cöln de Drevanten [3] int Land brochte.“

  1. Nach Storch S. 20 hat 1449 ein Goldgulden 18 ß (Schilling) gegolten. Wenn wir mit Kuno Meyer (Herford i. J. 1650 S. 39) den Goldgulden zu dem durchschnittlichen Werte von 11/4 Reichstaler annehmen, so käme eine Summe von 20000 Rtlr. heraus, das waren nach heutigem Gelde etwa 60000 M, die damals jedoch mindestens den dreifachen Wert hatten; die Summe kann ohne Scheu auf 200000 M. abgerundet werden.
  2. Nach dem Repertorium der in Münster untergebrachten Herforder Urkunden Nr. 165a.
  3. Drevanten = Trabanten, Soldaten.