Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880/106

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1880.djvu
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Nr. 17.


sind, ihr, sowie den von ihr beauftragten oder durch amtliche Instruction hierzu berufenen Personen jederzeit Einblick in die Art der Verpflegung und den Zustand des Pflegekindes zu gewähren und jede geforderte Auskunft zu ertheilen. (Artikel 4 des Gesetzes.)*

§ 11.
Fortsetzung.
c. Persönliche Aufsicht und Revisionen.

      Die Ortspolizeibehörde hat sämmtliche in der Gemeinde gegen Entgelt untergebrachten Pflegekinder zu beaufsichtigen und darüber zu wachen, daß ihnen die gebührende Pflege und Fürsorge zu Theil werde und daß insbesondere bei etwaiger Erkrankung die Hülfe eines approbirten Arztes nicht fehle. Von dem Zustande der Wohnung, der Art der Verpflegung und Ernährung, der Behandlung und Erziehung wird dieselbe durch zeitweilige Besuche sich Ueberzeugung verschaffen und darauf hinwirken, daß die Ortsgeistlichkeit und schon bestehende oder zu diesem Zwecke sich bildende (Frauen-) Vereine freiwillig an der Ueberwachung der Pflegekinder (in geordneter Weise) sich betheiligen, wie dies seit einiger Zeit bei der Beaufsichtigung der Pflege von Landeswaisen bereits mit gutem Erfolg geschehen ist. Diese Aufsicht soll die Eltern und Vormünder sowie die obervormundschaftlichen und Armenpflegschaftsbehörden in der diesen obliegenden Fürsorge für die Pflegekinder unterstützen. Bei der Ausübung jener Aufsicht ist darum im Allgemeinen der Gesichtspunkt festzuhalten, daß zu einer sorgfältigen Ueberwachung um so mehr Anlaß vorliegt, je mehr das Kind ohne zwingende Gründe in fremde Pflege hinausgegeben worden ist, also zumal dann, wenn die Eltern desselben noch leben und ihrer natürlichen Verpflichtung, das Kind selbst zu verpflegen und zu erziehen, nachzukommen im Stande wären, während umgekehrt die amtliche Ueberwachung der Pflege um so schonender sein kann, je mehr die Inpflegegebung (wie bei Waisen) unvermeidlich war und je mehr die Pflege, z. B. durch verwandtschaftliche oder sonstige nahe Beziehungen der Pflegeeltern zu dem Kinde, der elterlichen Pflege sich nähert, oder auf Seiten der Pflegeeltern edlere Beweggründe, als Erwerb, bei der Inpflegenahme vorwalten. Von dieser Anschauung ist auch das Gesetz geleitet worden, indem es bei denjenigen Pflegekindern, welche unentgeltlich in Pflege genommen worden sind, eine besondere polizeiliche Fürsorge überhaupt, als unnöthig, ausgeschlossen, diese Pflegeeltern von polizeilicher Ueberwachung ganz frei gegeben hat. (Artikel 4 des Gesetzes.)


      * Im Weigerungsfalle trifft die Pflegeeltern, nach der oben angeführten Gesetzesstelle, eine Geldstrafe von 40 (bei mildernden Umständen 20) bis 150 Mark.