Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880/102

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Großherzogtum Hessen/Regierungsblatt 1880
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Grossherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1880.djvu
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Nr. 17.


vor vollendetem sechsten Lebensjahre, bei Lebzeiten entweder der beiden Eltern oder eines Elterntheils oder - falls das Kind unehelich geboren - seiner Mutter, außerhalb der elterlichen Wohnung - sei es in der Gemeinde selbst, oder außerhalb derselben im Inland, oder im Ausland - gegen Entgelt in Verpflegung gegeben werden soll, ist von der Ortspolizeibehörde des Wohnorts desjenigen Elterntheils zu ertheilen, welcher das Kind in Pflege geben will.
      Sie ist (nach § 2 a. E.) bei dieser Polizeibehörde auch dann zu erwirken, wenn der Elterntheil, welcher das Kind in Pflege geben will, nur im Großherzogthum wohnt, aber nicht Inländer ist.
      2) Wenn ein Kind zwar bei Lebzeiten beider Eltern oder eines Elterntheils, aber im Wege der öffentlichen Armenpflege, oder wenn ein Waisenkind (insbesondere auch ein uneheliches Kind nach dem Tode der Mutter), sei es durch den Vormund, sei es auf Kosten der Landes-Waisenanstalt, in fremde Pflege gegeben werden muß, dann ist nach Artikel 1 des Gesetzes eine polizeiliche Genehmigung überhaupt nicht erforderlich. Ihre Stelle vertritt in diesen Fällen die Prüfung und Anordnung beziehungsweise Genehmigung der Inpflegegebung durch die zuständige staatliche, communale oder gerichtliche (obervormundschaftliche) Behörde.
      Damit übrigens die vorschriftsmäßige ständige Ueberwachung der Pflege auch dieser Kinder (s. u. §§ 9 ff.) gleich von vornherein eingeleitet werden könne, werden von der Inpflegegebung von Waisen (in oder außerhalb des Wohnorts ihrer verstorbenen Eltern), wenn diese auf Kosten der Vormundschaft oder der Angehörigen erfolgt, die obervormundschaftlichen Behörden, und wenn solche auf Rechnung der Landeswaisenkasse erfolgt, die betreffenden Kreisämter der Ortspolizeibehörde des Pflegeorts jedesmal alsbald amtliche Mittheilung machen.
      Gleiche Mittheilung hat die Vertretung eines Armenverbands an diese Polizeibehörde zu machen, wenn ein Kind unter 6 Jahren im Wege der Armenpflege in fremde Pflege gegeben wird.
      3) Die Ortspolizeibehörden sowohl der Pflegeorte als der elterlichen Wohnorte haben genau darauf zu achten, daß kein Kind unter 6 Jahren bei Lebzeiten eines Elterntheils ohne die nach Obigem erforderliche polizeiliche Genehmigung in fremde entgeltliche Pflege gegeben wird. Sollte dies dennoch vorkommen, so hat die Ortspolizeibehörde des Wohnorts der Eltern unverzüglich anzuordnen, daß das Kind alsbald aus der betreffenden Pflege zurückgenommen werde (Artikel 2 des Gesetzes); auch ist dieselbe in solchem Falle befugt, das Kind, bis für anderweite Pflege ordnungsmäßig gesorgt ist, sofort zu den Eltern zurückbringen, oder - wo dies nicht thunlich sein sollte, weil vielleicht die Eltern selbst dem Kinde kein Unterkommen bieten können - auch