Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 106

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
<<<Vorherige Seite
[Anlagen 105]
Nächste Seite>>>
[Anlagen 107]
Grundherrschaft-nw-dland.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


sich vollzog, entstanden feste, meist dorfweise Siedelungen, Sonderbesitz des Familienvaters an den Hofstätten, vorwiegende Sondernutzung des Ackerlandes und schließlich Sondereigentum an demselben. Aus der Sippe, die ursprünglich das ganze von ihren Angehörigen genutzte Gebiet besessen und den einzelnen zuerst periodisch, dann dauernd zugeteilt hatte, erwuchs die Markgenossenschaft. Diese besaß noch alles Land, das nicht zu Sondereigentum oder zur Sondernutzung ausgeschieden war. Die Genossen benutzten diese Gemeinheit nach Bedürfnis zur Viehweide, Mast, Holzbezug, Jagd und Fischfang. Der Genosse, der den Wald ausrodete, das gerodete Grundstück zum Schutz gegen das Wild einzäunte und dann bebaute, erhielt dieses gewonnene Land (Bifang) als Sondereigen.

Die Wirtschaft des einzelnen auf dem ehemals gemeinsam genutzten Kulturland unterlag noch immer einer Regelung durch die Gesamtheit. Zeitweise kehrte auch das im Sonderbesitz befindliche Land als Viehweide in die gemeinsame Nutzung aller Genossen zurück. Die Hufe war der Anteil des freien Mark- und Stammesgenossen am ehemals gemeinsamen Landbesitz seines Volkes.

Auf den freien Hufenbesitzern ruhte auch die ganze öffentliche Verfassung in ihren wichtigsten Beziehungen. Sie bildeten die Gerichtsversammlung und das Heer.

Unmittelbar an den Hufenbesitz knüpften die Gesetze die Heerpflicht. Das Wergeld des freien Mannes war gleich dem Wert seiner Hufe.

Dieser Zustand dauerte in ganz Deutschland etwa bis zu dem Zeitpunkt, wo das karolingische Geschlecht den fränkischen Thron bestieg. Von da an änderte er sich zuerst langsam, dann immer rascher, so daß bei dem Erlöschen der karolingischen Dynastie überall eine völlig neue soziale Ordnung des Volkes entstanden war.

Diese Veränderung vollzog sich dadurch, daß die breite Masse der freien Bauern in grundherrliche Abhängigkeit kam, Freiheit und Eigentum verlor. Infolge dieses Vorganges bildete nicht mehr die freie Bauernwirtschaft, sondern die aus vielen abhängigen Bauernwirtschaften und einem herrschaftlichen Gutsbetrieb bestehende Villikation die Grundlage der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Verfassung des Volkes.

Für die Ausbreitung der großen Grundherrschaften und für die Herabdrückung der freien Bauern zu Hörigen werden folgende Gründe angeführt.

Die fränkischen Könige und die Stammesfürsten besaßen schon zur Zeit der alten Verfassung umfangreichen Grundbesitz. Gewaltigen Zuwachs empfing das fränkische Königsgut infolge der Eroberungen.

Diesen ausgedehnten Grundbesitz behielten der König und die Herzöge nicht in eigener Hand. Bestimmte Fiskalländereien wurden als Amtsgut den königlichen Beamten, besonders den Grafen, für die Dauer ihrer Amtsthätigkeit zur Benutzung überlassen. Könige und Herzöge beschenkten die Kirchen und Klöster in der freigebigsten Weise mit Grundbesitz, und mit ihnen wetteiferten Adelige und Freie nach Kräften, so daß sich ein umfangreicher Landbesitz in den Händen der Kirche anhäufte.

In den gemeinen Marken und in königlichen Fiskalforsten unternahmen mächtige Markgenossen oder die Domanialverwaltung selbst umfangreiche