Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/449

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Pachtgeldes, meist eine Erhöhung nach Maßgabe eines Anschlages, statt. Die wirtschaftliche Lage der Pachtmeier war eine sehr günstige. Die Meierhöfe waren die Repräsentanten geschlossener bäuerlicher Wirtschaften. Die Pächter aber genossen den großen Vorzug, daß sie bei der Erbteilung keines ihrer Kinder zu bevorzugen brauchten und dennoch den Hof erhalten konnten. Ein Sohn bekam die Gebäude und den eigenen Landbesitz ganz oder zum Teil zum wirklichen Wert, die übrigen Kinder bares Geld oder einzelne eigene Grundstücke. Das zugepachtete Klosterland blieb stets Zubehör der Gebäude. Abfindungsschulden brauchte der annehmende Sohn nicht oder nur in unbedeutender Höhe zu machen.

Nach der Annexion hatte sich nun unter den Pächtern der Meierhöfe die Befürchtung verbreitet, die Höfe könnten künftig meistbietend verpachtet werden. Der Pastor Sander in Geismar bei Göttingen nahm sich der Sache an und trat mit der Behauptung auf, die Pachtmeierhöfe seien Erbpachthöfe und könnten durch Ablösung zu Eigentum werden. Er suchte als Bevollmächtigter der Pachtmeier die Regierung von der Zweckmäßigkeit dieser Maßregel zu überzeugen, und schließlich willigte die Regierung trotz des Widerratens der Klosterkammer, wesentlich aus politischen Gründen, ein.

Im Jahre 1870 wurden die Behörden ermächtigt, die Höfe den Pächtern gegen Erlegung des 25 fachen Betrages des Pachtgeldes als Eigentum zu überlassen. Alle fiskalischen und klösterlichen Meierhöfe in den Fürstentümern Göttingen-Grubenhagen sind damals verkauft morden. Es besteht die Befürchtung, daß sie bei der hier allgemein herrschenden Sitte der Naturalteilung unter den Kindern bald verschwinden werden.

So ist ein großer Teil der göttingischen Zeitpachtmeier infolge eines politischen Ereignisses zu freien Eigentümern geworden. Es bestehen heute nur noch die Zeitpachtmeier der Privatgrundherren in Göttingen als letztes Überbleibsel der grundherrlichen Verfassung Niedersachsens in ihrer ältesten Form.

Auf diese Weise haben der hannoversche und der preußische Staat die Grundherrschaft beseitigt. Es ist leicht zu sehen, daß hier keine sozialpolitischen Reformen großen Stils stattgefunden haben, sondern daß ziemlich abgestorbene wirtschaftliche Institutionen weggeräumt worden sind.

Am Ende des 18. Jahrhunderts hatte der Staat die Entwicklung die am Anfang des 16. Jahrhunderts begonnen hatte, zum Abschluß gebracht. Der Grundherr war aus einem nahezu unumschränkten