Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/303

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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In der Regel entsprachen einzelne Abgaben der Villikation einzelnen Bedürfnisseil des Herrn. Alle Villikationen zusammen mußten für sämtliche Lebensansprüche des Herrn aufkommen. Große Villikationsherren stellten nicht selten die sämtlichen Verbrauchs» Gegenstände, deren sie regelmäßig täglich oder wöchentlich bedurften, als »si'vitimil cliuinnin oder »yptiinanuni fest und legten die ein-oder mehrmalige Lieferung dieses Servitiums dem Haupthof der einzelnen Villikatiou als Pflicht auf'. Das »si-vitiuni ging in einer bestimmten Reihenfolge unter den fämtlichen Haupthöfeu eines Villikationsherrn um, der einzelne leistete es je nach Vermögen bald kürzer, bald länger. Hier zeigte sich ein charakteristischer Zug der naturalwirtschaftlichen Produktionsunternehmung, in der nicht so sehr die innere Leistungsfähigkeit des Unternehmens als das Bedürfnis des Unternehmers die Höhe und Beschaffenheit des Ertrages der Unternehmung bestimmte.

Jedoch wurde, wie ermähnt, wenigstens in unserer Epoche das «Li-vitiuin fast niemals als Äquivalent der Leistungen der ganzen Villikation, sondern nur als einzige oder wichtigste Abgabe des Haupthofes festgefetzt. Daneben bestanden die Abgaben der Laten, die ebenfalls häufig besonderen Zwecken in der Wirtschaft des Herrn dienten 2.

Jedoch wurde auch in vielen, besonders den kleineren Grundherrschaften der Ertrag der Villikation, des Haupthofes wie auch der Lathufen, in natura an den Hof des Herrn geliefert und erst dort


' Über dieses »«rvitium vgl, Wöser, Osnabrückische Geschichte II, Urkunde Nr. 90 (a. 1190). — Kindlinger, Münstersche Beiträge, Nr. 18 (12. Jahrhundert), 8 8-11; Nr. 19 (a. 1106-1128), ß 31; Nr. 20 (12. Jahrhundert); Nr. 36 (a. 1185 bis 1205) Nr. 8? (12. Jahrhundert). — Archiv für Geschichte des Niederrheins eä. Lacomblet, Nd. II, S, 249-290, Heberegister «on Werden aus dem 12. Jahrhundert. — Bremer Urkundenbuch, Bd. I, Nr. 54 (a. 1179) und Nr. 161 (»., 1230). — Lnä. 'Iraäit, >Vß8tM., Bd. III (Kloster Überwasser), S. 12 ff. — Strube, De iurs villieoruin, S. 8 (Urk. für das Stift Bücken äe a. 997).

^ Nach der herrschenden Ansicht (Inama-Sternegg, Deutsche Wirtschaftsgeschichte II, S. 271; Lamprecht, Deutsches Wirtschaftsleben I2, S, 832) waren auch die Abgaben der Laien regelmäßig in dem lzervitiuin einbegriffen. Die meisten sächsischen Heberegister unserer Periode (Werden, Korvey, Überwasser, Osnabrück, Helmstadt, Freckenhorst u. a.) zeigen eine scharfe Trennung von «e» vitmm und Abgaben der Laien und das erster« regelmäßig als Abgabe des Hauvthofes. Ich halte die Fixierung des Servitiums als Äquivalent für die sämtlichen Abgaben der Villikation für eine spätere Entnnckelung, deren allgemeine Verbreitung noch zu erweisen ist. Ähnlicher Ansicht scheint auch Wignnd (Paderborn II. S. 182) zu sein. Vgl. unten.