Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/258

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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gezahlt l. Hiermit löste sich jede Verbindung mit dem väterlichen Erbe, Versorgungsanspruch und Erbrecht erloschen. Der Herr aber verlangte und erhielt von diesen abziehenden Eigenbehörigen eine Vergütung für fein letztes, aus der persönlichen Abhängigkeit stammendes Recht, er wurde mit der Freikaufssumme für den zu erwartenden Sterbfall entschädigt. Rechte und Pflichten der Eigenbehörigkeit waren verschwunden, durch die formelle Freilassung, den Freibrief, erhielt der Eigenbehörige die Freiheit.

Das Gewohnheitsrecht in Hoya und Diepholz, welches den selbständig werdenden und seine Auslobung empfangenden Eigenbehörigen auch zur Dingung der Freiheit nötigte, war selbstverständlich nur der juristische Ausdruck des thatsächlichen Zustandes, wie er sich infolge der wirtschaftlichen und sozialen Entwickelung der bäuerlichen Verhältnisse in diesen Landesteilen etwa vom 16. bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts ausgebildet hatte.

Der ungesessene Eigenbehörige, der sich auf irgend eine Weise selbständig machen wollte, kaufte sich immer frei, oder er wurde faktisch vom Eigentumsherrn zum Freilaufe genötigt. Nur der eigenbehörige Dienstbote blieb zeitlebens eigenbehörig. Aber für ihn war diese Unfreiheit keine drückende Fessel. Er konnte hingehen, wohin er wollte, und sein Brot verdienen. Fand er aber kein Unterkommen, so kehrte er auf den väterlichen Hof zurück und erhielt kraft seiner Eigenbehörigkeit Arbeit und Lebensunterhalt.

Im Stande der ungesessenen Eigenbehörigen befanden sich im 18. Jahrhundert dauernd nur noch Dienstboten, deren wertvollstes Recht, der Anspruch auf Unterstützungswohnsitz, gerade aus ihrer Eigenbehörigkeit entsprang, während die einzig wirklich drückende Last der Eigenbehörigkeit, der Sterbfall, gerade bei ihnen fast ganz außer Übung gekommen war.

Die Hörigkeit der übrigen ungesessenen Eigenbehörigen fand aber praktisch nur noch in der Pflicht sich freizukaufen, also in dem Rechte des Herrn auf die Freikaufssumme, ihren Ausdruck. Die Eigenbehörigkeit der ungesessenen Eigenbehörigen hatte also für die Mehrzahl, nämlich für die Freikaufspflichtigen, höchstens die Bedeutung einer materiell drückenden einmaligen Leistungsverpflichtung; für die geringe Minderheit der zeitlebens Eigenbehörigen aber brachte sie nur Vorteile, ohne einen einzigen Nachteil; denn die wenigen formell


' Für Diepholz: Archiv ,c. 1849, S. 145 ff. — Schlüter, Beiträge S. 348. Für Hoya: Palm, Entwurf, Kap. IV § 33-36.