Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/241

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Der Umstand, daß diese Stände im 18. Jahrhundert zu privaten Genossenschaften geworden sind, beweist, daß sie in ihrer Be^ deutung als Stände, d. h. als Volksklassen im Sinne des Staatsrechts, nicht mehr bestehen. Die verhältnismäßig geringe Zahl dieser Genossenschaften und die Erstarrung ihrer Verfassung zeigt, daß die in den ehemaligen Ständen organisierten sozialen Klassen auch als solche nicht mehr vorhanden sind. Die Genossenschaften bestehen im 18. Jahrhundert nur noch der Güter wegen. Die Genossen sind keine pfleghaften Freien, keine Hörigen, keine Neuansiedler mehr, sondern nur noch Besitzer von Gütern, die vor Jahrhunderten den Angehörigen dieser Volksklassen gehört haben. Wie im Kalk des Jura sich ein deutlicher Abdruck des Knochengerüstes eines längst verschwundenen vormeltlichen Tieres bewahrt, so hat sich in der Verfassung der in Rede stehenden Güter ein treues Abbild der untergegangenen ständischen Gliederung der Bewohner Niedersachsens im Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert hinübergerettet.

Da die ganze Verfassung nur noch der Güter wegen besteht, so haben nur die Rechtssätze noch eine praktische Bedeutung, die sich auf das Recht an den Gütern, das Besitzrecht, beziehen. Hinsichtlich ihres wirtschaftlichen und materiellrechtlich en Inhalts sind aber die Vesitzrechte an allen diesen Gütern nahezu gleichartig.

Daher legt eine sehr unwissenschaftliche, aber mit den realen Verhältnissen desto vertrautere Vermaltungspraxis auf die Unter-fcheidung von Frei- und Meierdingen keinen Wert mehr. Sie versammelt Meierdingsleute auf einem Freiding, von dem im Mittelalter ein Unfreier 63 Schritte weit weichen mußte'.

Wirtschaftlich bedeutsam war diese Verfassung im 18, Jahrhundert deshalb, weil die im Meierdings-, Freidings-, Vogt- und Hägerdingsverband befindlichen Güter mit verhältnismäßig geringem Zins belastet und zum Teil sogar frondienstfrei waren und daher von ihren bäuerlichen Inhabern zu einem mit dem Eigentum gleichbedeutenden Besitzrecht besessen wurden.

Jedoch fällt dieses hinsichtlich feiner Belastung so äußerst günstig gestellte und im Eigentum der Bauern befindliche Land statistisch


' Der Unfreie muß 63 Schritte vom gehegten Freiding weichen. Nolten, De iuribus et consuetud. 1738, S. 169 und 174.