Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/179

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Gerichtsverfassung, so fällt vor allem ins Auge, daß das altpreußische Domänenamt in keiner Weise eine dem niedersächsischen Amtsbezirke analoge Bildung war. Das niedersächsische Amt war ein öffentlicher Verwaltungsbezirk, der sich über Meier des Königs, der Privatgrundherren, über Rittergüter und Klostergüter, ja über adelige Gerichte erstreckte. Das preußische Domänmamt war ein Gutsbezirk des Königs, der nur das Domänengut des Königs und die dazu gehörigen Erlmnterthanen mit ihren Gütern umfaßte. Der Verwalter dieses Gutsbezirks übte zugleich die niedere Gerichtsbarkeit, Polizei-strafgemalt und Lokalverwaltung innerhalb dieses Gutsbezirks. Nimmt man dem preußischen Domänenamte seine öffentlichen Befugnisse, so bleibt es in seiner vollen Ausdehnung als Gutsbezirk, d. h, als privates Herrschaftsgebiet, bestehen. Nimmt man einem hannoverschen Amte Gerichtsbarkeit und Verwaltung, so zerfällt es in privilegierte und Pflichtige (bäuerliche) Güter, die häufig die Bestandteile von Grundherrschaften oder die Grundlage von Selbstverwaltungskörpern (Gemeinden, bezw. adelige Gerichte) bilden, aber niemals ein wirtschaftlich oder privatrechtlich zusammengehöriges Gauzes ausmachen.

Auch das preußische Rittergut und das niedersächsische adelige Gericht unterschieden sich wesentlich.

Dem südniedersächsischen Patrimonialgericht war das preußische Rittergut völlig unvergleichbar. Dem lüneburgischen oder bremischen adeligen Gerichte ähnelte das Rittergut insofern, als beide private Herrfchaftsgebiete darstellten, deren Besitzer mit öffentlichen Befug-mssen betraut waren. Aber die private Herrschaft, die in Nieder-sachseu zur Grundlage diefer Befugnisse verlangt wurde, brauchte nur Grundherrschaft über Meierhöfe zu sein, ein Rittergut wurde nicht gefordert. In Preußen aber war ein Gutsbezirk im Sinn des Verwaltungsrechts ohne Rittergut undenkbar.

Mit dem preußischen Kreise läßt sich ebenfalls kein hannoverscher Verwaltungsbezirk vergleichen; denn die Elemente, die den preußischen Kreis bildeten, die Rittergüter und Domänenämter, waren in Hannover nicht vorhanden. Aus dieser völligen Verschiedenheit der Struktur der preußischen und niedersächsischen Verwaltungsbezirke erklärt sich denn auch ihre verschiedenartige Kompetenz. Ein staatlicher, mit allen Funktionen einer modernen Lokalverwaltungsbehörde ausgestatteter Bezirk, wie das hannoversche Amt, war in Preußen überhaupt uicht vorhanden. Der Kreis war noch ein ständischer, nur den Zwecken der Steuer-Verwaltung dienender Selbstverwaltungskörper, ohne jedes imperium.