Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/159

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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adeligen Niedergerichte standen hinsichtlich der Kriminalgerichtsbarkeit unter den Ämtern. Ämter und adelige Obergerichte hatten in Kriminalfällen Kognition und Vollstreckung der Urteile.[1] Die Urteilsfindung kam den adeligen Gerichten nur bei hinreichender Besetzung, den Ämtern überhaupt nicht zu. Gewöhnlich verschickten die adeligen Gerichte die Akten zur Fällung des Urteils an Universitäten; die Amter hatten sie ausnahmslos den Justizkanzleien zum Spruch einzusenden.[1]

Civil- und niedere Strafgerichtsbarkeit wurden in den Ämtern von den Beamten, in den adeligen Gerichten von dem Gerichtsherrn, resp. dessen Gerichtshalter ausgeübt.[2] Jede Woche sollten ein bis zwei Gerichtstage gehalten werden.[2] In bürgerlichen Streitigkeiten mußte der Richter zunächst die Sache gütlich beizulegen versuchen. Mißlang der Güteversuch, so wurde schriftlich verhandelt und das Urteil nach höchstens dreimaligem Schriftwechsel eventuell mit Zuziehung von Rechtsgelehrten gefällt. Gegen das ergangene Urteil war, wenn der Wert der Streitsache 20 Fürstengulden überstieg, Appellation an die Obergerichte zugelassen.[2]

Unter den Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche von den Amts- und adeligen Gerichten vollzogen wurden, ist besonders die sogenannte Bestätigung der Kontrakte hervorzuheben.

Sämtliche Verträge der Bauern, Ehestiftungen, Teilungsrezesse, Verkäufe u.a., mußten bei den Gerichten angemeldet und von diesen durch Eintrag in das Amts- und Gerichtsbuch bestätigt werden. Ohne diese Eintragung waren sie nichtig.[3] Die Beamten waren angewiesen, vor der Eintragung genau zu untersuchen, ob durch die betreffenden Kontrakte die den Bauerngütern obliegenden Leistungsverpflichtungen nicht beeinträchtigt wurden.[3] Sie konnten in diesem


  1. 1,0 1,1 Vgl. S.158 Anm.2.
  2. 2,0 2,1 2,2 Vgl. Kalenberger Cantzley-Ordnung von 1663, Titel 88 in Cod. Const. Calenb., caput II, S.328-335. — Cellische Policei-Ordnung de 1618, caput 10. — Über die Entwickelung dieser Amtsgerichtsbarkeit vgl. Oppermann, Deutsches Gerichtsverfahren im Mittelalter, in Reyscher und Wilda, Zeitschrift für deutsches Recht, Bd.II, 1, S.56 ff. — v. Hammerstein, Die ältesten Gerichte im Stift Verden, in der Zeitschrift des historischen Vereins für N.-S., 1854, S.60 ff., besonders S.181-138. — Stüve, Gohgerichte, S.16-34 und passim.
  3. 3,0 3,1 Vgl. Kalenberg: Verordnung de 4./IV. 1620 (Cod. Const. Calenb., caput V, Nr. 8). Juristische Zeitung, 1828, Nr.1, S.18 ff. (desgl. in Göttingen-Grubenhagen). — Lüneburg: Polizei-Ordnung de 1618, caput II, § 1, XI, § 1, gilt auch für Hoya. Juristische Zeitung, Bd.V, Heft I, S.3 ff. — Bremen-Verden: Bremen-Verdensche Polizei-Ordnung de 1692, caput III, § 4. Jurist. Zeitung, Bd.XIII, Heft 2, S.73. — Hildesheim: Polizei-Ordnung de 1665, § 24. (Hildesheimische Landesordnungen, Bd.I, Nr.3). — Braunschweig-Wolfenbüttel: Kalenberger Verordnung de 4./IV. 1620 und Landesordnung de 1647, Art.15 (Gesenius, Meierrecht I, S.484 und 485). — Vgl. ferner v. Ramdohr, Juristische Erfahrungen III, S.973 ff. — Strube, Rechtliche Bedenken I, 54 (II, 345). — v. Pufendorf, obs. iuris IV, Nr.134, — Über die Aufgabe der Gerichte vor Eintragung der Kontrakte vgl. Cod. Const. Calenb., caput V, Nr.5, S.14, Generalkammerreskript, was die Beamten wegen Erteilung oder Denegierung der Konfirmationen über der Untertanen Handlungen zu beobachten haben (für alle Provinzen). Desgl. Wolfenbüttel'sche Amtskammerordnung de 1./VII. 1688, Art.101, bei Gesenius I, S.496. — Betr. Lüneburg-Hoya: Oppermann, Sammlung, Nr.19 (d.d. 25./I. 1659), Nr.22 (d.d. 25./II. 1693), Nr.25 (d.d. 6./II. 1697), § 6, Nr.32 (d.d. 2./III. 1740), Nr.35 (d.d. 8./IV. 1766), § 2. — Betr. Kalenberg-Göttingen und Lüneburg: Magazin für hannoversches Recht ed. Düring-Wachsmuth, Bd.V (1855), S.242 bis 262.