Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/118

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Als Korporation ordnete sie unabhängig vom Staat ihre Rechtsverhältnisse autonomisch und erfüllte alle ihre Aufgaben, auch die heute als öffentlich-rechtliche angesehenen, kraft privaten und zwar kraft Korporationsrechts'.

Ihr Recht stand in scharfem Gegensatz zum öffentlichen Recht, und sie war infofern beschränkt, als sie keine dem öffentlichen Recht entgegenstehenden Rechtsnormen schaffen durftet Alle ihre gesetzgebende richterliche und administrative Thätigkeit entsprang aus den Bedürfnissen der Genossenschaft, und auf den Kreis und die Bedürfnisse dieser Genossenschaft blieb auch der Umfang ihres Wirkens beschränkt.

Innerhalb dieses Kreises aber übte sie mit großer Selbständigkeit alle möglichen Befugnisse und schloß den Einfluß des Staates in fast allen Angelegenheiten der Lokalvermaltung und Polizei, wie auch in bezug auf einzelne Zweige der niederen Gerichtsbarkeit völlig aus^.

Überhaupt beschränkte sich die Thätigkeit des mittelalterlichen Staates im wesentlichen auf Kriegs», Gerichts- und Finanzwesen, und nur wenige der für das ganze Land wichtigsten Verwaltungs-angelegenheiten, wie z. B. Bau und Unterhaltung der großen Heerstraßen, standen unter seiner direkten Leitung ^. Vor allem aber überließ er die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse völlig den einzelnen Personen, bezm. den Korporationen, welch' letzteren hauptsächlich gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen ihr Dasein verdankten^.

Den Gegensatz zu dieser mittelalterlichen Ordnung der Dinge bot der Polizeistaat des 18. Jahrhunderts. In demselben Maße wie der mittelalterliche Staat von der Ordnung aller wirtschaftlichen und administrativen Angelegenheiten sich ferngehalten hatte, eben so sehr zog dieser alle diese Verhältnisse in das Bereich seiner Thätigkeit und suchte den vielfach gesteigerten Anforderungen einer höheren Kultur durch die eifrigste Bevormundung des Individuums wie der Korporation in wirtschaftlichen und politischen Angelegenheiten gerecht zu werden.

Für diese vielfach vermehrte Zahl von Aufgaben schuf der Staat Behörden, deren wichtigste in Niedersachsen das Amt war. Ferner aber benutzte er die bestehenden Korporationen und auch einzelne

l Vgl. v. Below, Entstehung der deutschen Stadtgemeinde 1889. S. 6.

^ Vgl. v. Nelow, Entstehung :c., S. 8. — Sächsisches Landrecht, IH, I, Art. 68 § 2;IH. II, Art. 13 § 1-3; IH. III, Art. 64 § 11; IH. III, Art. 79 ß 1 bis 2 incl.