Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)/037

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Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)
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Berichte und Gesuche 1892.djvu
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Krim'schen und Nowomoskow'schen Colonien sind nur wenige Ansiedler ausgewandert, die Bevölkerung hier ist eine zahlreiche, die Gemeinden brauchen durchaus keine fremden Theilnehmer am Besitz des Dorflandes, aus Mangel an Land und in Folge der Ueberbevölkerung sind die Gemeinden schon lange mit alljährlichen Zahlungen für die mittellosen ihrer landlosen Glieder beschwert, und wenn es fortgeht mit der Veräußerung von Theilen des Gemeindelandes an Auswärtige, so muß die Leistungsunfähigkeit mancher dieser Gemeinden in nicht gar ferner Zukunft erfolgen.

Die Sammlung vieler in dieser Denkschrift (an deren Abfassung Niemand Theil genommen) enthaltener Daten hat viel Mühe, Selbstverleugnung und Zeit beansprucht und hierdurch wurde die Bitte meines Vollmachtsgebers, der Gemeinde Selz, verzögert.

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Obige Denkschrift schickte ich am 24. Februar 1882 von Hochstädt im Kreise Melitopol an den Minister Grafen Ignatjew, bei meiner Bittschrift, in welcher die Lage der Dinge kurz zusammengefaßt war. Ausdrücklich bemerkte ich in der Bittschrift, daß, wie ich nicht berechtigt sei, für alle Colonien zu bitten, ich auch solches nicht thue. Indem ich aber dem Wortlaut meiner Vollmacht gemäß die Interessen der Gemeinde Selz „nach meinem besten Wissen“ zu wahren bemüht war, formulirte ich die Bitte der Selzer Gemeinde, wie nachstehendes zu sehen. Ich bat Seine hohe Excellenz den Herrn Minister, Maßregeln zu treffen:

1) daß meinen Vollmachtgebern, den ausländischen grundbesitzenden Ansiedlern des Dorfes Selz, Kreis Odessa, gleich den Bauern das Recht gegeben werde, in der Vermögensfolge im Allgemeinen sich nach Brauch und Sitte richten zu dürfen;

2) daß in Abänderung des V. Punktes des Besitztitels die Grundbesitzordnung meiner Auftraggeber in folgender Weise bestimmt werde: „Die Ländereien und Pertinentien (угодья[1]) dieses Dorfes stehen theils in gemeinschaftlichem (общій) Besitz der Hauseigenthümer, die Größe des verschiedenen Antheils, welcher in den Büchern und Acten des Dorfamtes bestimmt ist, theils im gemeindlichen (общественный) Besitz aller Ansiedler des Dorfes; wobei die Gemeinde, selbst nach dem Loskauf des Landes vom Grundzins nicht verpflichtet ist, die den einzelnen Ansiedlern zukommenden Theil Land in Parzellen privaten Eigenthums abzutheilen, das Antheilrecht am gemeinschaftlichen Lande aber unter keiner Bedingung und in keiner Weise an eine auswärtige Person übergehen kann ohne Bewilligung der Gemeindeversammlung, welche letztere die Abtretung von Landantheilen unter Selzer Ansiedlern allein genehmigt,



  1. GenWiki-Red.: угодье (ugodje) = (Landw.) jeder nutzbare Platz, jedes nutzbare Grundstück, ein Landstück; pl. угодья (ugodja) = die Zugehörigkeiten, Appertinentien (eines Landguts, als: Felder, Wiesen, Wälder, Flüsse u. Seen, Mühlen, Lehmgruben, Bienenstöcke, Haus- und Feldgeräth u. s. w.), die Gutsappertinentien - lt. PAWLOWSKY, J. "Russisch-Deutsches Wörterbuch"; Riga, Leipzig 1911; 3. Auflage, S. 1642