Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)/035

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Berichte und Gesuche (deutsche Landgemeinden in Südrußland)
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Berichte und Gesuche 1892.djvu
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eine gesetzliche Sache, die andern in der Zeitungspresse die Landantheile der Ansiedlerfamilien für deren unbeschränktes Eigenthum erklärten, die dritten froh waren, in benachbarten bulgarischen Colonien um ein Billiges Land kaufen zu können (Kreis Berdjansk), ohne sich zu der bulgarischen Gemeinde zuzählen zu müssen u. s. w.

Darum haben sich die einen Dorfgemeinden ganz leidend verhalten, indem sie an einer Hilfe verzweifelten; die andern aber beschränkten sich auf Palliativmittel, die zu einer allseitigen und endgiltigen Lösung des Streits nicht führen können. - Die Hausbesitzer der Odessaer Colonien z. B. kaufen das Dorfland vom Grundzinse gemeinschaftlich los, in der Hoffnung, die Loskaufsurkunde des Steuerhofes werde die Mängel und Fehler des Besitztitels verbessern und wenigstens die früheren Rechte der Gemeinde gegenüber den Landantheilen der einzelnen Familien wiederherstellen, die Gemeinde Selz, mein Auftraggeber und die Gemeinde Nieder-Chortig, im Kreise Jekaterinosslaw, erwarben vom Gericht verkaufte Höfe im Dorf auf Rechnung der Gemeinde, damit die Höfe nicht in fremde Hände gerathen; 24 Gemeinden des Akkermaner Kreises wollen im Sommer 1880 sich an die Regierung um Wiederherstellung des Rechts der Gemeinde in Betreff des Landes gemäß den Regeln und der Instruction von 1871 wenden, beschränkten sich aber nach dem Rath des ständigen Mitgliedes der Gouvernementsbehörde Lerche auf eine an die genannte Behörde gerichtete Bitte darum, die seit 1871 auf Grund von Gemeindesprüchen erfolgten Wirthschaftsübergaben möchten zu Kraft bestehen dürfen; die Gemeinde Straßburg, im Kreise Odessa, strengte beim Bezirksgericht (Окружный Судъ) einen Proceß um Rückgabe einiger vom Gericht für Privatschulden an eine Officiersfrau und einen Juden verkauften Hofstellen im Dorfe an, gewann auch denselben[1]; u. s. w.

Vor einigen Jahren machte der Cherson'sche Gouverneur dem Herrn Minister Vorstellungen darüber, ob nicht jeder Dorfgemeinde das Recht zu geben wäre, im Dorfe wohnhafte schädliche auswärtige Personen auszuweisen. Es ist auffallend, daß der Herr Gouverneur hiebei den Erwerb von Grundeigenthum in Dörfern durch Auswärtige außer Acht ließ. In Dörfern seßhaft gewordene Auswärtige nichtabgabenpflichtigen Standes aber brauchen, da sie gesetzlich der Dorfgewalt nicht unterstehen, sich den Bestimmungen der Gemeinde in Bezug auf Einrichtung der Höfe und Bau der Häuser wie auch in



  1. Es ist merkwürdig und für die Bauernbehörden sehr belehrend, daß das Bezirksgericht seine Entscheidung in diesem Processe am 16. October 1881, laut welcher die Höfe der Gemeinde zurückzugeben waren, hauptsächlich darauf gründete, daß die Straßburger Gemeinde nach Empfang des Besitztitels das ihr durch Art. 19 der Regeln von 1871 gegebene Recht, privatbesitzliche Parzellen einzuführen, nicht benutzt und seine Gemeindesprüche über Ausscheidung der Hofstellen aus dem gemeinschaftlichen Lande abgefaßt habe, daß deshalb die in Nutznießung der Schuldner gestandenen Hofgrundstücke, wie alles Land, Gemeindeeigenthum seien.