Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/234

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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bleibt bei Ehen zwischen reichsständischen Herren und bürgerlichen Mädchen dauernd in Geltung. Wo dem Sprößling einer solchen Ehe die Erbfolge im Fürstentum oder in der Herrschaft dennoch zufiel, geschah es immer durch einen besonderen Gnadenact des Kaisers, wie er diesem kraft seiner kaiserlichen Machtvollkommenheit zustand.[1] Auch in Bezug auf Verbindungen zwischen Fürsten und adligen Damen finden wir diesen Grundsatz mit wenig Ausnahmen fortwährend in Uebung, während sich die reichsgräflichen Häuser hierin weit weniger streng zeigen.[2] Die oft willkürlich erteilten kaiserlichen Dispense erhöhten die durch den Streit zwischen römischem und deutschem Rechte genährte Rechtsunsicherheit. Die Wahlcapitulation vom Jahre 1742 verhütete zwar durch ihren A. 22 § 4 weitere einseitige Eingriffe von kaiserlicher Seite, ließ aber in ihrer unbestimmten Fassung verschiedenen Deutungen Spielraum.[3] Der Artikel wurde in Josephs II. Wahlcapitulation im Jahre 1764 unverändert hinübergenommen und erhielt in der Leopolds II. vom Jahre 1790 den Zusatz, daß über den Begriff 'notorische Mißheirat' baldmöglichst ein Reichsbeschluß herbeigeführt werden sollte, was auch in die Capitulation von 1792 aufgenommen wurde.[4] Zu einem solchen Beschluß ist es jedoch nie gekommen. Mit dem Ende des Reiches erlosch der letzte Rest des altdeutschen gemeinen Rechtes. Alle nach 1806 geschlossenen Ehen sind allein nach Einzelbestimmungen zu beurteilen, denen sich die


  1. Göhrum II, S. 207 ff.
  2. Ebenda S. 221 ff.
  3. „Noch auch denen aus ohnstrittig notorischer Miß-Heurath erzeugten Kindern eines Standes des Reichs, oder aus solchem Hause entsprossenen Herrns, zu Verkleinerung des Hauses die väterliche Titul, Ehren und Würden beylegen, viel weniger dieselben zum Nachtheil derer wahren Erb-Folger und ohne deren besondere Einwilligung für ebenbürtig und Succesionsfähig erklären, auch, wo dergleichen vorhin bereits geschehen, solches für null und nichtig ansehen und achten.“ Aus zwei Entscheidungen des Reichshofrats aus den Jahren 1752 und 1753 geht hervor, daß Ehen zwischen Reichsgrafen und Damen von niederem Adel nicht als Mißheiraten zu betrachten sind. Göhrum II, S. 229 f. Pütter S. 274 ff. Vgl. Heffter, Sonderrecht S. 117.
  4. Pütter, S. 309. Reuling, Ebenburtsrecht des Lippischen Hauses, Anl. S. 63.