Kurze Chronik der Familie Kypke/036

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Kurze Chronik der Familie Kypke
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      Die Reise ging durch die sächsische Schweiz, Bayern und Württemberg bis an den Bodensee, über welchen sie per Dampfschiff fuhren, Sie bestiegen den Rigi und hatten von demselben die herrlichste Aussicht auf den Vierwaldstätter See mit der tosenden Reuß, auf stattliche Wälder und schneebedeckte Berge, sowie auf einen Kranz von freundlichen Städten und Dörfern. Am andern Morgen standen sie sehr früh auf, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Dies war ein prachtvoller Anblick ! Auch ein Engländer hatte sich sehr früh aufgemacht, stierte die Sonne eine Weile an, gähnte dann laut und sagte: „O rare, wonderful!“, machte aber schnell kehrt und kroch wieder ins warme Bett, während die beiden Deutschen bergabwärts stürmten, nach Küßnacht zu, wo sie an Tells Kapelle vorüberkamen. Dort sangen sie aus voller Brust:

                  Mit dem Pfeil und Bogen
                  Durch Gebirg und Thal
                  Kommt der Schütz gezogen,
                  Früh am Morgenstrahl.

Weiter gings wie im Fluge über den St. Gotthard nach der italienischen Schweiz bis Milano (Mailand). Hier ruhten sie einige Tage in dem Gasthause eines Deutschen, namens Meinhard aus. Es war dort freilich nicht billig. Das Mittagessen kostete, einschließlich einer Flasche Wein, für jeden einen Thaler. Sie bekamen aber zu Mittag so reichlich zu essen, daß sie dabei das Abendbrot sparten.

      Von hier aus besichtigten sie den prachtvollen, vom Bischofe St. Carlo Boromaco aus lauter Marmor erbauten Mailänder Dom mit seinen schönen Gemälden und Bildsäulen; desgleichen die von demselben auf dem Lago maggiore hergerichteten Paradies-Inseln (isola madre, pescatore und bella). In den dortigen Gasthöfen war es sehr teuer, und wenn man nicht viel bestellte, so rief der Kellner ganz entrüstet aus: „Quelque chose pour le garcon !“

      Die Fahrt auf dem Langen- und Comer-See war sehr interessant. Man hörte dort die Mädchen, welche die Reisenden übersetzten, manches hübsche Lied singen, z. B.

                  Venez jouir, o jeunes campagnes,
                  Le plus beau soir après le plus beau jour.
                  Le lac est pur, l’air est tranquille et doux:
                  La nuit descend à pas silentieux.
                  O Ma patrie, o mon bonheur,
                  Toujours Cherie, tu rempliras mon Coeur!

Von Mailand beabsichtigten sie noch nach Venedig zu reisen; allein die Kasse wollte soweit nicht reichen. Sie traten daher die Rückreise an. Auf derselben berührten sie auch das Dorf Goldau, welches durch einen Bergsturz am 2. September 1806 fast ganz verschüttet war, wobei 457 Menschen ums Leben gekommen. Sie