Tappensches Familienbuch (1889)/189

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Tappensches Familienbuch (1889)
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            Wo nicht die Wissenschaft den ganzen Menschen bessert,
            Wo Tugend und Verstand der Weisheit Frucht gebricht;
            Find ich das wahre Lob, find ich die Ehre nicht.

                  Als noch die erste Welt die blöde Unschuld übte,
            Da jeder seine Pflicht, der Mensch den Menschen liebte,
            Da baute man sein Feld in ungestörter Ruh.
            Der Schäfer sah mit Lust der muntern Heerde zu,
            Neid, Hass und Stolz hat nie der Hirten Brust verletzet,
            Dass man die Menschlichkeit und Treu hindan gesetzet
            Fand sich gleich irgendwo ein kleiner Zweifel an,
            So ward er mit Vernunft und Saufmuth abgethan.
            Da ward ein Greis geehrt, der die Gesellschaft stützte,
            Ein Hirte, der das Vieh vor Bär und Wölfen schützte,
            Ein Weiser, dessen Mund mit nie erschöpften Rath
            Der allgemeinen Lieb erwünschten Vortheil that,
            Ein Vater, dessen Spruch die Tugend reitzend machte,
            Der Weisheit und Vernunft auf seine Kinder brachte.

                  Verflucht sey noch der Tag da Eris zu uns kam,
            Da Falschheit und Betrug der Welt die Ruhe nahm,
            Der Tag da man zuerst um Ehr und Gut gestritten,
            Da sich die Macht empört, der Niedrigste gelitten,
            Da Zwietracht, Hochmuth, Neid, des Eigendüukels Frucht
            Den Eingang in die Brust der Sterblichen gesucht.
            Bald sahe man darauf bey grausen Blutvergiessen
            Den warmen Lebenssaft vernünftger Thiere fliesen.
            Die Unschuld ward verhöhnt, die Redlichkeit verlacht
            Ein Mörder, der sein Volk für feistes Schlachtvieh acht,
            Ein aufgeblasner Thor, der, überschwemmt von Lüsten,
            Den wohlgestopften Leib gewaltig weiss zu brüsten,
            Ein falscher Rabulist, der nie vernünftig denkt,
            Und doch den schlauen Kopf so tief zur Erden senkt
            Als wenn des Landes Last auf seinen Schultern wäre,
            Die wurden überhäuft mit Reichthum und mit Ehre.
            O Helden! Euer Ruhm trotzt noch der Ewigkeit.
            Es schwitzt schon mancher Reim, euch bei der spätsten Zeit
            Als Götter dieser Welt aufs prächtigste zu loben.
            Weil ihr das Volk bethört, und dieses euch erhoben.

                  Ein Weiser bleibt indes in unbewegter Ruh,
            Und sieht der Eitelkeit, und sieht der Thorheit zu,
            Sitzt mit erhabnen Geist wie in dem andern Himmel,
            Fern von der Unvernunft verworrenen Getümmel,
            Sucht bey dem Pöbel nie den Beyfall seiner That,
            Weil er von Treu und Recht den Zeugen in sich hat.