Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/184

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Es ist erfreulich, daß auch in der Geschichte der Musik die große Bedeutung der Reformation in dieser Hinsicht immer mehr erkannt und anerkannt wird. Denn man kann mit Recht behaupten, daß „was in Italien Palestrina und dessen Schule für die gesammte Tonkunst dieses Landes wurde, das ist in Deutschland Luther und die protestantische Kirche“[1]. Luther wurde bekanntlich auch Reformator des Kirchengesanges, und er hatte alle die dazu erforderlichen Eigenschaften und insbesondere eine hohe Begabung für Poesie und Gesang. Seine Werke enthalten eine Reihe von begeisterten Lobsprüchen auf die Musik. Er sagt u. a.: „Singen ist die beste Kunst und Uebung. Wer diese Kunst kann, der ist guter Art, zu Allem geschickt.“ In solchem Geiste äußert auch unsere Kirchenordnung in dem Capitel von der „Sangstunde“, welches vorschreibt, daß der Cantor alle Knaben, große und kleine, täglich im Singen unterrichten solle, sich folgendermaßen: „Dat also de Kindere yn, der Musica lustigen unde wol geöuet werden, daruth se ock wackere vnde geschickede Kinder werden ander Künste tho lerende, wente de Musica ys eine Kunst von den fryen Künsten, de me den Kindern van yöget vp syn vnde vaste wol leren kan, vnde dan thom besten ock wol bruken kan“[2].

Nach derzeitiger Anordnung und Einrichtung wurde an jedem Werkeltage, um 8 oder 9 Uhr morgens, ein liturgischer Gottesdienst gehalten, bei welchem in der Regel zwei Knaben die Antiphonie sangen, und die andern in zwei Wechselchören respondirten. Die Gesänge waren meistens lateinische, jedoch folgte auf die Verlesung eines Abschnittes aus dem neuen Testamente in lateinischer Sprache entweder ein deutscher Gesang oder das Benedictus mit der Antiphonie. Es wurde dann das Kyrie eleison und Pater noster knieend gesungen, worauf der Geistliche sprach: „Ostende nobis Domine Misericordiam tuam“, und der ganze Chor antwortete: „et salutare tuum da nobis“. Dann folgte das Dominus vobiscum nebst einer Collecte, und zuletzt der Gesang Benedicamus


  1. Fr. Brendel; Geschichte der Musik in Italien, Deutschland und Frankreich Aufl. IV. (Leipzig 1867) S. 148.
  2. Der Kirchengesang der Reformation, beiläufig bemerkt, erscheint wesentlich als Wiedergeburt des Ambrosianischen Gesanges in verklärter Gestalt und reicherer Fülle, sich unterscheidend von dem Gregorianischen dadurch, daß er, wenn ihm gleich der Name Choralgesang blieb, volksthümlicher Gemeindegesang war und zugleich ein lebendiger Rhythmus mit mehrstimmiger Modulation.