Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie/097

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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie
Inhalt
Vorwort | Einleitung
Erster Theil: Kap. 1234
Zweiter Theil: Kap. 1234
Dritter Theil: Kap. 123456
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Lehrbuch der gesammten wissenschaftlichen Genealogie.djvu
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Stammbaum gipfelte. Lange Zeit hindurch sind die chronikalischen und annalistischen Mittheilungen neben den Stammbaumformularen der Rechtsbücher unvermittelt und beziehungslos einhergegangen, ohne daß man daran dachte, dem Blätterornamente, welches nur abstracte Bezeichnungen wie avus, proavus, nepos, pronepos u. s. w. tragen zu können schien, auch die wirklichen Namen bestimmter im Abstammungsverhältnis zu einander stehender Personen anvertrauen zu können. Noch ist uns der erste Entdecker dieses Gedankens unbekannt, und so wenig bedeutend der Schritt erscheint, welcher von den altrömischen Formularen der Verwandtschaftsgrade zur Darstellung wirklicher und persönlich bezeichneter Abstammungsverhältnisse gemacht werden mußte, so ist uns derselbe doch nach seinem Ursprung und in concreter Gestalt zur Zeit nicht nachweisbar, und wir müssen leider darauf verzichten, etwas bestimmtes über jene Epoche zeichnender Künste zu sagen, in welcher bildliche Darstellungen des Baumes zur Versinnbildlichung persönlich verzeichneter Familienverwandtschaften zuerst in Anwendung kamen.

      In zahlreichen Handschriften finden sich Genealogieen in reihenförmiger Gestalt vorgeführt und sind nichts anderes als Verzeichnisse von Namen die durch das Wort „genuit" genealogisch verknüpft erscheinen. Bei ehegerichtlichen Akten waren solche Verwandtschaftsdarstellungen ja canonisch erforderlich.[1] Aber auch die Chronistik bedurfte tabellarischer Übersichten. Einige der ältesten derartig gezeichneten Stammbäume finden sich in der Handschrift Ekkehards in der Jenaer Universitätsbibliothek.[2] Aber


  1. Vgl. die Tabula consanguinitatis Friderici I. regis et Adelae reginae im Cod. Ep. Wibaldi, Jaffe, Monum. Corbeiensia Bibl. I. 547. no. 408.
  2. Beschreibung und Abbildung in Mon. Germ., Script. VI. praef. und Archiv f. ä. G. VII. 471: „Am Schlusse der Geschichte der Karolinger Bl. 1521 findet sich eine sorgfältig geschriebene und gezeichnete Stammtafel derselben und Bl. 1711 nach Heinrichs I. Tode eine ähnliche des sächsischen Hauses; besonders sind die Eltern des hlg. Arnulf für das Ende des elften Jahrhunderts auffallend gut gezeichnet; sie halten eine Pergamentrolle, aus welcher sich der Stammbaum entwickelt." Auch auf dem sächsischen Stammbaum ist es eine Figur, die den Stammbaum in der linken Hand hält, Sic ist genannt: Jvitolfus dux Saxonum und hält in der rechten Hand einen Cirkel, auf welchem geschrieben ist: Brun dux a Danis occisus. Die Tafeln sind im übrigen in absteigenden Linien gedacht und die Reproductionen sind nicht sehr genau. Schon das Facsimile der Mon. Germ. läßt manches zu wünschen, dann sind von da weitere, immer weniger treue Nachbildungen in populären Geschichtsbüchern gemacht worden. Alles, was sonst das Mittelalter an Genealogieen hervorgebracht, findet man selbstverständlich unter „Genealogie" bei Wattenbach, Lorenz und Potthast zusammengestellt und es wäre eine dankbare Arbeit, die formale Behandlung dieser Dinge einmal besonders zu besprechen. Unseren heutigen genealogischen Begriffen entsprechend, dürften wol die flandrischen Genealogieen am meisten entwickelt erscheinen.