Herforder Chronik (1910)/541

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
GenWiki - Digitale Bibliothek
Herforder Chronik (1910)
<<<Vorherige Seite
[540]
Nächste Seite>>>
[542]
Herforder Chronik 1910.djvu
Hilfe zur Nutzung von DjVu-Dateien
Texterfassung: korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Bevor dieser Text als fertig markiert werden kann, ist jedoch noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.



1.

Das Herforder Rechtsbuch aus dem 14. Jahrhundert.

Das von der Stadt Herford lange Zeit sorgfältig gehütete Herforder Rechts-oder Schöffenbuch aus dem 14. Jahrhundert, der einzige hiergebliebene Rest älterer Herforder Urkunden - die übrigen befinden sich im Königlichen Staatsarchiv zu Münster - ist ein Pergamentband in Folio. Das ehrwürdige Buch zeigt nur noch schwache Reste von dem einstigen Glanz seines Äußern. Es ist im Laufe der Jahrhunderte bei Rechtsangelegenheiten von ungezählten Herforder Rechtsverständigen zu Rate gezogen worden und weist nun die Spuren starker Benutzung auf. Als die darin enthaltenen gesetzlichen Bestimmungen von anderen Zeiten und Rechtsanschauungen überflügelt waren, ist es beiseite geschoben worden und hat infolge mangelhafter Aufbewahrung alle äußere Schönheit eingebüßt.

Auf den mit Pergament überzogenen Deckeln des Buches sieht man noch die eingedrückten rautenförmigen Strichornamente, in deren Mitte jedesmal ein kleiner Reichsadler eingepreßt ist. Jetzt ist die Hülle verschabt, und unansehnlich liegt das einst hoch in Ehren gehaltene Buch vor uns.

Mehr indessen als an der äußeren Ausstattung erkennen wir an dem besser erhaltenen Innern des Rechtsbuches die Liebe und Sorgfalt, mit der man diese erste geschriebene Zusammenfassung aller hiesigen Gesetze, die Grundlage der Herforder Rechtsprechung, behandelt hat.

Es ist von einem Kunstschreiber jener fernen Zeit hergestellt, der uns mit der Gleichmäßigkeit seiner bis zur letzten Seite anhaltenden Deutlichkeit der Schrift in Erstaunen versetzt. Wir vermuten in ihm einen Mönch des Herforder Fraterhauses, und aus eben diesem Hause mag auch das für das ganze Rechtsbuch verwendete Pergament stammen. Fast alle Anfänge der einzelnen Sätze hat der fleißige Schreiber in großen, selbsterfundenen Buchstaben hergestellt, ganz besonders das große M am Anfang des Buches. (Siehe unsere Abbildung.) Den Namen „Heruorde“, welcher am Beginn der geschichtlichen Einleitung steht, hat er am prächtigsten hervorgehoben. In drei Farben, gold, blau und rot mit ausgespartem weiß prangt es am Kopf der betreffenden Seite. Wir bringen auf dem Titelblatt eine verkleinerte, aber nicht farbige Nachbildung dieses Buchstabens. Gleicherweise sind von dem Schreiber zwei in gut erhaltenen Farben ausgeführte Bilder dem Buche vorgesetzt, von denen hierneben eine Nachahmung, aber ebenfalls ohne Farben, gebracht ist.

Auf dem linksseitigen Bilde erblicken wir in dem Prunkgemache einer Burg einen Greis in faltenreichem Ober- und buntgeblümtem Untergewande auf einem Sessel thronend. Der Goldzierat auf seiner Brust deutet auf einen vornehmen Herrn. Sein Zeigefinger der rechten Hand richtet sich auf ein Spruchband, auf dem zu lesen ist: