Herforder Chronik (1910)/329

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Herforder Chronik (1910)
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„Anno 1673 den 28. Februar ist S. Ch. D. samt Dero gantzen Hofstaat eingezogen, und nachdem er hier eine Nacht logiert, ist er des folgenden Tages mit allen Völkern weggezogen auf Minden. Die Bürger gedachten nunmehr ein wenig Ruhe zu haben und sich wiederum zu erholen, aber an demselben Tage kam eine „Kayserliche Armada“ (Armee) aus der Grafschaft Lippe. Sie erschien vor dem Bergertor und begehrte Durchzug durch die Stadt. Es wurde ihnen außer dem Berger- noch das Lübbertor geöffnet, und nun währte der Durchzug der „Kayserl. Armada“ zwei ganze Tage, „also daß man sich über das viele und wohl montirte (ausgerüstete) Volck sehr verwundert“. „Wollte Gott! es hätte der effect dem vergnüglichen Ansehen geantwortet (d. h. es hätten die Folgen dem Vergnügen des Ansehens entsprochen), es würde gewiß mancher über seinen unwiederbringlichen Verlust, so wie leider jetzt geschieht, nicht zu seuftzen haben.“

„Darauf rückte herein der Herr Obrister Mardowitz mit seinem Regiment Dragoner, welchen die Bürger haben müssen verschaffen Essen und Trincken und Futter vor die Pferde, und haben hier gelegen 8 Tage.“ Kaum war dies Regiment ausgezogen, als an demselben Nachmittage wieder 3 Regimenter Reuter von den Lothringern hereinkamen, welche bei den Bürgern zu 2, 6, ja auch zu 10 Mann einquartiert wurden. Die Bürger mußten ihnen Essen und Trinken „aufs beste verschaffen, dazu Wein, Bier, Tabak und Branntwein, für die Pferde Heu und Hafer. Weil aber letzteres nur schwer zu bekommen war, hat man schon angefangen, die Pferde mit Roggen zu füttern, so „daß mancher arme Mensch (der Einquartierung hatte), ist genöthiget worden, vor die Pferde Roggen zu kaufen, der vor sich selbst kaum ein Stück Brot hatte“. Während der acht Tage, welche die Lothringer hier lagen, haben sie der Bürgerschaft über 13 000 Taler abgepreßt und „den Einwohnern großen Tort angetan“.

Nach einer kurzen Ruhezeit ist die Stadt wieder in einen jämmerlichen Zustand versetzt worden, welcher mit dem vorigen nicht zu vergleichen ist und von den Einwohnern „mit blutigen Zähren“ beklagt wird. Denn im Jahre 1673 den 28. März schickte der Bischof von Münster (also der Feind des Kurfürsten) den General Nagel mit 8000 Mann, von denen 6000 Reuter und 2000 Fußsoldaten waren, vor diese Stadt, um sie zur Übergabe aufzufordern. „Nachdem die Thore geöffnet, ist alles Volck, so wohl die Reuter als die Fußknechte, herein marschiret, und sind bey die Bürger einquartiret worden zu 6, 8, 12 bis 20 in ein Haus. Denen haben die Bürger verschaffen müssen Essen und Trincken, Wein und Bier, nachdem es ihnen nur gelüstet, und Futter gnung vor ihre Pferde, und dazu mit denselben (den Bürgern) dermaßen umgegangen, daß es zum erbarmen gewesen.“ Die Soldaten haben die Einwohner so übel behandelt, daß viele die Stadt und ihre Häuser verließen. „Es hat aber der grundgütige Gott das große Elend, Seuftzen und Wehklagen der höchstbedrangten und ausgesaugten Bürgerschaft erhöret, und es also gefüget, daß sie (die Soldaten)