Herforder Chronik (1910)/327

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Herforder Chronik (1910)
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nicht, wo sie Hilfe suchen sollten, denn sie durften sich mit Bittschriften nicht an den Kurfürsten wenden. Niederdrückend war es auch für die Angehörigen, daß die Bürger immer mehr Anklagen auf die Gefangenen häuften, denen keine Gelegenheit geboten war, sich dagegen zu verteidigen.

Die Befestigung des Renntores wurde fortgesetzt, wie A. Fürstenau meinte, aus Furcht und Angst vor einem Angriff der Kaiserlichen.

Den Wall versahen sie mit Schanzen und legten ein Blockhaus an, welches die Stadt um 36 Fuß (!) überragen sollte. Der Binnengraben außerhalb des Tores zur linken Hand (jetzt Grundstück des katholischen Krankenhauses) wurde zugefüllt. Sie wollten auch einige Kanonen auf das Tor und die Türme am Tor winden, „was sonst (noch) ihr intent (Absehen), kann man nicht wissen“, sagt A. Fürstenau.

Wie schon oben angedeutet, versuchte Anton Fürstenau mit der Verbreitung der Herforder Geschehnisse, von denen ein großer Teil als aufgebauscht zu erkennen ist, das Interesse der Reichsstände in Regensburg wach zu halten und das Reich zu einem tatkräftigen Einschreiten gegen den Kurfürsten aufzurütteln. Es gelang ihm nicht; was er erreichte, waren schriftliche Proteste gegen den Kurfürsten. Dieser verteidigte seine Maßnahmen, und daraufhin bestimmte der Kaiser, daß eine Kommission den Rechtsstreit entscheiden sollte.

Bis zu dieser Regelung, so lautete der Befehl des Kaisers vom 13. September 1652, „sollte die Stadt den Kurfürsten an der Ausübung derjenigen Rechte, die früher der Herzog von Jülich in Herford besessen habe, nicht hindern“.

Aber „eine reichsrechtliche Lösung der Frage erfolgte nicht“.

Die Bestrebungen Fürstenaus nahmen ihren ungestörten Fortgang. Um ihnen zu begegnen und die gegnerische Partei zum Schweigen zu bringen, richtete der Magistrat an die Reichsstände in Regensburg die Bitte, den Ausfällen und gehässigen Darstellungen, welche A. Fürstenau in seinen Druckschriften gegen Herford richtete, keinen Glauben zu schenken, bat auch den Kurfürsten, daß er den zwischen ihm und der Stadt geschlossenen Vergleich, in welchem letztere allen ihren Ansprüchen auf Reichsunmittelbarkeit zugunsten Brandenburgs entsagt und sich dem Kurfürsten unterworfen hatte, von Kaiser und Reich für gültig erklären zu lassen.

Aber der Kaiser verweigerte die Bestätigung.

Des Kurfürsten Anhängerschaft in Herford war in stetem Wachsen begriffen, obwohl die zusammengeschrumpfte Gegenpartei in ihrer Maulwurfsarbeit nicht ermüdete und obwohl der auf ihre Seite gezogene schwedische Kanzler Orenstierna dem brandenburgischen Gesandten versicherte, die Krone Schweden werde sich nicht eher zur Herausgabe Kolbergs verstehen, als bis Herford restituiert wäre.

Herford blieb kurbrandenburgisch. Die vom Kaiser verordnete Kommission trat nie zusammen, mithin blieb, „rechtlich betrachtet, Herfords Stellung zum Reiche während des 17. und 18. Jahrhunderts unklar“, und „erst der Untergang des Heiligen Römischen Reiches brachte eine endgültige Entscheidung“.