Herforder Chronik (1910)/221

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Herforder Chronik (1910)
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auf dem bis dahin unbebauten, innerlich so vielversprechende Kräfte bergenden Boden der Menschenherzen ein Leben von überraschender Frische und zeitigte Blüten und Früchte von ungeahnter Schönheit und Fülle. In dem hoffnungsvollen Frühlingserwachen blieb das junge Stift Enger nicht zurück. In demselben Maße wie es sich nach außen segenspendend betätigte, schritt es in seiner eigenen Entwicklung voran. Aus der cellula, dem ersten Holzkirchlein, erwuchs 930 ein Gotteshaus aus Stein, dessen Erbauerin, Wittekinds Urenkelin Mathilde, die Tochter des sächsischen Grafen Dietrich, uns schon bekannt ist. Sie war im Kloster Herford erzogen, aus dem sie als Gemahlin des großen Königs Heinrichs I. hervorging. (S. S. 51.)

Um die dem heiligen Dionysius geweihte Kirche erstand Burg und Stadt Enger, die, wie sich das Volk erzählt, einstmals eine viel größere Ausdehnung hatte als heute. Der Kirche flössen Reichtümer zu vom Kaiser, der das Aufblühen aller kirchlichen Anstalten auf's freigebigste förderte, von Wittekind und seinen Nachkommen, denen das Gedeihen ihrer Stiftungen Herzenssache war, und von den Edelingen des Landes, welche andachtsvoll zu dieser gottgeweihten Stätte aufzublicken gelernt hatten.

Die dem neben der Kirche errichteten Dionysiuskloster oder -kapitel zu seinem Unterhalte überwiesenen Schenkungen an Ländereien, wie Ackerland, Wiesen und Wälder, nahmen bald einen ansehnlichen Umfang an, daneben aber häufte sich in der Kirche ein für die Ausgestaltung des Gottesdienstes geschenkter Schatz von hohem Wert an. Da gab es goldene Monstranzen [1], aus edlem Metall gefertigte und mit Edelsteinen verzierte Kreuze, kostbare Reliquienschreine mit noch wertvolleren Reliquien von Heiligen, prunkende Kirchenfahnen, herrliche Gewänder und Geräte für die gottesdienstlichen Handlungen. Hüter dieser Schätze war das Dionysiuskapitel zu Enger, dem auch die Sorge für das Grab und die Gebeine Wittekinds anvertraut war.


Die Ruhe und der Friede des Stifts zu Enger sollte nicht ungetrübt bleiben, und diese Störung war eine Folge des unseligen Zwiespalts unter den deutschen Fürsten.

Der in seinen Anfangen auf die Regierungszeit Lothars von Sachsen (1125-1137) zurückreichende Streit der welfischen mit den staufischen Parteien hatte unter den ersten staufischen Kaisern Konrad III. und Friedrich Barbarossa seinen Höhepunkt erreicht. Beide Führer der streitenden Parteien zählten in ihrer Gefolgschaft die Namen der ansehnlichsten und mächtigsten deutschen Fürsten. Zu den treuesten Anhängern des Welfenführers, Heinrichs des Löwen, gehörte Bernhard von der Lippe, sein persönlicher Freund und Waffengefährte, ein in Kriegsdiensten wohlerfahrener Mann. Ihm übergab Heinrich zur Belohnung seiner Treue Stadt und Burg Enger, wo nun fortan die edlen Herren von der Lippe herrschten. Aber diese Herrschaft der Lipper, welche oft in Fehden mit

  1. Hostienschrein.