Handbuch der praktischen Genealogie/286

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Forschung erfordert genaue Kenntnis der Lautgesetze und gründliches Studium der einschlagenden germanistischen Literatur.

      Die Tatsache, daß uns die Bedeutung zahlreicher Familiennamen gegenwärtig entschwunden ist, liegt vor allem in ihrem Alter. Dieselben sind vor einem halben Jahrtausend festgeworden. Die Namen aber, die sich damals als Familienbezeichnungen festsetzten, sind nicht erst damals auch entstanden, sondern gehen als Personennamen meist höher hinauf, bis in die Zeiten der Völkerwanderung. Nun haben aber die Eigennamen mit der stetigen Weiterentwicklung der Sprache nicht gleichen Schritt gehalten, sie sind je länger, je weniger mitgegangen, zumal seit sie als Familiennamen fest geworden. Die Veränderungen, welche die Sprache zu erleiden gehabt, haben sie als das geheiligte Eigentum des einzelnen nicht gleichzeitig mitgemacht, sie sind stehen geblieben; die Stürme der Zeiten, welche die alten Sitten und Weisen hinweggefegt, haben sie nur wenig berührt So stehen die Namen da, gleich den Ruinen der Ritterburgen, als Zeugen einer längst vergangenen Zeit. Als die Namen sich bildeten, waren die verschiedenen Mundarten Deutschlands noch in voller Blüte, eine allgemein herrschende Schriftsprache war noch nicht vorhanden. So setzten sich die Familiennamen für jede Landschaft zunächst in der dort verbreiteten Mundart fest Dazu kommen bei den deutschen Familiennamen zahlreiche slavische und romanische Einflüsse.

      Seit dem Ende des 10. Jahrhunderts wurden in Deutschland und Frankreich die Personen in den Urkunden oft durch Anmerkung ihrer Heimat, meist mit de, selten im Adjektiv, näher bestimmt, z. B. Herbertus Britto, Thomas de Maila. Dieser Zusatz wurde zuerst in den oberen Kreisen allgemeiner, wo er nicht nur den Wohnsitz, sondern auch die Herrschaft bezeichnet und mit dieser auf die Nachfolger überging.

      Diese neue Sitte der Zunamen machte zunächst eine Zeit des Tastens und Suchens durch. Der Markgraf von Este wird mit de Italia als einzigem Zunamen bezeichnet, natürlich nur, wenn er nicht in Italien weilt; ebenso heißt Graf Theobald von Champagne: comes de Francia und Albrecht der Bär comes de Saxonia. Die Benennung nach Ländern, Gegenden oder Städten wird im 12. Jahrhundert durch die Benennung nach Burgen verdrängt. Herzog Otto von Schwaben nannte sich nach seinem Hauptsitz Markgraf von Schweinfurt, sein Schwiegersohn und Erbe in der Markgrafschaft Markgraf von Hildryhausen, seinem heimatlich schwäbischen Burgsitz (+ 1078). Neben der Bezeichnung nach Burgsitzen kommen andere individualistische Zunamen auf, wie Weiso, Pris, Luegel. Seltenere Vornamen wurden zu Zunamen, so Welfo bei den Welfen, so Espin im uradeligen Hause derer von Haag. Persönliche Zunamen und Burgnamen wurden kombiniert. Häufig wird in den Urkunden des 12. Jahrhunderts ein Zeuge ohne Zunamen, aber als Sohn eines anderen erwähnt, der mit Zunamen angeführt wird; Chonradus filius Adelberonis de Feistriz. Da ist der Zunamen noch nicht zum erblichen Zunamen geworden, sondern es herrscht noch der Gedanke, daß nur der tatsächliche Herr von Feistriz (der Vater Adelberos)