Gedenkblätter Friedrich Wölbling/037

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Gedenkblätter Friedrich Wölbling
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Zeitschriften allen. Die Nächte waren ausgefüllt von ruhelosem Umherwandern; bei Tage saß er wohl einmal für kurze Zeit schlummernd in seinem bequemen Krankenstuhl. Die Signatur der letzten drei Wochen aber war Ruhelosigkeit des Körpers; der Geist blieb konzentriert genug, um lange Lieblingslieder und Kapitel aus der heiligen Schrift zur Erquickung der Seele zu begehren. Oft aber weilte sein Geist schon in anderen Sphären, er sprach dann mit dem Heiland, als sähe er ihn leibhaftig vor sich. Ein andermal konnte er auch wohl ganz ruhig fragen, ob seine Todesanzeige denn noch nicht in der Zeitung stände? Besonders ergreifend war es, als er einmal sich dem Heiland als Einer vorstellte, der soeben aus dem Erdenleben ins himmlische Wesen versetzt sei, kurz seinen Lebensgang ihm sangend, und dann um gnädige Annahme bittend! Dazwischen wurde es ihm freilich wieder bewußt, daß er noch auf der Erde weile. Mit unverminderter Sehkraft las er dann wohl am Fenster stehend die gegenüberliegenden Firmenschilder ab, und sagte dann klagend: “Ach ich bin ja noch auf Erden, das ist ja noch die alte Pritzwalkerstraße.” Am 15.September, dem Geburtstage der treuen Gattin, äußerte er den lebhaften Wunsch, als schönste Geburtstagsfeier mit derselben heimgehen zu dürfen, mit den Worten: “Wo ist denn nun Mama? Sie wollte doch immer mit mir gehen?” Dennoch erfreute er sich am gleichen Tage an einem neuen Bilde der Berliner Enkel. Nachdem er wiederum die ganze Nacht und den ganzen Tag ruhelos umhergewandert war, gab ihm der Arzt am Abend des 16. September etwas Morphium zur Beruhigung. Kaum hatte er sich zur Ruhe gelegt, als im Schlaf ein Gehirnschlag eintrat, der denselben zu einem bewußtlosen machte. Die Nacht, den folgenden Tag und wiederum einige Stunden der Nacht lag lag er so ganz still, regelmäßig atmend, da. In der frühen Morgenstunde des 18. September kam dann noch einmal Bewegung in die starren Glieder im letzten, bewustlosen Todeskampf. Gegen 3 Uhr morgens tat er den letzen Atemzug. Ein Ausdruck himmlischen Friedens und überirdischer Glückseligkeit verbreitete sich auf dem Gesicht und half den Seinen von dem Gefühl des Schmerzes zu dem des Dankes hindurch; der Beruf war vollendet, der Kampf ausgekämpft! Am 21. Sep-