Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 131

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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ursprünglich sämtlich lehnsfähig und einander ebenbürtig gewesen sind.[1] Sie sind nach unserer Annahme zu Beginn des 11. Jahrhunderts nach sämtlich Grundherren, d.h. sie bewirtschaften ihren Grundbesitz nicht selbst, sondern haben ihn an hörige Bauern, Laten, ausgethan, von deren Abgaben sie leben.

Aber schon im Lauf des 11. und noch mehr im 12. Jahrhundert bilden sich innerhalb dieses Standes der vollfreien Grundherren tiefgehende Unterschiede aus, die zu einer neuen Ständebildung führen. Der Stand der liberi differenziert sich.

Die Momente, die diese Differenzierung hervorbringen, sind folgende:

1. Die veränderte Wehrverfassung, d.h. das Entstehen eines Berufskriegerstandes der Ritter und einer vom Kriegsdienst befreiten und später ausgeschlossenen, unkriegerischen Freienklasse, die sich dem bäuerlichen Beruf zuwendet.

2. Als Folge dieser Entwickelung die Ausbreitung des Lehnswesens und der Ministerialität unter den Vollfreien.

3. Die Einwirkung der Ausbreitung des Lehnswesens auf die öffentliche Verfassung. Staatsämter und öffentliche Befugnisse werden zum Gegenstand des privatrechtlichen und besonders des lehnsrechtlichen Verkehrs und dadurch zu eigenen Rechten der Beamten und Privatleute.

Der Stand der sächsischen Vollfreien spaltet sich infolge dieser Einflüsse in mehrere Klassen, von denen die folgenden für unsere Untersuchung hauptsächlich in Betracht kommen.

Ein Teil der Vollfreien geht nur freie Lehnsverbindungen ein. Die mächtigsten unter ihnen erwerben Grafschaftsrechte oder diesen gleichstehende öffentliche Befugnisse zu eigenem Recht und werden Fürsten oder nichtfürstliche Landesherren. Alle diese freien Lehnsleute sind natürlich auch freie Ritter. Sie heißen sicher in Ostfalen, vielleicht auch in Westfalen und Engern nobiles.[2]

Ein weitererer und zwar höchstwahrscheinlich der zahlreichste Bestandteil der Vollfreien ergiebt sich in die Ministerialität, wird also, streng genommen, unfrei. Jedoch behalten diese ehemals vollfreien Ministerialen ihre Freigüter als Eigentum,[3] bleiben im echten Ding dingpflichtig und


  1. Siehe S.130* Anm.2.
  2. Vgl. v. Zallinger, Die Schöffenbarfreien, S.20-23 und 253-259. — Da in den westfälischen Oerichtsurkunden unter den liberi, wenn sie zu nobiles in Gegensatz gestellt werden, keine freien Ritter nachzuweisen sind, so bleibt die Definition Zallingers vorläufig auch für Westfalen bestehen.
  3. Vgl. v. Zallinger, Schöffenbarfreie, S.266 ff. — v. Hammerstein, Bardengau, S.497. — Seibertz, Urkundenbuch I, Nr.39 (a. 1101-1131). Ein minister Sti. Patrocli hat außer seinem Dienstgut eine hereditas.