Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/Anlagen 114

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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keine Auskunft. Sehen wir daher zunächst von ihnen ab, und betrachten wir die übrigen, besser bekannten Stände.

Die nobiles spielen die Hauptrolle. Ihr Wehrgeld und die für sonstige Verletzungen ihrer Person zu zahlenden Bußen bilden die Einheit, in deren Bruchteilen Wergeld und Buße z.B. der Liten bemessen werden.[1] Im Zweifel ist immer von ihnen die Rede.[1] Die meisten Rechtssätze gehen von ihren Verhältnissen aus.

Ihr Wergeld betrug 1440 solidi; außerdem kam noch ein premium von 120 solidi hinzu.[2] Die Bußen für die einzelnen Verletzungen, welche die lex nennt, beziehen sich alle auf die Edelinge.[2] Auch die Klassifikation der bei Anklagen zu schwörenden Reinigungseide ist für die Edelinge bestimmt.[2]

Das Vermögen der nobiles bestand in Liten, Sklaven und Grundstücken.

In die Hand seines Liten oder auf seine Waffen schwur der Edeling bei Anklagen wegen geringer Vergehen den Reinigungseid.[3] An den Grundstücken hatte der Edeling ein Recht, genannt Eigentum, das der Regel nach nur im Erbgang erworben werden konnte.[4] Daher hieß der Grundbesitz selbst Erbe oder hereditas. Nur im Fall der Not oder zu gunsten des Königs oder der Kirche durfte die hereditas veräußert werden.[4]

Bei Veräußerungen im Fall der Not hatte wahrscheinlich der nächste Erbe ein Vorkaufsrecht.[4] Berechtigt zur Nachfolge in die hereditas waren die Söhne mit Ausschluß der Töchter.[4] Fehlten Söhne, so erbten die Töchter.[4] Die Verfügungsfreiheit über die Sklaven war nicht beschränkt.[5]


  1. 1,0 1,1 Vgl. Lex Saxonum, Kap.16. — Vgl. Gaupp, Recht und Verfassung der alten Sachsen, S.87.
  2. 2,0 2,1 2,2 Vgl. Lex Saxonum, Kap.1-14 inkl. — Über die Bedeutung des Kap.14 vgl. v. Richthofen, Zur lex Saxonum, Beilage IV S.376. — Derselbe, M.G. L.L. Tom.V, S.52 und 53 Anm.27 und 28. Nach Richthofen bedeutet premium Buße, nach Brunner (Sippe und Wergeld, Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Bd.XVI S.1 ff.) Vorsühne. — Heck, Altfriesische Gerichtsverfassung, S.299 Anm.162.
  3. Vgl. Lex Saxonum, Kap.8.
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Vgl. Lex Saxonum, Kap.62 betr. Veräußerung. — Vorkaufsrecht folgt aus der Analogie mit Kap.64. — Erbfolge in die hereditas vgl. Kap.41 u. 44. Die Stelle Lex Saxonum, Kap.62: Nulli liceat traditionem haereditatis suae facere praeter ad ecclesiam vel regi, ut haeredem suum exhaeredem faciat, nisi forte famis necessitate coactus, ut ab illo qui hoc acceperit, sustentur, giebt, wenn man sie nicht wörtlich verstehen will, nur dann einen Sinn, wenn man dem haeres nach Analogie von Kap.64 ein Vorkaufsrecht auch bei Verkäufen, die nicht in echter Not erfolgen, beilegt. Denn giebt man dem Erben in letzterem Falle ein wirkliches Beispruchsrecht, so kann ihn der Besitzer durch den Verkauf gar nicht erblos machen. Hat aber der Besitzer auch bei Nichtnotverkäufen nur die Pflicht, das Gut zuerst dem Erben anzubieten, und kann er dann frei darüber verfügen, so fällt jeder Unterschied zwischen gewöhnlichem und Notverkauf weg. Denn auch bei letzterem mußte der Besitzer das Gut zuerst dem Erben anbieten. Da das Gesetz diesen Unterschied aber ausdrücklich anerkennt, so kann er nur darin bestanden haben, daß, abgesehen von Traditionen an König und Kirche jeder Nichtnotvertauf verboten war, bei Notverkäufen aber ein Vorkaufsrecht des nächsten Erben bestand.
  5. Vgl. Lex Saxonum Kap.62.