Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/294

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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Es scheint daher, daß die Kinder nach dem Tode des einen Ehegatten mit dem überlebenden eine allgemeine Gütergemeinschaft eingingen, die als Rechtsgrund ihres Anspruchs auf die Hälfte der Habe des Letztverstorbenen erschien. Der Regel nach vererbte also der Late in unserer Epoche sein Mobiliarvermögen noch nicht auf seine Angehörigen, sondern diese realisierten bei feinem Tode nur ein schon vorher vorhandenes Miteigentum an der Habe. Der alleinige Erbe des Mobiliarnachlasses war der Herr.

Der wirtschaftlich notwendige Mobiliarbesitz wurde den Laten-kindein nicht durch den Erbgang, sondern durch Aufnahme in eine Vermögensgemeinschaft vermittelt.

Alle Pflichten und Rechte der Laten bildeten das sogenannte Hofrecht. Das Hofrecht war ein Herrenrecht. Es war kein autonomes Recht der Hörigen, sondern es bestand nur kraft des Wjllens des Herrn'. Aber diese Verfassung, die der Herr seinen Laten gegeben hatte, wurde von diesen bewahrt, und die Anwendung der Verfassung auf den einzelnen Fall, die Rechtsprechung, geschah durch die Gesamtheit der gesessenen Laten. Die Versammlung der Laten bildete einerseits die lebendige Urkunde der vom Herrn gegebenen Verfassung, sie urteilte andererseits nach dieser Verfassung im Namen des Herrn. So bildete sich eine Institution, welche die Eigenschaften eines Gefetzbuches und eines Gerichts in sich vereinigte, das Hofgericht oder Meierding.

Vorsitzer dieses Gerichts war der Herr oder in seinem Namen der Vorsteher und Verwalter der Villikation, der Meier oder Villikus. Urteilsfinder waren alle anwesenden gesessenen Laten. Zu Beginn der Verhandlung fragte der Vertreter des Herrn das Recht der Villikation von den Laten. Dann folgte die Aburteilung der einzelnen Fälle nach diesem Recht. In die Kompetenz des Gerichts gehörten alle Fragen über Pflichten und Rechte der Laten, also über ihr Recht auf das Latgut, Erbrecht und Leistungsverpflichtimgen gegenüber dem Herrn. Alle Streitigkeiten der Laten untereinander oder mit dem Herrn über Gegenstände des Hofrechts wurden hier entschieden. Dadurch, daß der Herr über seine Ansprüche an die Laten durch die Laten Recht sprechen ließ, unterwarf er sich selbst dem Hofgericht 2.

1 Vgl. Lüntzel, Laskn, Urkunde Nr. 2 (». 1145). — Kindlinger, Hörigkeit, Urk. Nr. 2, 6, ?, 9, 12, 21 u. f. w.

2 Vgl. Kindlinger, Hörigkeit Nr. 44 (». 1287). — Scheidt, Luä. äipl. zu, v, Mosers Staatsrecht, Nr, 95, — Lüntzel, Lasten, S. 88.