Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland/014

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Die Grundherrschaft in Nordwestdeutschland
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waren sehr verschiedenartig. Am häufigsten fand sich der bald erbliche, bald unerbliche Laßbesitz. Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts waren die preußischen Gutsherrn bestrebt, den ursprünglich erblichen Lassiten das Erbrecht zu entziehen und sie zu nur lebenslänglichen Nutznießern ihrer Bauerngüter zu machen. Diese Maßregel entsprang aus dem bedeutenden Bedürfnis der Gutsherren nach Bauernland, um damit die eigene Wirtschaft auf dem Rittergut zu vergrößern. Wie die niedersächsischen Fürsten schon im 16. Jahrhundert, so verbot Friedrich der Große in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das Einziehen von Bauernland zum Rittergute. Es gelang ihm auf diese Weise die noch bestehenden Höfe zu erhalten und der zunehmenden Verschlechterung des bäuerlichen Besitzrechts wenigstens indirekt ein Ziel zu setzen. Diese Verfassung der Rittergüter herrschte in den fünf östlichen[1] Provinzen Preußens zwar nicht ausnahmslos, aber doch als Regel. Die landesherrlichen Domänen waren in derselben Weise organisiert. Jedes Rittergut hatte mindestens ein gutsherrlich abhängiges Dorf. Die Domänengüter besaßen häufig deren mehrere. Die meisten Landgemeinden bildeten Bestandteile herrschaftlicher Güter.

Diese Beschaffenheit der preußischen Gutsherrschaft erklärt uns auch die völlige Verschiedenheit zwischen Gutsherrschaft in Preußen und Guts- oder Grundherrschaft in Niedersachsen, welche sich sogar auf den Wortsinn der beiden gleichlautenden Bezeichnungen erstreckt. Gutsherrschaft ohne Rittergutsbesitz war gar nicht denkbar, weil der Name Gutsherrschaft dasjenige Herrschaftsrecht bezeichnete, welches der Rittergutsbesitzer über die zum Rittergut gehörigen Dörfer und ihre Bewohner auszuüben befugt war. Das preußische Rittergut war immer ein Herrschaftsgebiet, der preußische Rittergutsbesitzer war immer ein Gutsherr. Gutsherrschaft bedeutete ursprünglich weiter nichts als Rittergutsherrschaft; die weitere[1] Bedeutung als Inbegriff der Herrschaftsrechte über die zum Gut gehörigen Bauerndörfer scheint dieses Wort erst später erhalten zu haben.

In Niedersachsen sind Grundherrschaft und Rittergut völlig von einander unabhängige Begriffe. Das Rittergut ist hier begrifflich nur ein privilegirter Grundbesitz. Der Rittergutsbesitzer war zwar meistens auch Grundherr von Bauernhöfen; aber begrifflich hatte diese seine Grund- oder Gutsherrschaft mit seinem Rittergutsbesitz nichts zu thun. Es gab viele Grundherren, die keine Rittergutsbesitzer waren, und es gab eine Reihe von Rittergutsbesitzern, die sich nicht im Besitz von grundherrlichen Berechtigungen befanden.


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