Bürgerbuch der Stadt Erfurt 1670-1760/007

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Bürgerbuch der Stadt Erfurt 1670-1760
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Einleitung Das Bürgerrecht – eine große Errungenschaft der Städte im hohen Mittelalter, als zuerst die führenden städtischen Familien eine weitgehende städtische Selbstverwaltung gegenüber den Landesherren durchsetzen konnten. Von der Bürgerschaft gewählte Ratsherren und Bürgermeister hatten nun das Sagen. Auch in Erfurt waren sie bald wichtiger als der Vicedominus des Kurfürsten von Mainz, des Landesherrn, und seine Ministerialen. Im Dreißigjährigen Krieg konnte Erfurt sich vollständig von Kurmainz lösen, war aber doch nicht stark genug, um seine Unabhängigkeit halten zu können. Im Jahre 1664 wurde die Stadt von Kurfürst Philipp von Schönborn, Erzbischof zu Mainz, nach einer längeren Belagerung militärisch besetzt. Früher hatten nur die sogenannten Küchendörfer vor den Toren der Stadt ganz dem Mainzer Kurfürsten gehört; die Stadt selbst hatte zwar dem Kurfürsten unterstanden, sich aber selbst regiert; das Erfurter Landgebiet hatte nicht Kurmainz, sondern allein der Stadt Erfurt gehört. Diese drei Territorien wurden nun zusammengefasst als kurmainzischer Besitz, und dann bald das Fürstentum Erfurt genannt. Dieses neue Staatswesen, das nun aufgebaut wurde, war der absolutistische Staat, der Staat des Fürsten und seiner Beamten, der fachmännisch geleitete, von oben nach unten regierte Staat. Symbol dieser neuen Staatsverfassung wurde der prächtige Barockbau der neuen Statthalterei, wo dann der Statthalter, die Regierung und die Kammer mit ihren Räten saßen. Vom Rathaus wurde nur noch die Stadt ohne das Landgebiet verwaltet, und der Oberratsmeister und die führenden Ratsherren konnten nur noch nach kurfürstlicher Ernennung ihr Amt antreten. Was war und was bedeutete das Bürgerrecht in dieser neuen Epoche? Es war im Rathaus zu beantragen; man musste »ehrlicher« Herkunft sein, den Nachweis erbringen, dass man den Lebensunterhalt aufbringen konnte, einen »ehrlichen« Beruf hatte, und dass man evangelischer oder katholischer Konfession war. Sektierer und Juden wurden nicht zugelassen. Von den Bürgerpflichten waren wichtig: die Beteiligung am Brandschutz bei Feuergefahr, die Verteidigung der Stadt mit der Waffe, und gelegentlich ist auch von Nachtwachen die Rede. Eine besondere Bürgerpflicht wurde 1704 vom Statthalter angeordnet: der Neubürger hatte 12 Bäume zu pflanzen und zu pflegen, bis sie fest angewachsen waren, nämlich Linden, Eichen, Weiden oder Obstbäume, und zwar vermutlich an den Landstraßen (2/130-7 Bl. 1). Wenn der Statthalter den Antrag bewilligt hatte, war der Bürgereid abzulegen, die Verpflichtung auf Treue und Gehorsam zum kurmainzischen Staat und zur Stadt Erfurt. Das Bürgergeld, anfänglich 3 fl. und mehrere kleine Gebühren, waren in der Stadtkämmerei im Rathaus zu entrichten, eine weitere Gebühr in der Statthalterei. Die entsprechende Urkunde, den Bürgerzettel, erhielt man im Rathaus. Das erworbene Bürgerrecht versicherte dem Einwohner den Rechtsschutz durch Stadt und Staat; es erlaubte dem Handwerker, Mitglied der Zunft zu werden, den Meisterbrief zu erwerben und im Rahmen der Ordnungen der Zunft tätig zu werden; es erlaubte eine kaufmännische Tätigkeit im Kleinen wie auch im Großen; es gewährte dem Bürger das Wahlrecht, das aktive wie das passive. Trotz aller Zurückdrängung städtischer Demokratie gab es zum Beispiel noch zu wählende Älteste und Vorstände in den Wohnbezirken, den Zünften, den vier Vierteln. Der Bürger konnte auch Sondererlaubnisse beantragen wie zum Anishandel, dem Waidhandel oder zum Bierbrauen in einem der fünf öffentlichen Brauhäuser, das Biereigen7

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