Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/4/300

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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so bündig und so treffend, daß wir seine Worte zu wiederholen nicht unterlassen können. Dieselben lauten folgendermaßen: „Claus Harms, mit manchem Lutherzug tritt uns jener Mann des Nordelblandes entgegen, Claus Harms, auch er ein Mann aus einem Guß. Aus seinem Volk hervorgewachsen und seinem Volksthum bis zur Mundart und Spruchweisheit ergeben, und doch nicht unempfänglich für den Anhauch von allerlei geistigem und poetischem Leben, der von fernher kam, durch Schleiermachers »Reden über die Religion“ ein-für-allemal vom Rationalismus geheilt, und doch ganz anders als Schleiermacher nachher Lutherscher Realist, durch die Thesen von 1817 eine Geißel des Zeitgeistes, bewundert viel und viel gescholten, ein weitberühmter Mann, aber bis an sein Ende der Heimath treu, endlich auch er wie Nitzsch, nur noch tiefer in den Kampf gezogen, ein Mann des Vaterlandes, der es für christlich gut hielt, auch vor Königen des Volkes Recht zu vertheidigen.“

Diese Harms'schen Thesen erregten in unserem Lande und weit darüber hinaus eine solche Bewegung,[1] daß mehr als 200 Streitschriften dadurch veranlaßt worden sind, und kein anderes deutsches Land damals so sehr wie das unsrige von theologischen Stteitigkeiten bewegt war. Die meisten dieser Broschüren, ja zuerst fast alle, waren Gegenschriften, die allermeisten jedoch ohne wahrhaft theologischen Gehalt. Die bedeutendste dieser Schriften war die von Ammon in Dresden, welche sich für die Harms'schen Sätze erklärte. Auch Schleiermacher sprach in anerkennender Weise über den Inhalt dieser Thesen, bekämpfte aber entschieden den Angriff auf die Union, während Ammon dem Proteste gegen die Union beigetreten war. Die Folge des Thesenstreites war, daß ein neues Leben in unserer Landeskirche erweckt ward, welches zum positiven Christenthume hinstrebte. An manchen Orten füllten die Kirchen, die zuletzt fast verödet waren, sich wieder, und in manchen Gemeinden wurde neues kirchliches Leben sichtbar. Harms selbst hatte sich zuerst durch die Bekanntmachung seiner Thesen die entschiedenste Ungunst der höchsten Kirchenbeamten zugezogen, die über ihn als einen „Demagogen in der Kirche“ an die oberste Behörde in Kopenhagen


  1. Kahnis, Der innere Gang des deutschen Protestantismus, Ausg. 3. Leipzig 1874. II, S. 157–161. Jessen (Pastor zu Grömitz), Gesch. d. Schul- u. Unterrichtswesens der Herzogthümer Schlesw. u. Holst. Hamburg 1860. S. 320–329.