Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte/3/185

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Schleswig-Holsteinische Kirchengeschichte
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Domino. Eine ähnliche Liturgie, wenn auch abgekürzt, fand nachmittags bei der Vesper statt. Auch war vorgeschrieben, daß ein Mal wöchentlich nach der Predigt die Litanei in der Landessprache gesungen werden sollte. Solcher tägliche liturgische Gottesdienst, besonders in den Städten gehalten, diente auch zur Uebung für die Schuljugend, wie die Kirchenordnung ausdrücklich angiebt, und es gestaltete sich derselbe an Sonn- und Festtagen auch zu einer Art von Kinderlehre, indem der Katechismus in lateinischer Sprache mit halblauter Stimme von den Kindern vor dem Schulmeister hergesagt wurde.

Wie aus unserer Darstellung erhellet und auch allgemein bekannt ist, verstummten bei der Reformation die althergebrachten lateinischen Lieder nicht in der Kirche, und die deutschen Kirchengesänge bildeten noch lange eine Ausnahme; worüber man sich nicht wundern kann, denn die Sitte, zumal die kirchliche, ist „zäher Natur, sie verändert sich nicht plötzlich, sondern allmälig“, und das in der Vorzeit noch mehr als in der Neuzeit. Indessen war doch durch die Reformation der Bann gelöst worden, den der Katholicismus gleichsam auf den Gemeindegesang und die Muttersprache im Gottesdienste gelegt hatte. Selbst im siebenzehnten Jahrhundert behielten freilich die lateinischen Gesänge ihre Geltung neben den deutschen, ja erst gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts sind sie gänzlich verstummt in der Kirche[1]. Als die Reformation begann, da waren die nöthigen Lieder in deutscher Sprache noch gar nicht vorhanden, und Luthers Lieder waren anfangs hauptsächlich Bearbeitungen lateinischer Gesänge. Er hatte selbst besondere Freude an den schönen lateinischen Hymnen, und seinem Sinne entsprach es durchaus nicht, daß sie ganz aus dem Gottesdienste verschwinden sollten. Er sagt vielmehr darüber wörtlich[2]: „Ich will in keine Wege die lateinische Sprache aus dem Gottesdienste ganz lassen wegkommen, denn es ist mir Alles um die Jugend zu thun. Und wenn ich's vermöchte, und die griechische und hebräische Sprache wäre uns so gemein, als die lateinische, und hätte so viel seiner Musica und Gesanges, als die lateinische hat, so sollte man einen Sonntag um den andern in allen vier Sprachen, deutsch, lateinisch, griechisch und hebräisch, Messe halten und singen.“


  1. Johannes Geffcken, a. a. O.
  2. Das. Einl. S. X.