Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)/13

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Ludwig Carl Wilhelm von Baumbach-Kirchheim – Erinnerungen aus dem Leben eines hochbetagten Mannes (1799 – 1883)
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18. Oktober. Wenige Tage darauf hörte ich während eines Treibjagens aus der Ferne den ersten Kanonendonner in meinem Leben, veranlaßt durch einen Angriff der Kosaken auf die retirierende Französische Armee bei Vacha. Nach der Wiederherstellung des Kurfürstentums Hessen hatte solches natürlich sein Kontingent zu der Deutschen Armee gegen Frankreich zu stellen. Ich ließ nicht nach, meine Eltern mit der Bitte zu bestürmen, mich in solches eintreten zu lassen, welchem endlich mein guter Vater in der eigenen Begeisterung für Deutschlands Befreiung nachgab, mich Anfang Dezember mit nach Kassel nahm. Dort stellte er mich dem Kurfürsten Wilhelm 1. vor und bat, doch wohl eingedenk meiner zu großen Jugend für einen Feldzug mich in seiner Garde als Fahnenjunker zu plazieren, was dann der alte Herr huldvoll mit den Worten: "Da kommt er bei mir an." aufnahm. Ich dagegen, in meiner knabenhaften Begeisterung für einen Feldzug gegen den Feind, auch wohl den Spott fühlend, welche damals die Hessische Garde in ihren veralteten Uniformen und steifen Zöpfen allgemein in Kassel erregte, bestürmte den guten Onkel Ernst, welcher sich in Kassel befand, solange, bis mir derselbe ein Patent als Sekondleutnant in dem Regiment "Landgraf Karl", für die Kampagne bestimmt, auswirkte, schon Ende Dezember. So trat ich denn wirklich ein 14-jähriger Knabe in dasselbe ein, welches bereits im Januar 1814 seinen Marsch nach Frankreich antrat, wozu mir mein Vater sein eigenes Reitpferd, einen Schecken, welchen er von einem Kosakenoffizier eingetauscht hatte, ein ungezogenes wildes Tier, welches mich unzählige Male abwarf, ehe ich Meister desselben wurde, mitgab.

Das Regiment war aus größtenteils ganz roher, eben ausgehobener Mannschaft zusammengesetzt, welche notdürftig in den Handgriffen mit Beihilfe von Unteroffizieren aus dem westfälischen Dienst eingeübt wurde in der Garnison zu Hersfeld, die Kompanie bei welcher ich stand, zuletzt in Oberngeis. Ich, in meiner gänzlichen Unwissenheit, spielte eine klägliche Rolle dabei, da mich selbst niemand unterrichtete, und ich kam auf dem[GWR 1] späteren Marsch oft in die größte Verlegenheit, da ich mich natürlich bei Führung meines Zuges selbst in die einfachsten Evolutionen, welche kommandiert wurden, nicht zu finden wußte, bis ich dieselben nach und nach lernte. Noch weit schlimmer war es indessen für mich, daß ich in ein so
wüstes und rohes Offizierscorps einzutreten gezwungen war, größtenteils aus dem westfälischen Unteroffiziersstand hervorgegangen, welches mich einen reinen Jungen natürlich mit nichts weniger als günstigen Gefühlen aufnahm, um so weniger, als ich ein älteres Patent, als viele von ihnen erhalten hatte. Gar manchen harten Verführungen war ich dabei ausgesetzt, welchen ich auch nur zu häufig unterlag und Gefahr lief, körperlich und geistig dadurch unterzugehen, hätte nicht Gottes Vaterhand über mir gewacht, welches ich freilich erst durch spätere Einsicht bei dieser Gelegenheit, wie bei so vielen anderen erkennen lernte. Das Hessische Corps wurde 1814 allein zu den Blockaden von Luxemburg, Thionville und Metz verwendet, ein langweiliger, dabei doch ermüdender und beschwerlicher Dienst, in welchem nur durch Ausfälle aus den Festungen Abwechslung kam. Nach dem[GWR 1] Friedensschluß standen wir einige Monate in Luxemburg in Garnison und kehrten im Herbst nach Hessen zurück, wo ich bald in das Grenadierbataillon Lossberg, halb aus Regiment Landgraf Carl halb Prinz Solms zusammengesetzt, versetzt wurde mit der Garnison Kassel.



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