Kurze Chronik der Familie Kypke/034

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Kurze Chronik der Familie Kypke
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Hochschule nicht bestehen könne. Er bot sogar Gehaltszulage und versprach, ihm die Actuariatsstelle zu übertragen, sobald der bejahrte Inhaber dieselbe aufgebe.

      Allein K. blieb seinem Entschlusse fest, dankte herzlich für soviel Güte und zog mit 20 Thalern in der Tasche nach Stettin und bat um Aufnahme in das Marienstifts-Gymnasium. Doch legte ihm der alte Schulrat und Direktor Koch, welchen die Schüler wegen seiner langen und gebogenen Nase, sowie wegen der Schärfe seiner Augen „accipiter“ (=Habicht) nannten, große Schwierigkeiten in den Weg. Er wollte ihn teils wegen seines Alters, teils seiner Armut wegen, weil er fürchten mochte, von ihm keine Aufnahme-Gebühren zu bekommen, nicht aufnehmen. Auf das anhaltende Bitten des lernbegierigen Jünglings aber sagte er zuletzt doch Ja ! und setze ihn unter die Kleinen nach Quinta. Hiermit begann nun ein mühseliges Schülerleben für den Neunzehnjährigen !

      Seine fromme Mutter hatte ihm ihren Segen mit auf den Weg gegeben und betete fleißig für ihn. Allein zeitliche Güter vermochte sie ihm nicht zu schicken, weil sie dieselben nicht besaß. Da erweckte der liebe Gott, an den er sich in seiner Not wandte, mitleidige Herzen, welche ihn mit Geld und Freitischen unterstützten, do daß er nicht zu hungern brauchte. Wenn auch seine Dachkammer im Winter nicht zu heizen war, so brauchte er doch nicht zu frieren, weil gutgesinnte Mitschüler ihm erlaubten, daß er sich in ihrer warmen Stube aufhalten und erwärmen durfte.

      Seine Bildung war und blieb in den unteren Klassen des Gymnasiums eine mangelhafte. Die Lehrer richteten selten eine Frage an ihn, weil sie der Meinung sein mochten, daß ein so großer Mann das alles schon wissen müsse, was in Quinta gelehrt wurde. Wegen seiner Größe und ehrbaren Miene aber machten sie ihn schon im ersten halben Jahre zum Primus der Klasse, in der Hoffnung, daß er die fehlende Ordnung unter seinen kleinen Mitschülern werde herstellen helfen. Dies war nun freilich nicht leicht. Er mußte in den Zwischenpausen, wo es besonders laut zuging, manchmal einen kleinen Knirps, der ihm nicht gehorchen wollte, in das große Schulspind einsperren. Das half; die Schulzucht war bald hergestellt, worüber die Lehrer besonders erfreut waren. K. erhielt gute Zeugnisse; weil er aber im Französischen noch schwach war, so wollte der Direktor ihn nicht nach Quarta versetzen. Da erbot sich jedoch ein ihm freundlich gesinnter Oberlehrer und später der französische Lehrer Milleville, ihm Nachhilfestunden im Französischen zu geben. Aus Dankbarkeit hierfür ordnete er des Letzteren Bibliothek. Die Lücken im Französischen waren bald ausgefüllt, so daß er in Quarta ziemlich fertig französisch sprechen lernte.