Kreis Düren/Adressbuch 1954/Amt Lucherberg

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Kreis Düren/Adressbuch 1954
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Amt Lucherberg

Wappen Amt Lucherberg

Die heutige Gebietskörperschaft des Amtes Lucherberg ist aus den Bürgermeistereien Pier und L a m c r s d o r f entstanden. Beide wurden am 1. 4. 1816 gebildet. Die Bürgermeisterei Pier gehörte zum Kanton Düren und die Bürgermeisterei Lamersdorf zum Kanton Eschweiler. In der Bürgermeisterei Pier amtierte als erster Bürgermeister Herr Stein auf der Pochmühle bei Langerwehe. In der Bürgermeisterei Lamersdorf hatte Freiherr von Goldstein auf Gut Merödgen das Amt des ersten Bürgermeisters inne. Im Jahre 1855 wurden beide Bürgermeistereien unter dem Bürgermeister Mathias Spieß zu einer Personalunion verbunden, d. li. Bürgermeister Spieß verwaltete beide Bezirke. Er amtierte bis 1880 und übergab seine Geschäfte an Herrn Bürgermeister Jakob Kratz, der bis 1920 dem Amte vorstand und sein, 40jä'hriges Dienstjubiliium feiern konnte. Sein Sohn Hans Kratz übernahm die Nachfolgcschaft und stand den Bürgermeistereien Pier und Lamersdorf bis zum 1. 5. 1935 als Bürgermeister vor. An diesem Tage wurde das heutige Amt Lucherberg aus den Bürgermeistereien Pier und Lamersdorf gebildet. Allerdings fielen die Orte Jüngersdorf und Stütgerlocli, die bis dahin zur Bürgermeisterei Pier gehörten, an das Amt Langerwehe. Herr Bürgermeister Hans Kratz wurde Amtsbürgenneister. Er blieb bis zur Evakuierung im Amte und konnte leider nicht mehr sein 25jährigcs Dienstjubiläum im Jahre 1945 begehen.

Durch die schweren Kämpfe an der Rurfront in den Wiiiternionatcn 1944^45 wurde der Amtsbezirk Lucherberg von der Kriegsfurie sehr schwer heimgesucht. Als Ende 1944 die Kriegs-liandlungcn in unserem Bezirk einsetzten, wurde das ganze Gebiet von Menschen und Vieh zwangsweise geräumt. Hin und her wogten die Kämpfe. Bis zu sieben Mal wechselten einige Dörfer ihren Besitzer. Trümmer, wohin man blickte, fanden die Einwohner nach der Rückkehr aus der Evakuierung wieder. Die meisten Häuser mit Stallungen und Scheunen waren restlos vernichtet, Kirchen und Schulen zertrümmert, Straßen und Brücken zerschlagen. Weit und breit war das Gebiet vermint. Es war ein Bild des Schreckens und des Grauens.

Ohne Hausrat und ohne Existenzrückhalt verzagten die heimatverbundenen und fleißigen Einwohner nicht. Sie hatten die Heimat wieder! In Trümmerresten von Häusern, Ställen und Scheunen schafften sie sich wetter- und wasserfeste Ecken und packten zu. Alles half mit, Frauen, Söhne und Töchter und selbst Kinder waren am Bau tätig. Alles, was an Trümmern noch verwertet werden konnte, wurde wieder verwandt. So entstanden langsam wieder unsere Dörfer, und wenn heute ein Fremder durch unsere Dörfer kommt, so staunt er wohl über die einzigartige Aufbauarbeit, die in allen Orten geleistet wurde. Es ist zu hoffen, daß nie wieder ein Krieg das Neugeschaffene zerstört.

Alle Orte des Bezirkes können viele Jahrhunderte ihres Bestehens nachweisen.

Der Ort Pier ist sehr alt, sicher so alt wie Jülich und vielleicht älter als Düren. Seine erste geschichtliehe Erwähnung als „Mark" und „Pfarre" im neunten Jahrhundert verweist wohl seine älteste Geschichte in weit frühere Zeiten zurück. Von dieser ältesten Zeit reden die Steine und Denkmäler mit ihren Zeichen und Inschriften. Uober Pier führte die alte Römerstraße von V e n 1 o bis nach K r ö v an der Mosel. Ueber die Kriegswirren hinweg konnte die im 12. Jahrhundert erbaute Kapelle in Vilvenich nocli gerettet werden. Leider fielen aber die meisten denkmalwerten Bauten der Kriegsfurie zum Opfer. Heute zählt die Gemeinde 15<10 Einwohner.

Die (icmeiiide Lamersdorf, an der Mündung des Wehebaches in die Inde gelegen, zählt wohl ebenfalls zu den ältesten Dörfern im Kreise Dürcn. Früher hieß der Ort Lambertsdorf und Anfang des 15. Jahrhunderts Lamers torp. Die älteste Urkunde, die über Lamersdorf noch vorhanden ist, stammt aus dem Jahre 869 und ist ein üüterverzeichnis Kaiser Leo I. Die Pfarrkirche des Dorfes stammt aus dem 15. Jahrhundert, wahrscheinlich sind das Chor und die Sakristei noch älteren Datums, Eine der ältesten Papierfabriken unserer Umgebung ist die „Papierfabrik Lamersdorf", die dem Ort das Gepräge gibt.

Das Dorf Frenz dürfte keltischen Ursprungs sein. Zahlreiche Gräberfunde erhärten diese Annahme. Die älteste Form des Namens der Burg und Herrschaft von Frenz heißt: „Bregentzo" — E d e 1 h o f, später wird der Name abgewandelt in Vrence, Vrentze, Vraenze, Frenz. Die Edlen von Frenz haben in der Geschichte Kölns eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. 11(14 kommt Harper von Vregentzo in einer Urkunde des Stiftes Maria ad gradus in Köln vor. Politisch gehörte Frenz zum Herzogtum Jülich und zwar zum Amte Willielmstein. In diesem Amte gab es die Unterherrschaften: Frenz, 'Heiden, Kinzwciler, Merode, Stolberg und Weisweiler. Diese Unterherrschaften waren alle freie Besitzungen. Ihre Inhaber hallen stets eine große Selbständigkeit und Unabhängigkeit bewahrt. Heute zählt der Ort 60Ü Einwohner. Zwischen Frenz und Weisweiler entsteht zur Zeit das größte'Elektrizitätswerk Europas.

Die Amtssitzgemeinde L u c h e r b e r g ist ein kleiner Industricort, der ungefähr 500 Einwohner zählt. Das Brikettwerk der BIAG-Zukunft, die kahlen Halden und der im südlichen Teil des Ortes gelegene „Luchcrberger-See" weisen auf den Abbau und die Verarbeitung von Braunkohle hin. Bereits im Jahre 1890 wurde die Gewerkschaft „Lucherberg" gegründet und 1901 die erste Brikettfabrik errichtet. Der Lucherberger See, eine ehemalige Braunkohlengrube, hat ein Fassungsvermögen von rund 7 000 000 cbm Wasser, das als Industriewasscr in den Braunkohlenwerken Luchcr-berg und Weisweiler verbraucht wird.

Das Dörfchen Luch e m , zwischen Lucherberg und Langerwehe gelegen, dürfte wohl früher eine Stammburg einer Aachener Schöffenfamilie „von Luche m" gewesen sein. Gerhardus de Lucheiie und Johannes de Luchem sind zuerst im 13. Jahrhundert erwähnt. Heute zählt der Ort rund 250 Einwohner und weist in seiner Struktur eine gesunde Mischung von einer gutgehenden Landwirtschaft und Industriearbeiterschaft auf.

Der Ort Schophoven umfaßt 651 ha Fläche und zahlt rund 600 Einwohner. Wenn auch der weitüberwiegende Teil der Bevölkerung in der Industrie und im Handwerk beschäftigt ist, so weist der Ort doch eine sehr starke Prägung zu einer gesunden und bedeutenden Landwirtschaft auf. Der Ortsname Schophoven, schließt auf das 13. Jahrhundert, und es ist wohl anzunehmen, daß vor dieser Zeit Schophoven nicht bestanden hat.

Aelter als Schophoven ist das Rittergut „M ü 11 e n a r k". Hier handelt es sich um eine alte Wasserburg, die die erste Erwähnung im Jahre 1078 findet, und heute noch als größeres landwirtschaftliches Gut bekannt ist. Der Haupterwerbszweig der Bevölkerung des Bezirkes war bis zum 19. Jahrhundert die Landwirtschaft. Bereits zur Zeit der Römer war die fruchtbare Gegend zwischen Rhein und Maas bekannt. Und heute hört unser Bauer noch gerne den Spruch:

„Zwischen Pier und Merke«  ■ liegt das Haus Verken. Zwischen Maas und Rhein ist kein Acker so fein!" Die fortschreitende Technik und das Aufblühen der Industrie hat auch hier einen Strukturwandel geschaffen. Besonders aber verdrängte die Uraunkohlenindustrie die Landwirtschaft und nahm große Flächen Land in Anspruch, die heute zum Teil noch verödet und brach da liegen.

Nur noch 20 % der Amtsbevölkerung sind heute noch in der Landwirtschaft tätig. Die übrigen 80 %> sind in den verschiedensten Berufen des Handwerks, der Industrie und des Handeis in den nahegelegenen Werken und Werkstätten beschäftigt.