Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)/050

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Instructionsbuch für den Infanteristen (1872)
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einmal gewaschen haben und eine Bürste für ein sehr überflüssiges Möbel halten, denen wird dann die Reinlichkeit dienstmäßig beigebracht und die Pünktlichkeit erst recht! Besser ist es aber, wenn das eigene Nachdenken und die eigene Einsicht dem Stuben-Aeltesten und Corporalschaftsführer diesen Dienstzweig erleichtert. Saubere Hände -- sauberer Sinn! ist ein bewährtes altes Sprüchwort, und welchen Eindruck ein unsauberer Soldat macht, wenn man die Veranlassung dazu nicht gleich mitsieht, das weiß der Rekrut eben so gut, wie alle Bürger einer Stadt. Im Küchendienst, beim Quartierreinigen, beim Ausklopfen aud der Kammer , im Bivouacq und wo sonst gearbeitet werden muß, kann der Soldat nicht immer so sauber sein, wie beim Antreten zur Parade oder beim Kirchgang; aber wo er es sein kann, muß er es sein und ist es Gott sei Dank! in Preußen auch. Kürzer und besser ist es aber immer, wenn der Soldat nicht alleine reinlich sein muß, sondern auch reinlich sein will.

      Die Pünktlichkeit ist auch so ein Ding, über welches der junge Soldat sich anfangs allerlei Gedanken macht und meint, wenn um 9 Uhr exercirt werden soll, könnte man allenfalls erst um ¾9 Uhr antreten und nicht um 8 Uhr oder noch früher; oder: wenn nur im befohlenen Augenblick Alles beisammen ist, dann kann ja alle Welt zufrieden sein! Hat er die Sache aber nur erst ein Jahr lang durchgemacht, dann wird er solche Gedanken nicht mehr haben und einsehen, was Alles nöthig ist und geschehen muß, um ein Bataillon zu einer bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort und vollkommen dienstbereit zu bringen. Im Kriege befiehlt der commandirende General: ²Das Armee-Corps steht morgen früh 5 Uhr bei dem und dem Dorfe", und es ist die Sache der Regiments-Commandeure, Bataillons-Commandeure und Comapgnie-Chefs, ihre Mannschaft dahin zu bringen, gleichviel ob gutes oder schlechtes Wetter, gangbare oder grundlose Wege, weit entlegene oder eng zusammengelegte Quartiere die Erreichung des bestimmten Ortes begünstigen oder verhindern. Selbst wenn es zum Exerziren geht, kann man nicht wissen, ob eine langgezogene Brücke, andere, in derselben Richtung oder quer vorbei marschirende Truppen, eine Feuersbrunst u.s.w. den Marsch hindern oder aufhalten. Ein Zuspätkommen kann aber im Kriege vielen Tausenden das Leben kosten und großes Unglück über das Land bringen; darum darf es auch im Frieden und für die Uebungen nicht stattfinden und muß der Soldat so an Pünktlichkeit gewöhnt werden, daß er ganz unwillkürlich und wie eine daauf gestellte Uhr nie auf sich warten läßt. Alles, was im Großen und für das Ganze unerläßlich ist, muß schon im Kleinen geübt werden, und was für ein Armee-Corps beobachtet wird, muß auch für eine Corporalschaft gelten. Das Verlesen der Compagnie, das Nachsehen des Anzugs und Gepäcks, die Prüfung der Waffen muß vor dem Abmarsch zum Dienste geschehen und verlangt Zeit. Fehlt ein Mann aus irgend einer Ursache, so muß so viel Zeit bleiben, ihn noch herbeizuholen. Versäumt einer im Felde aus irgend einer Ursache, die an und für sich wohl zu entschuldigen wäre, zur rechten Zeit auf dem Stellungsplatz zu sein, so kann er vielleicht Wochen lang umherirren, ehe er seinen Truppentheil wieder findet, und was das heißt, davon haben manche Kameraden aus dem Feldzuge von 1866 kuriose Dinge erzählt. Pünktlichkeit in allen militärischen Obliegenheiten ist daher, wie das Gewicht oder die Feder einer Uhr, dasjenige, was eigentlich das ganze zusammengesetzte Räderwerk im Gange erhält und muß deshalb so unablässig geübt werden, daß sie gar nicht mehr ein Ergebnis des Nachdenkens ist, sondern jedem Soldaten zur zweiten Natur wird, Außer der Instruktion wirkt auf diese Gewöhnung auch noch fleißig und mit großer Emsigkeit der Arrest, welcher nun einmal zum Soldatenstande so gewiß dem Vergehen folgt, wie der Donner auf den Blitz. Bloßer Donner ohne Blitz und Einschlag das ist der dienstliche Rüffel; auch keine angenehme Sache!

      Dmit wären wir auf dem Exercirplatz angelangt, wo das Lesen des Instruktionsbuches aufhört und das: Kopf hoch! Brust heraus! Hände an die Hosennaht!