Handbuch der praktischen Genealogie/395

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Römer und mir betont worden ist, auf die ärztliche Diskretion sorgfältig Rücksicht genommen werden, und es empfiehlt sich bei Veröffentlichungen darüber, die Namen völlig zu ändern oder sie vielleicht, wie das in den Veröffentlichungen aus meiner Klinik geschieht, durch systematisch verstellte Anfangsbuchstaben zu ersetzen; der Kundige kann dann nach einem bestimmten Schlüssel die falschen Anfangsbuchstaben in die richtigen umsetzen. Man wird sich in psychiatrischen Veröffentlichungen, besonders wenn sie familiäre Gruppen betreffen, voraussichtlich immer mehr einer solchen Geheimbezeichnung bedienen müssen.

      Die psychiatrisch-genealogische Zentralisation innerhalb der einzelnen Bundesstaaten muß ihre naturgemäße Ergänzung finden in einer psychiatrischen Abteilung des Reichsgesundheitsamtes, wie ich sie im Anschluß an den Internationalen Kongreß für Psychiatrie von 1910 in der Psychiatrisch-Neurologischen Wochenschrift vorgeschlagen habe. Jedenfalls ist es notwendig, die zur Zeit bestehende geschichtlich bedingte Zersplitterung der psychiatrischen Organisation durch eine derartige Zentrale beim Reichsgesundheitsamt zu ergänzen, in welcher die psychiatrischen Fäden aus den betreffenden Abteilungen der einzelnen Bundesstaaten zum Zweck der Verarbeitung unter gemeinsamen Gesichtspunkten zusammenlaufen könnten. Eine sehr wichtige Aufgabe dieser Organisation ist eine systematische psychiatrische Familienforschung.

      Während diese Ausführungen sich auf die Frage der Heredität der wegen Geisteskrankheit in die Anstalt gelangenden Patienten beziehen, hat sich andererseits die Frage erhoben, wieviel von den nicht geisteskrank gewordenen Mitgliedern der Bevölkerung durch das Vorkommen von Geisteskrankheiten in der Blutsverwandtschaft als erblich belastet erscheinen. Diese Gegenfrage ist besonders von Diem aufgeworfen und bearbeitet worden. Dabei hat sich ergeben, daß bei diesen aus Schweizer Verhältnissen abgeleiteten Zahlen eine sehr erhebliche Menge von Geistesgesunden im statistischen Sinn als erblich belastet erscheinen oder, wenn man den Tatbestand biologisch anders wenden will: daß in Familien, in denen Geisteskrankheiten vorkommen, auch eine große Zahl von geistig Normalen vorhanden sind.

      Allerdings ist dabei auf die große Schwierigkeit von solchen Untersuchungen hinzuweisen, da es bei der Prüfung der Frage selbstverständlich sehr wesentlich auf das Alter der Betreffenden ankommt und man nicht wissen kann, ob der Einzelne, wenn er aus erblich belasteter Familie stammt, nicht doch noch später erkrankt, während er in der Statistik als geistesgesund auftritt. Ferner ist außerordentlich zu achten auf das besondere Material, aus welchem solche Schlüsse gezogen werden, wobei territoriale Verhältnisse, besondere Beziehungen des Untersuchenden zu den Gruppen der Untersuchten u.a. in Betracht kommt. Jedenfalls ist aber der von Diem durchgeführte Gedanke einer Untersuchung der Geistesgesunden vom Standpunkt der psychiatrischen Familienforschung an sich durchaus richtig und verdient hier als besondere Methode hervorgehoben zu werden.

      Prinzipiell ist für die psychiatrische Familienforschung zu fordern, daß