Stubben Nr. 4

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Hierarchie

Regional > Bundesrepublik Deutschland > Niedersachsen > Landkreis Osterholz > Platjenwerbe > Stubben

1912 - Henny Hasselbach, geb. Bödeker, mit Sohn Friedrich
1875 Ur-Kataster Ausschnitt

Einleitung

Stubben Nr. 4, Hof in Stubben, später zu Platjenwerbe, jetzt Gemeinde Ritterhude, Kreis Osterholz, Niedersachsen.
Adresse: Dorfstraße 8. Lage auf der Höfekarte anzeigen.


Geschichte des Hofes

Allgemein

Zu dieser historischen Wohnstelle gibt es eine durchaus interessante und zu der Zeit ungewöhnliche Geschichte um eine Mischehe zwischen Weiß und Schwarz und die damit verbundenen Problemstellungen. Dabei werden insbesondere die Verhältnisse in den Südstaaten der USA, in diesem Fall Georgia, um das Jahr 1860 deutlich.

Aber auch in der Generationenfolge hier, zeigt sich während der NS-Zeit die Besonderheit, daß zum Erhalt des seinerzeit für jedermann vorgeschriebenen Ehetauglichkeitszeugnisses, für den Tischlermeister Friedrich Hasselbach 1936 sehr weitgehende, aus heutiger Sicht ganz unvorstellbare, unwürdige Untersuchungen und Befragungen durch einen Amtsarzt des Gesundheitsamtes stattfanden. Die Ergebnisse wurden in entsprechenden normierten Untersuchungsbögen dokumentiert. In diesem Fall wurden alle Kinder und Kindeskinder nach der Eheschließung von Friedrich Bödeker mit Mary Elisabeth Sengstake in die Prozeduren mit einbezogen. Das Urteil des Amtsarztes:

Der Proband „ trägt leichte Merkmale fremdartigen Rasseneinschlages: eine fahlgelbliche Haut und kreolenhafte Gesichtszüge. Da er sich in seiner seelischen Veranlagung als mindestens gut begabt und als fähig erwiesen hat, erscheint seine Ausschließung von der Fortpflanzung innerhalb des deutschen Volkskörpers nicht unbedingt erforderlich.“

Dieser Befund ging dann im Mai 1936 an den Regierungs-Präsidenten in Stade zur endgültigen Entscheidung. In seiner Antwort an den Amtsarzt ist ausgeführt: (Einfaches Handschreiben der Abt. 12 I M mit Stempelaufduck Regierungspräsident)

„Die Ehetauglichkeit ist gemäß Erlaß des Reichsministers des Innern vom 24. Februar 1936 (vertraulich) abzulehnen, wenn ein Großelter „besonders rassefremden“ Blutes ist. Ist dagegen weniger als ein Großelter in dt. Sinne vorgefunden, wie das bei dem Probanden der Fall ist, so darf die Ehetauglichkeit nur mit Genehmigung des Ministers abgelehnt werden. Im vorliegenden Fall halte ich es nicht für gegeben, daß „ auf Grund des rassischen Aussehens“ des Probanden die Ablehnung des Ehetauglichkeitsattestes geboten erscheint. Ich stelle anheim das Ehetauglichkeitsattest auszustellen.

(Quelle: NLA-Staatsarchiv Stade, Rep. 138, Osterholz Nr. 596)
Das Reichsgesetzblatt von 1935 mit Anlagen wird unter ergänzende Angaben dargestellt. (Quelle: Staatsarchiv Bremen)


Die Geschichte beginnt in Savannah im Jahre 1846 und soll an dieser Stelle nur auszugsweise dargestellt werden, eine ausführliche Dokumentation wird folgen.

Der Sklavenhandel war offiziell durch die Regierung im Jahre 1808 abgeschafft worden, aber Sklavenhändlerbanden importierten Neger aus Afrika – Angola, Sierra Leone, Gambia, Nigeria – zusammengepfercht in Schiffen und schmuggelten die „Ware“ auf die Sklavenmärkte von Savannah.

Der Seefahrer Hermann Hinrich Sengstake, geboren 1815 in Neu-Schönebeck, hatte 1831 als Junge für eine Reise nach Cuba angeheuert. Weitere Reisen sind 1832 nach Richmond/Virginia, 1834 nach Westindien und 1836 nach New York dokumentiert. Wie er in der folgenden Zeit nach Savannah in Georgia kam, was der Wahl des Ortes, an dem er dann ein Lebensmittelgeschäft führte, zugrunde lag, ist nicht belegt.

Es wird berichtet, daß er eines Abends bei einem Spaziergang eine Sklavenauktion im Hafen sah. Er hörte die Rufe der Versteigerer und die Klagerufe der Sklaven. Unter den zur Versteigerung Anstehenden waren junge Frauen, gehüllt in ein grobes Stück Stoff, das am Hals mit Zugschnüren befestigt war. Käufern stand es frei, diese Gewänder zur genaueren Betrachtung zu lösen. Dieses Bild, völlig gefühllos behandelter, verzweifelter, hilfloser Menschen, muß den mit den Methoden des Sklavenhandels unerfahrenen Neuankömmling sehr erschüttert haben, jedenfalls kaufte er ein scheues, weinendes Mädchen mit Namen „Tama“, dessen Not er fühlte, spontan frei.

Um 1880 - Mary Elisabeth Bödeker, geborene Sengstake
Um 1910 - Henni Bödeker

1847 heiratete Hermann Hinrich Sengstake diese Tama in Charleston, South Carolina, da in Georgia Mischehen nicht erlaubt waren. Es wurden vier Kinder geboren, zwei Jungen und zwei Mädchen. Bei der Geburt der letzten Tochter 1851 verstarb die Mutter. Auch zwei der Kinder verstarben früh, vor 1860. Der Vater brachte die Mischlingskinder Johann Hinrich und Mary Elisabeth – in Georgia waren Kinder auf Lebenszeit per Gesetz dem Stand der Mutter zugeordnet, der Sklavenstatus war erblich – schließlich nach Deutschland zu Verwandten.

Das nächste dokumentierte Datum ist die Taufe der beiden am 12. April 1862 in Bremen-Lesum, St. Martini. Ein Nachweis zu einem Schulbesuch ist noch nicht erbracht. Johann Hinrich Sengstake, geboren am 27.01.1848 in Savannah, Wohnort Neu-Schönebeck, heuert gerade 15-jährig, als Junge an. 1866 desertiert er in Cardiff von Bord und taucht 1869 als Volljähriger nach dem Tod seines Vaters wieder in Savannah auf. Über sein weiteres Leben in Amerika wird ausführlich berichtet.

Aus dem Testament des Vaters aus dem Jahre 1860 ist u.a. überliefert: „Hiermit vermache ich meinen Kindern sobald sie das einundzwanzigste Lebensjahr erreicht haben werden, meine schwarzen Sklaven Rose und Ansel, mitsamt den künftigen Nachkommen besagter Rose, sie zu haben und als Sklaven zu besitzen, sowie ihre Erben und Nachkommen auf ewige Zeiten.“

Für unsere Dokumentation der Dorfgeschichte von Platjenwerbe und Stubben ist natürlich das weitere Geschehen um die Mulatten-Tochter Mary Elisabeth Sengstake von besonderem Interesse. Nach Angaben zum Ehetauglichkeitsverfahren 1936 von Friedrich Hasselbach, wurde sie in einem Bremerhavener Pensionat erzogen, lebte dort, zu Wilhelmshaven und zu Schönebeck bei Verwandten. Sie fand ihren Ehemann in dem Seefahrer Friedrich Bödeker, geboren 1846 in Platjenwerbe. Die standesamtliche Verbindung ist am 6. April 1877 vor dem Standesamt Lesum dokumentiert. Die Hochzeit fand am 8. April im Hause in Stubben Nr. 4 statt.

Die Heiratsurkunde enthält folgenden Hinweis: Dem Seefahrer Friedrich Hanken, genannt Bödeker, ist mit Genehmigung des Königlichen Amtshauptmanns in Blumenthal vom 6. Januar 1879 zur Führung des Familiennamens Bödeker für sich und seine Nachkommen erteilt.

Es ist nicht bekannt, ob es eine Beziehung zwischen Sengstake und Bödeker aus Seefahrerzeiten gegeben hat, ob sie ggf. zusammen auf gleichen Schiffen fuhren.

Mary brachte im Hause Stubben Nr. 4 vier Kinder zur Welt: Meta 1878, Friedrich 1881, Georg 1883 und Henni 1886.

In der Folge heiratete die Tochter Henni Bödeker 1910 den aus Lesum stammenden Diedrich Hasselbach. Man wohnte zunächst bis 1934 im Hause Stubben Nr. 4. Drei Kinder entstammten dieser Ehe, 1911 Friedrich, 1915 Else (starb 1917 an Lungenentzündung) und 1920 Heinz Hasselbach.

Im Dezember 1934 ersteigerte Diedrich Hasselbach das zum Verkauf stehende Anwesen Stubben Nr. 11 von der Witwe Adelheid Blendermann und zog mit seiner Familie dorthin. Der Sohn Heinz Hasselbach ist im II. Weltkrieg 1942 im Osten gefallen. Friedrich war damit Alleinerbe geworden. Er heiratete Erna Mahlstedt aus Stubben Nr. 2.


1950 wurde wurde die Stelle nach einigen vorherigen Besitzerwechseln von Heinrich Hans Wefing aus Bremen erworben. Unter "Erzählungen und Anekdoten" am Ende dieser Seite befindet sich ein Bericht des Sohnes Heinrich aus dem Jahr 2009.



Chronologische Dokumentation


1820-1846 (Langenholzteilung und Verkoppelung):
Der 1/18 Höfner Ulrich erhält bei der Verkoppelung entsprechend seiner Stellengröße insgesamt eine Fläche von 0,5820 Kuhweiden, und zwar

(1) den Anschuß vor dem Hause (Weideland)
(2) auf dem Bördel (Plaggenhieb)
(3) im sogenannten Holze neben den Fühlen (Weideland)
(4) am Wege von Brundorf nach Heilshorn (Schullenstich),

worin eine Vergütung für dessen Schullenstich enthalten ist.



1852 (Einwohnerliste):
Urliste der Einwohner und Wohngebäude in Stubben, am 3. Dezember 1852, aufgenommen von Bauermeister D. Jachens aus Stubben:

Brinkköther, Tagelöhner Fritz Bödecker (30), Ehefrau Margaretha (30), Sohn Fritz (7), Sohn Joh. Hinr. (4), Sohn Georg (2), Schwiegermutter Dorothea Müller (56), Häusling Betha Otten (20), deren Tochter Christina Gartelmann (2).



1861 (Einwohnerliste):
Urliste der Einwohner und Wohngebäude in Stubben, am 3. Dezember 1861, aufgenommen von Vorsteher Georg Krudop aus Stubben:

Brinkköther Fritz Bödeker (40), Ehefrau Metta (30), Sohn Fritz (16), Sohn Heinrich (12), Tochter Rette (10), Sohn Georg (8), Tochter Metta (6), Tochter Gesiene (2), die alte Mutter (77).



1864 (Einwohnerliste):
Urliste der Einwohner und Wohngebäude in Stubben, am 3. Dezember 1864, aufgenommen von Vorsteher Claus Ahlers aus Stubben:

Seefahrer Fritz Bödekehr (38), Ehefrau Meta (44), Sohn Georg (13), Tochter Zavie (Sophia) (4), Tochter Meta (1).



1874/75 (Grundsteuer):
Bei der Grundsteuerveranlagung wird in den Gemarkungsakten zum Ur-Kataster von Stubben für Stubben Nr. 04 sind dem Schiffer Fritz Bädeker folgende Flächen zugewiesen:
Blatt 2 Parzellen 105, 106.



Generationenfolge

Eckhoff-Butelmann

Philip Hinrich Eckhoff
* um 1767 Ritterhude
† 1831 Osterholz

Köthner zu Stubben
Es wird angenommen, daß dies die erste Besiedlung der Stelle war, eine Dokumentation liegt noch nicht vor.


oo 1796 Lesum


Trine Margarethe Butelmann
* 1768 Platjenwerbe
† 1826 Stubben

Tochter von Claus Butelmann und Engel Margarete Landsberg zu Platjenwerbe 40
Taufzeugen: Trine Margarethe Warkmeister, Metta Brünjes, Johann Butelmann



Eckhoff-Meyer-Breden

Gustav Hinrich Ulrich Eckhoff
* 1805 Stubben


oo 1828 Lesum I. Ehe


Hedewig Meyer
* 1808 Leuchtenburg
† 1833 Stubben


oo 1833 Lesum II. Ehe


Becke Margarethe Breden
* Schwanewede



Hanken-Otten

Arend Hinrich Hanken
* um 1772
† 1836 Platjenwerbe

Heuerling, Zimmermann


oo


Beke Margrete Otten
* um 1783
† 1845 Platjenwerbe

7 Kinder werden in Platjenwerbe geboren. Ein Sohn verstirbt als Seefahrer in Havanna, der zweite geht in London über Bord und ertrinkt. Der dritte Sohn, ein Schiffszimmermann, heiratet nach Neuschönebeck (Dohrmann)



Bödecker-Hanken

Jürgen Heinrich Friedrich Bödecker
* 1824 Burgdorf
† 1866 Bremen

Maschinist auf dem Dampfschiff "Werra" - wohnt in Stubben


oo 1848 Lesum


Beke Margrethe Hanken
* 1821 Platjenwerbe



Bödecker-Sengstake

Friedrich Bödecker
* 1846 Platjenwerbe
† 1913 Unfall

Seefahrer, dokumentiert 1860-1873 - Arbeiter (1909)


oo 1877 im Hause


Mary Elisabeth Sengstake
* 1851 Savanna/Georgia, USA
† 1917 Platjenwerbe

Zuletzt wohnhaft in Neuschönebeck, Tochter des Seefahrers Hermann Hinrich Sengstake und Tama Williams



Um 1926 - Ehepaar Hasselbach mit Söhnen Heinz und Friedrich

Hasselbach-Bödeker

Diedrich Karl Hasselbach
* 1887 Lesum

Bauarbeiter (1928) - kauft 1934 die Stelle Stubben Nr. 11 von der Witwe Adelheid Blendermann


oo 1910 Standesamt Lesum


Henni Bödeker
* 1886 Stubben
† 1939 Platjenwerbe


oo nach 1939 (II. Ehe)


Margarethe Rebecca Seemann
* 1888 Löhnhorst
† 1985

Tochter von Fritz Seemann aus Eggestedt und Catharina Margarethe Dodt aus Löhnhorst



1941 - Betty Brochowski und Herbert Strachewski

Brochowski-Hoyer-Bischoff

Alfred Emil Johannes Brochowski
* 1892 Liebemühl
† 1955 Betriebsunfall beim Rangieren

Wagenmeister bei der Bahn - erwirbt 1939 die Stelle Stubben Nr. 4


oo 1921 Bremen I. Ehe


Marie Johanne Betty Bödeker, verwitwete Hoyer
* 1894 Stubben
† 1948 Platjenwerbe

Tochter von Hein Joachim Bödeker (1849) aus Platjenwerbe und Marie Hollwedel aus Neu-Schönebeck.


oo um 1949 II. Ehe


Margaretha Bischoff
* 1897
† nach 1955
Grabstein auf dem Lesumer Friedhof



Um 1955 - Heinrich und Hartmut Wefing

Wefing-Claus

Heinrich Hans Wefing
* 1910 Bremen
† 1993


oo um 1940


Hildegard Claus
* 1910 Köln
† 2002

Familie Wefing erwirbt das Haus 1950 von der Witwe Grete Brochowski. Unter "Erzählungen und Anekdoten" befindet sich am Ende dieser Seite ein Bericht über das Leben im Hause Wefing, niedergeschrieben von Sohn Heinrich im Jahre 2009




2009 - Im April






Ergänzende Angaben

Chronologie Sengstake – Daten und Dokumente

Eltern:
Joh. Wilhelm Sengstake
* 1783 in Oberneuland
† 1820 in Neuschönebeck

oo 1811

Anna Margarete Blanke
* 1788 in Aumund
† 1837 in Neuschönebeck

Sohn:
Hermann Hinrich Sengstake
* 1815 in Neuschönebeck
† 1862 in Savannah, County Chatham

Seefahrer - dokumentiert ist der Zeitraum 1831-1836 auf Bremer Schiffen
Besitzer eines Lebensmittelgeschäfts in Savannah, das Datum der Eröffnung ist nicht dokumentiert
Ankunft und Grund für die Ortswahl sind nicht bekannt.

oo 1847 in Charleston

Tama Williams, eine Schwarze
* um 1825
† 1851 in Savanna, County Chatham


1850 Okt. Census
Free Inhabitants in Savannah, County Chatham: “Harman Sengstack”, Grocer, (36), b. Germany

1850 Sept. Census
Slave Inhabitants in Savannah, County Chatham: Slave Owner “Herman Sengstack”
1 Sklavin - “Black” (25) - “Tama” Williams, seine 1847 in Charleston geh. Frau
1 Sklave - „Mulatte“ (2) - Johann Hinrich (John Herman Henry), b. 27.01.1848
1 Sklave - „Mulatte“ (5/12) - William, vor 1869 gestorben

1851
Als Bürger der Vereinigten Staaten stellt „Herman Sengstock“ (35) einen Paßantrag für eine Reise nach Europa um den 1. Mai. Weiteres ist bisher nicht bekannt.

1860 Jun. Census
Free Inhabitants in Savannah, County Chatham: “Harman Sangstock”, Grocery Store Keeper, (46), b. Germany, Hannover (Königreich)

1860 Jun. Census
Slave Inhabitants in Savannah, County Chatham: Slave Owner “Harman Sangstock”
1 Sklavin “Mulattin” (28) - Angestellte ? für die Kinder nach dem Tod der Frau 1851
1 Sklave „Mulatte“ (10) - William
1 Sklave „Mulatte“ (12) - Johann Hinrich (John Harman Henry), b. 27.01.1848
1 Sklavin „Mulattin“ (9) - Mary Elisabeth, geb. 10.07.1851

1860
Am 14.10.1860 reist Hermann Hinrich Sengstake als Kajütpassagier auf der Bark "Gauss" unter Kapitän Heinrich Wieting mit 227 Passagieren ab Weser nach Charleston – Ankunft dort am 04.12.1860. Dokumentiert ist dieser Vorgang in einem Brief des Kapitäns an seinen Reeder Gloystein vom 11.09.1860 (Dr. Mehrländer). Die Hinfahrt ist noch nicht gefunden.

1862
Am 12. April findet die Taufe von Johann Hinrich (John Harman Henry) und Mary Elisabeth in Bremen-Lesum, St. Martini, statt.

1862
Hermann Hinrich Sengstake ist in Savannah verstorben.

1863
Am 29.06.1863 heuert Johann Hinrich Sengstake, geb. am 27.01.1848 zu Savannah, als Junge auf dem Schiff „Ocean“ ab Weser nach Baltimore an und beginnt damit als 15-Jähriger eine seemännische Ausbildung. Als Wohnort ist Neuschönebeck angegeben.

1866
Aus dem Register desertierter Seeleute ist zu entnehmen, daß Johann Hinrich Sengstake aus Savannah und Neuschönebeck als Leichtmatrose am 21.11. in Cardiff von Bord des Schiffes „Argo“ unter Kapt. Claußen desertierte.

1869
Dez. 1869, Karteikarte Nr. 2688 für “John Harman Henry Sengstacke“ – Erstellung im Zusammenhang mit der Errichtung eines Bankkontos von/für Farbige (US Freedman Bank Records 1865-1874) - Beweisdokument für die Anwesenheit von Johann Hinrich in Savannah, nach der Rückkehr aus Deutschland

1870 Census Inhabitants in the City of Savannah, County Chatham:
“John Singstock”, Mulatte (23), Clerk in Store, geboren in Georgia, kein Schulbesuch?

1872
Am 13. April 1872 meldet Johann Hinrich Sengstake (John Harman Henry) nach einer Karteikarte Nr. 8549 im Zusammenhang mit einem Konto einen 3 Wochen alten Sohn John Henry Sengstacke an: „John H.H. Sengstacke in trust for John Henry Sengstacke, 3 weeks old.“

1874
Hochzeit von John H.H. Sengstacke am 26.07. mit der Witwe Flora Abbott, eine Schwarze. Der 5-jährige Sohn Robert wird von Sengstacke adoptiert.

1880 Jun. Census Inhabitants in 8 District, County Chatham:

“John Sengstacke”, black, (31), teaching school
Flora, black, (33), wife, keeping house
Robert, black, (11), son, at school
Alexander, black, (5), son
Milard, black (2), daughter
Rebecca, black, (1), daughter

1900 Jun. 12th Census of the United States, Population County Chatham:

“John H. Sengstacke”, black, (52), Preacher
Flora, (52)
Mary M. (22)
Rebecca, (21)
Eliza (18)
Johanna (13)



Zusammenstellung:
Peter Branscheid, Thomas Begerow, Dr. Andrea Mehrländer
Stand: 05.05.2009


Reichsgesetzblatt von 1935 mit Anlagen




Erzählungen und Anekdoten

Heinrich Wefing beschreibt heute, im Juni 2009, die damalige Situation in seinem Elternhaus:

„Meine Eltern und ich wohnten vor 1950 in einem Zimmer im Elternhaus meines Vaters, das bis unters Dach mit Flüchtlingen zwangsbelegt war. Es herrschte also Notstand. Insbesondere mein Vater hatte außerdem einen Hang zu Land und Natur. Dort fühlte er sich am wohlsten und konnte auch seiner Leidenschaft Gartenanbau nachgehen. Warum es gerade dieses Haus (Stubben Nr. 4) wurde, kann ich nicht sagen. Aber vielleicht spielte das begrenzte Budget dabei eine Rolle. Auch die Erreichbarkeit von Bremen per Bahn war sehr wichtig für ihn.“

„Ich erinnere mich noch gut an unsere neue Umgebung in Platjenwerbe im Jahre 1950 und an das kleine Strohdachhaus in seinem damaligen Zustand.

Ein Donnerbalken stand außen über der Sickergrube. Meine Mutter hatte immer Angst und hielt mich fest, damit ich nicht durch das Loch in die Grube fallen konnte. Und lausig kalt war es im Winter auch. Ein Badezimmer gab es natürlich auch nicht. Wir wuschen uns in dem Anbau an der einzigen Wasserquelle im Haus, einer Handpumpe mit einem Becken. Ansonsten gab es Schüsseln und Zinkwannen. Warmes Wasser musste erst auf dem Küchenherd zubereitet werden.

Heizen konnte man zunächst eigentlich nur die Küche mit ihrem Kohleherd. Die anderen Räume ließen sich durch Offenlassen der Türen ein wenig anwärmen. Ein Ölofen für die Stube kam irgendwann hinzu. Aber ich erinnere mich an die lausige Kälte im Winter, bevor meine Eltern eine Zentralheizung installieren ließen.

Ein Riesenereignis und Großkampftag für meine Mutter war auch immer der Tag, an dem der Schornsteinfeger kam. Das gab immer eine Menge Dreck in der Küche, und alle Türen im Haus wurden mit Tüchern abgedichtet, um die Schweinerei wenigstens auf die Küche zu begrenzen.

Der Dachboden war 1950 noch nicht ausgebaut, und ein Zimmer war wegen der Zwangsbewirtschaftung durch eine ältere Dame belegt. Das Kindergeschrei hat unsere Mitbewohnerin aber relativ schnell vertrieben. Es war also nach heutigen Maßstäben am Anfang alles recht beengt. Aber nach den Jahren zu Dritt in einem kleinen Zimmer im ebenfalls zwangsbewirtschafteten Elternhaus meines Vaters in Bremen erschien mir alles großzügig und aufregend. Dazu trugen sicher auch die dörfliche Umgebung mit dem Auetal und das große Grundstück bei.

Das Dorf mit seinen sozialen Funktionen war damals nach meiner Erinnerung noch ziemlich intakt. Wir wurden sehr schnell in die Nachbarschaft aufgenommen, insbesondere von Hasselbach, Bruns und Jachens. Man tauschte nicht nur beim Schlachten Boullion und frisch gemachte Würste aus, sondern pflegte auch sonst rege nachbarschaftliche Kontakte. Ich hatte plötzlich sogar Spielkameraden. Obwohl ich in meinem Alter von 5 Jahren mindestens 4 Jahre jünger war als der Jüngste unter den anderen Kindern der Nachbarschaft, durfte ich mitspielen und wurde überall hin mitgenommen. Meine Mutter meinte später, die Jungs der Nachbarschaft seien wohl von ihren Eltern dazu angehalten worden, sich um den kleinen Wefing zu kümmern.

Eingeprägt hat sich auch Johann Bruns, seinerzeit nicht nur Bäckermeister und Kolonialwarenhändler, sondern auch Feuerwehrhauptmann. Wenn es mal irgendwo brannte, trat er mit seinem Horn vor das Haus und blies die Mannschaft zusammen. Ich erinnere mich an einen großen amerikanischen PKW als einziges Feuerwehrauto, das im Gebäude der Turnhalle stand. Aber das könnte auch noch etwas später gewesen sein. Jedenfalls hat man zurückblickend das Gefühl, dass die technischen Voraussetzungen für eine Brandbekämpfung deutlich hinter der Macht des Hornblasens zurückblieben.

In der alten Dorfschule habe ich 1951 - 1957 die Schulbank gedrückt. Der Ausbau kam viel später. Ich erinnere mich noch an alte und teilweise morsche durchgehende Pultbänke mit eingebautem Tintenfaß. Bei irgendeiner Rangelei ist einmal meine Bank auseinander gebrochen. Die Schuldigen, darunter ich, stellten sich schnell heraus, und wir mussten die Bruchstücke auf einem Handwagen zum Schreiner Wagschal in Wollah bringen und repariert wieder abholen.

Ich will nicht sagen, dass damals alles sehr streng war. Aber in Extremfällen gab es auch mal etwas mit dem Rohrstock. Ungehörigkeiten wurden als solche behandelt. Geschadet hat das niemandem. Einmal saß der Lehrer in der Bankreihe direkt vor mir, und ich dachte wohl, dass er meine Grimassen nicht sehen konnte. Plötzlich drehte er sich um, und ich hatte mir eine kräftige Ohrfeige eingehandelt. Sonst sagte er nichts, und die Sache war erledigt. Zu diesem Lehrer habe ich übrigens heute noch gelegentlich Kontakt.“


Internetlinks

Offizielle Internetseiten

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