Kaltenbach 1850/Stolberg

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Das Städtchen Stolberg, 2 Stunden (1.40 Meilen) östlich von Aachen, 3 ½ Stunden von Düren und 6 Stunden von Montjoie entfernt, liegt in einem ziemlich engen und tiefen Thale des Vichtbaches mit jäh abschüssigen Berghängen - der Donnerberg hat 900’, der Spiegel des Vichtbaches 580 Fuß Seehöhe. Es erstreckt sich von Süden nach Norden und ist fast eine Stunde lang mit Wohnhäusern, Kupferöfen, Fabrik- und Manufakturgebäuden wie übersäet.

Stolberg hat 255 Häuser, 2856 Einwohner (worunter 396 evang. und 6 israelit.) und zerfällt in Ober= und Unterstolberg; jenes ist der südliche, dieses der nördliche Theil. Der Hauptort, mit einer Post=Expedition, liegt südlich, in der Nähe der Kirchen und des alten Schlosses. Das alte Schloß und die 3 Kirchen, worunter 2 evang., erheben sich auf 3 verschiedenen Kalksteinhügeln. Die stattlichen Villen der Fabriken liegen meist isolirt oder in Gruppen, von Gärten, Teichen und Wiesen umgegeben.

Vorzüglich wichtig ist die Messing-Fabrikation. Es werden hier alle Sorten von Messing, sowohl gewalzt als geschlagen, Draht, Fingerhüte, Braukessel ec. verfertigt. Die Messingfabriken standen im vorigen Jahrhundert in weit größerer Blühte; die Geschäfte dehnen sich noch immer durch ganz Europa, nach Amerika und der Levante aus. Außer diesen sind in Stolberg noch mehrere Tuch=, Nadel= und Messerfabriken, drei Glas= und eine große Zink=Schmelzhütte, in der Nähe sehr ergiebige Steinkohlen=, Sandstein=, Kalkstein=, Eisen=, Blei= und Galmeigruben. Das Städtchen Stolberg verdankt sein Entstehen dem dasigen noch gut erhaltenen Schlosse, das die Volkssage für ein Jagdschloß Karls des Großen ausgibt. Von der hohen Lage des Schlosses, dessen Felsenstock vom Vichtbach bespült wird, soll der Ort seinen Namen Stoilberg, d.i. Stuhlberg erhalten haben, den man auch Stailburg und Stalburg geschrieben findet. Hier auf diesem steilen Felsen baute ein Ritter etwa um’s Jahr 1100 eine sehr feste Burg mit einem hohen Wartethurm nebst einer Schloßkapelle und nannte sich davon. An der Kapelle war ein Hofkapellan angestellt. In der Beschenkungs-Urkunde des Stiftes zu Wassenberg im Jahre 1118 kommt unter den Zeugen Reinardus de Stalburg vor. 1144 erscheint Everwinus de Stalburgk unter den Freien als Zeuge in einer Urkunde des Erzbischofs Arnold von Köln; 1217 war Wilhelm von Stalburg Kanonikus des Domstifts zu Köln. Der vor dem Jahre 1304 verstorbene Ritter Wilhelm von Stolberg war mit Mechtilde von Setterich verehelicht und hatte einen Sohn, Namens Wirikus. Nach Absterben der Ritter von Stalburg kam diese ehemalige Jülichsche Unterherrschaft an die Herren von Effern. Vinzenz von Effern, Hr. zu Stalburg, hatte Johanna von Merode zur Gemahlin. Nach Absterben der Freiherren von Effern kam Stolberg an deren Erben, endlich aber an die Reichsgrafen von Kesselstatt, die das Schloß noch besitzen. Im nördlichen Theil Stolberg’s beginnt das reiche Gebiet der Steinkohlen=Formation des Inde= und Wurm=Reviers, welches sich von Langerwehe und Weisweiler über Nothberg, Bergrath, Stolberg bis in die Nähe von Brand, nördlich aber bis Höngen, Herzogenrath und Kirchrath ausdehnt. Kohlenkalk=, Sandstein, Sandstein=Conglomerat und Steinkohlen=Schiefer sind die gewöhnlichen Begleiter der Steinkohlen. Die zahlreichen Flötze der Indemulde sind stark konkav, doch sehr regelmäßig abgelagert und zeigen nur wenige Verwerfungen; die der Wurmmulde dagegen haben einst gewaltsame Störungen erlitten, sind gehoben und gesenkt worden und bilden auf dem Durchschnitt förmliche Zickzacklinien. Die Kohlen des Indereviers sind sogenannten schwefelreichen Fettkohlen, welche zu Schmiedefeuern in Gießereien, wobei ein großer Hitzegrad nöthig ist, besonders geeignet sind; die des Wurmreviers sind Glanz= und Trockenkohlen und für den häuslichen Gebrauch am nützlichsten. In den verschiedenen Gruben beider Reviere sind über 4000 Bergleute beschäftigt. Die Gruben sind 1000-1400 Fuß tief und liefern täglich 20-25.000 Zentner Steinkohlen. Die Eschweiler Bergwerke waren vor der franz. Herrschaft Eigenthum der Herzoge von Jülich und Churpfalz. -