Handbuch der praktischen Genealogie/363

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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dem Hause Schwarzburg nach dem Tode des jetzt regierenden Fürsten der Fall sein. Die Fürsten von Löwenstein, ein morganatischer Zweig des Hauses Witteisbach, können gewisse Ansprüche auf Sukzession nach Aussterben der regierenden Linien geltend machen. Die Fürsten von Ardeck, morganatische Abkömmlinge des Hauses Hessen, sind durch Entscheidung des höchsten Gerichts in dem Lippischen Thronfolgestreit ausdrücklich, trotz abweichender Namen, Titel und Wappen, als Mitglieder des regierenden Hauses Hessen anerkannt.

      Umgekehrt ist es aber nicht möglich, auf rein wissenschaftlich-genealogischem Wege die rechtliche Sonderklasse der regierenden Häuser zu ergänzen. Genealogische Forschungen haben neuestens ziemlich zur Gewißheit gemacht, daß die Häuser Lothringen (Österreich) und Leiningen ursprünglich agnatisch verwandt sind: eine rechtliche neue Verbindung ist dadurch natürlich nicht zuwege gebracht worden.

      Die Zugehörigkeit zu einem deutschen standesherrlichen Hause wird nicht genealogisch bestimmt. Durch die deutsche Bundesversammlung ist vielmehr genau festgestellt worden, welche einzelnen Familien oder Familienzweige als standesherrlich anerkannt werden sollten. In einem Falle, Schwarzenberg-Seinsheim, ist ausdrücklich entschieden worden, daß agnatische Stammesgemeinschaft nicht in Betracht komme; das Haus Schwarzenberg ist standesherrlich, das agnatisch verwandte Haus Seinsheim niederadelig. Niederadelige Seitenzweige haben noch eine Reihe standesherrlicher Häuser. In einem anderen Falle, Törring, ist allerdings neuestens ein niederadeliger Seitenzweig als Nachfolger in alle standesherrlichen Rechte durch die bayerische und durch die württembergische Regierung anerkannt worden.[1]

      Die besonderen Rechte des standesherrlichen Adels sind in den verschiedenen deutschen Staaten, in denen sie angesessen sind, ungleichmäßig statuiert. Es sind dies teils politische Rechte (Sitz im Parlament), teils besonderer Rang (Hofrang) und andere Ehrenrechte. Allen diesen Familien gemeinsam ist das von der neusten deutschen Reichsgesetzgebung festgestellte Recht, in bezug auf ihr Familiengüterrecht, Vormundschaftsrecht und Eherecht — jedes Haus für sich — besondere gesetzliche Bestimmungen zu haben und auch zu ändern (Autonomie). Außerdem ist ihren Mitgliedern in geringem Umfange ein besonderer Gerichtsstand im „Austrägalverfahren" zugebilligt.

      Die hausgesetzlichen Bestimmungen oder Gewohnheiten der Standesherren über Familiengüterrecht und über Vormundschaftsrecht bauen sich im großen und ganzen auf gemeinsamen Grundsätzen auf; nicht so die eherechtlichen Bestimmungen oder Gewohnheiten, die für einheiratende Frauen das Erfordernis der Ebenbürtigkeit aufstellen. Alle juristischen Bemühungen, da für die standesherrlichen Häuser eine einheitliche bindende Norm zu


  1. Übrigens gibt es heute auch einen niederadeligen Zweig des Hauses Waldeck, wie es zeitweise niederadelige, rechtlich ausgeschiedene, gleichnamige Zweige der Häuser Nassau, Anhalt, Brandenburg gegeben hat; meist uneheliche oder morganatische Nachkommen.