Handbuch der praktischen Genealogie/329

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
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Diese Art von Quellen ist sehr zahlreich. Für den Niederrhein verweise ich auf das „Verzeichnis niederrheinischer Urbarialien, eine Vorarbeit zur Herausgabe der Rheinischen Urbare", das Karl Lamprecht im Programm der Marburger Universität 1890 veröffentlicht hat. Wie inhaltreich nicht nur für die Wirtschaftsgeschichte, der diese Quellen in erster Linie zugute kommen, sondern auch für die Familiengeschichte die Urbare sind, kann man aus dem 106 Spalten langen Namenregister am Ende des 3. Bandes (Seite 537-590) von Lamprechts „Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter" (Leipzig 1885) entnehmen.

      Bei Familiennamen, die von Ortsnamen hergeleitet sind, lassen sich, nach Maßgabe der im Vorstehenden geltend gemachten Gesichtspunkte, Wahrscheinlichkeitsschlüsse auf die Herkunft einer einzelnen Familie aus einer bestimmten Gegend ziehen. Man hat aber versucht, aus solchen Ortsnamen noch weiteres zu ergründen. Es ist zweifellos in den Ortsnamen ein wichtiges und unentbehrliches Hilfsmittel zu Feststellungen über die Stammessitze der einzelnen Völkerschaften und deren Verschiebungen gegeben; allerdings die sorgsame Beobachtung von Personen- und Flurnamen, Rechtsgewohnheiten u. a. muß hinzukommen. In neuerer Zeit hat besonders Wilhelm Arnold mit seinem Buche „Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme" (Marburg 1875) nachhaltigen Einfluß ausgeübt. Er glaubte aus dem Studium namentlich hessischer Ortsnamen die Erkenntnis schöpfen zu können, daß uns diese gleichsam schichtenweise, wie geologische Formationen, die verschiedenen Völker und Stämme anzeigen, die sich im Lande niedergelassen haben. Für die zweite von ihm aufgewiesene Periode glaubte Arnold eine Scheidung der in den Ortsnamen häufig begegnenden Endungen nach den Volksstämmen vornehmen zu können, indem er die auf -weiler, -bronn, -brunn, auch -ingen, -hofen u. a., wo sie häufiger vorkommen, für alemannisch, die auf -bach, -hein u. a. für fränkisch, die auf -büttel und -leben für sächsisch und thüringisch erklärte. Man hat indessen neuerdings eingewendet, daß die Ortsnamen nicht Merkmale eines Stammes, sondern einer Zeit seien, daß sie schon in den alten Stammesgebieten entstanden und dann auf Eroberungsland übertragen sein können. Es ist diesbezüglich auf die feinsinnigen Bemerkungen von Rudolf Kötzschke (Quellen u. Grundbegriffe der historischen Geographie Deutschlands u. snr. Nachbarländer, in Alois Meisters Grundriß der Geschichtswft. I) zu verweisen. Kötzschke sagt hier unter anderem: Die „Ortsnamentheorie Arnolds ist nicht in ihren wesentlichen Einzelergebnissen aufrecht zu erhalten. Indes enthält sie gewisse Grundwahrheiten: eine gewisse Gliederung der Ortsnamen nach Hauptperioden und der Gedanke, sie zur Aufhellung der Besiedelungs- und Stammesgeschichte zu verwerten, bestehen zu Recht. In Verbindung mit Forschungen über Siedlungsformen, Hausbau, Flurverfassung, Rechtsordnung und Mundart können sie dazu beitragen, Verbreitungsgebiete der Kolonisation abzugrenzen, wo nämlich Eigentümlichkeiten der Namengebung in weiteren Landstrichen gleichmäßig und zahlreich auftreten. Auf die Stammeszugehörigkeit der Siedler allein aus der Ortsnamenbildung zu schließen, wäre irrig; wohl aber wird