Handbuch der praktischen Genealogie/058

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Handbuch der praktischen Genealogie
Inhalt
Band 2
Tafel: I • II • III • IV • V • VI • VII • VIII • IX • X • XI
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Ordnungen bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und Einholungen und anderen Feierlichkeiten      Ordnungen bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und Einholungen und anderen Feierlichkeiten[1]. Bei wichtigen familiengeschichtlichen Vorkommnissen fürstlicher Häuser oder vornehmer Familien pflegte seit alter Zeit ein großer Prunk entfaltet zu werden. Bei Trauungen, Einholungen, Begräbnissen und sonstigen feierlichen Gelegenheiten wurde ein genaues Programm aufgestellt, welches allen Teilnehmern des Festes eine bestimmte Stellung, ein spezielles Geschäft zuwies. Es wurden nach Namen und Stand die Personen verzeichnet, welche z. B. den Sarg oder die Fahne oder die Fackeln tragen sollten. Hierbei wurde eine große Anzahl von Personen, häufig unter Angabe auch der Vornamen, als adelig bezeichnet, wodurch für solche Familien, deren Adelsstand zweifelhaft ist, eine Zeitbestimmung gewonnen wird, wann sie von der betreffenden Behörde und dem betreffenden Landesherrn für adelig angesehen worden sind. Aber auch bürgerliche Familien werden in dergleichen „Prozessionen", wie sich solche Programme gelegentlich nennen, aufgezählt, z. B. bei der Dienerschaft, besonders häufig aber wurden viele Geistliche aufgeführt, die dem Sarge folgten. Eine wie reichhaltige Quelle für familiengeschichtliche Forschungen solche „Ordnungen“ oder „Prozessionen“ sind, zeigt folgendes Werk: „Die Personalien und Leichen-Prozessionen der Herzoge von Pommern und ihrer Angehörigen aus den Jahren 1560 bis 1663. Gesammelt von Ulrich Grafen Behr-Negendank-Semlow und Julius Freiherrn von Bohlen-Bohlendorf. Halle, Druck der Buchdruckerei des Waisenhauses, 1869." Während die hier abgedruckten Leichenpredigten Material über die Pommerschen Herzöge und ihre Angehörigen bieten, haben die Herausgeber durch zahlreiche Anmerkungen wertvolle Beiträge zur Geschichte der bei den Prozessionen beteiligten Familien geliefert, leider aber ein Register zu diesem lehrreichen Quartanten nicht beigefügt.

      Eine nützliche Sammlung solcher „Ordnungen“ veranstaltete Hans von Schweinichen, geboren 1552, der sich als Fürstlich Liegnitzscher Rat, Marschall und Hofmeister, als Autobiograph und Sittenschilderer einen wohlbekannten Namen erworben hat. Wie die Tagebücher[2] dieses Mannes für die schlesische Genealogie von großer Bedeutung sind, so nicht minder seine Sammlung von Ordnungen und Prozessionen. Auf seinen Wanderfahrten mit Herzog Heinrich XI. durch das deutsche Reich, Polen usw. sah er vieles Merkwürdige an fremden Höfen. Er interessierte sich dabei besonders


  1. Diese Quellenart kommt häufig in den Archiven und Bibliotheken vor, so z. B. in besonders reicher Anzahl in den Archiven zu Bamberg und Nürnberg. Im erstgenannten Archiv lagert auch eine beträchtliche Bändezahl sogenannter „Hofdiarien“, in denen alle das Hofleben berührende Vorkommnisse, wie Reisen, Empfänge, Feste, ganz eingehend geschildert werden und sehr viele Personen genannt sind.
  2. Hans von Schweinichens Tagebücher wurden zuerst von Büsching herausgegeben unter d. Titel: Lieben, Lust und Leben der Deutschen des 16. Jahrh., 3 Bde., Breslau 1821—23, jedoch in unvollständiger und mangelhafter Weise; dann von Hermann Oesterley: Denkwürdigkeiten des Hans von Schweinichen, Breslau 1878; eine populär gehaltene Überarbeitung, bis zur Gefangennahme Herzogs Heinrichs XI. reichend, gab Ernst von Wolzogen, Leipzig 1885, heraus.