Alte Glashütten in Westfalen

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Glashütte aus Diderots Enzyklopädie 1762/77
Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis (1679)

Einleitung

Glas als Werkstoff zur Herstellung von Hohlgefäßen läßt sich erst um 1600 v. Chr. Im Mittelmeerraum um Syrien und Ägypten nachweisen. Seit etwa 2000 Jahren kenn man die Technik des Glasblasens.

In der Zeit der Ausdehnung des Römischen Kaiserreiches sollen in Vorderasien und in den römischen Regionen Europas erste Glashütten gegründet worden sein. Die damals produzierten Gegenstände scheinen alsbald zur Einrichtung vieler Haushalte gehört haben und verbreiteten sich zu dieser Zeit einerseit bis in die nordischen Länder und andererseits bis zum Äquator.

500 Jahre nach der Installation der katholischen Kirche zur Staatskirche entwickelte diese sich zum Hauptkunden der Glashütten und wurden daher alsbald durch kircheneigene Produzenten ersetzt. Seither findet sich der Werkstoff Glas in Kirchen nicht nur bei Kirchenleuchtern, Ölschälchen, Weinkännchen und Kelchen, sondern zunehmend auch bei farbigen Gläsern für Kirchenfenstern.

Wohl durch byzantinische Einflüsse und venezianische Ausdehnungsbestrebungen im orientalischen Bereich, kamen deren Glasherstellungs-Techniken nach Venedig und führten dort zum Aufbau der venezianische Glasindustrie. Deren Glasmacher wurden bei Androhung der Todesstrafe einem Abwanderungsverbot unterworfen. Ab dem Mittelalter entstanden in Europa immer mehr Hütten auch nördlich der Alpen.

Mit dem Aufschwung der Kirchenbaus stieg der Bedarf an Glasscheiben, bei gleichzeitiger Abnahme der Holzvorräte in der Umgebung der Klöster und Städte zu Lasten der Mast durch Fruchthölzer. Bereits im Spätmittelalter gab es erste Klagen über die Waldverwüstung: die Schweinemast war lokal nicht mehr möglich.

Man verlegte die Glashüttengießerei in abgelegene Waldgebiete. Besonders augenfällig ist bei diesen Erzeugnissen die speziefisch grüne Farbe, welche aus dem hohen Gehalt an Eisenoxid im Sand (Raseneisensteinanteile) und aus der mangelhaften Pottaschenzuschlag resultiert.

Um 1677 konnte in einem Teil der Potsdam-Drewitzer Hütte Kristallglas hergestellt werden. 1678 wurde Johann Kunckel zum Leiter dieses Betriebsteils bestellt. 1679 begann am Hakendamm in Potsdam eine weitere Kristallglashütte mit der Produktion, auch sie unter Kunckels Leitung; in der Folge wurde er dort Teilhaber und schließlich Pächter.

Im Jahre 1683 wurde dann Böhmisches Kristallglas in Form von Kreideglas erfunden und 1688 gelingt das Gieß-Walzen von Spiegelglas.

Zwar wird ab 1764 Natriumsulfat zur Glasherstellung genutzt aber erst 1805 soll z.B. der Gebrauch von Soda statt Pottasche (Kaliumcarbonat) und Holzasche in den Fabriken und Manufakturen von der preußischen Kriegs- und Domänenkammer zu Minden durchgesetzt werden.

Grundstoffe 1798

Glas oder 1798 Vitrum (lat.) war 1798 ein bekanntes Kompositum aus Kiesel, Kiessand, Salz, Braunstein, Arsenik und Pottasche.

Zuarbeiter

  • Pottaschesieder (1835 z.B. in Altenbeken Georg Tegethoff), danach Kalzinierung
  • 1789-1801 Anlegung einer Stätte zum Pottasche Brennen durch Glaserknecht Adolph Freese von der Hütte Nassensand in der Senne (beim Hof Krecke oder Gierke), Kohlstädt Nr. 65

Produktion 1798

Nach der Verschiedenheit der Bestandteile erhielt man auch verschiedene Arten von Glas, wie z.B. Kristall- oder Spiegelglas, weißes oder Kreideglas, halbweisses, grünes, halbdurchsichtiges, dunkles oder gefärbtes Glas. Durch Zusätze von Metalloxyden (Eisenoxyd) entstanden farbige Gläser.

Handel, Export

Zu diesem Zeitpunkt (1798) machte man das Glas in Europa an allen Orten, jedoch nur in einigen Provinzen in einer Menge, daß man es von dort ausführen konnte.. Böhmen, welches 1798 allein 71 Glashütten zählte, und die Oberpfalz waren in Deutschland diejenigen Länder, welche nicht nur das meiste Glas machten, sondern auch in Menge durch ganz Europa und selbst nach Vorder- und Hinterindien verkauften. Die Waren, welche aus Glas gemach werden, kommen jede unter ihrem eigenen Namen vor, wobei dann auch die Herstellungsorte berücksichtigt werden.

Umweltfolgen

Der vermehrte Einsatz von hochwertigem Holz (Fruchthölzer wie Eiche und Buche) bei der Glasherstellung führte u. a. auch zu negativen Folgen in den Marken und Wäldern und Ausfällen bei der Viehmast.

Herstellung

Der vorbereitete Rohansatz aus feinkörnigem Quarz, Sand mit Zuschlagstoffen) wird in sogenannten Häfen (feuerfesten Tonwannen) im Glühofen bis auf 1.600 °C erhitzt; dabei gast aus den Beimischungen von Kalk, Pottasche und Soda Kohlendioxyd aus und der wird durch Quarz ersetzt. Dabei bilden sich Kieselsäureverbindungen von Kalzium, Natrium, Kalium und auch z.B. Blei, aus denen nun das Glas besteht. Die dünnflüssige Masse kann danach durch Blasen, Pressen in Hohlformen und durch Walzen (früher Gießen) weiter verarbeitet werden.

Gutes Glas mußte 1798 durchaus rein sein, nicht kiesige, dunkle, milchfarbene oder vielfarbene Stellen haben, sondern gleichmäßig durchscheinen und im Herstellungsprozeß allmählich abgekühlt sein, dami es es später nicht zu Sprüngen neigte

  • Quelle u.a.: "Waaren- und Handlungslexikon" Hrsg. Jacobi (1798)
Beispiel der Kartierung einer Glashütte 1805: Lage der Glashütte Siebenstern: Le Coq, Topographische Karte -Westfalen (1805)

Glasmacher in Westfalen, nach Kreisen

Kreis Bochum

  • um 1840 Bochum - Dittmann & Co.
  • 1835 Bürgermeisterei Wattenscheid - Königsteele, Wisthoff & Comp. Vereinigte Schellenberger u. Steeler Glashütte
  • 1835 Witten (Ruhr) – Kregeldanz, Gebrüder Müllensiefen, Glas- u. Laugensalzfabrik (gegr. 1826)
  • 1854 Witten - Haarmann Schott & Hahne
  • 1866 Witten- Annen: Annener Glasfabrik Utermann & Co.
  • 1867 Witten- Annen/Johannesberg: Wittich, Bottermann & Co (kurzzeitiger Bestand)

Kreis Büren

  • 1835 Dalheim-Blankerode, Carl Becker, Glasfabrik, Glasfaktorei
  • 1835 Wewelsburg-Altböddecken, Friedr. Wilh. Becker, Glasfabrik
  • 1835 Fürstenberg, N. Kappmeyer, Glasfabrik
  • 1835 Uhrenberg, Friedr. Mueß, Glasfaktorei

Kreis Herford

  • 1835 Bürgermeisterei Bünde, Jobst Nahlov, Spiegelfabrik

Kreis Höxter

  • 1835 Bürgermeisterei Brakel, Wilhelm König, Glasfaktorei, Glashütte Emde
  • 1835 Bürgermeisterei Brakel, Wwe. Schumann, Glasfaktorei, Glashütte Sengenthal
  • 1835 Bürgermeisterei Driburg, August Becker, Glasfabrik, Glashütte Siebenstern
  • 1835 Bürgermeisterei Driburg, Hinneburg, Joseph Hirsch, Glasfabrik
  • 1835 Bürgermeisterei Lübbecke, Heinr. Nunnenkamp, Oekonom und Glaser

Kreis Minden

  • 1835 Stadt Minden, Jacob Goldmann, Spiegelfabrik
  • 1835 Bürgermeisterei Schlüsselburg, Gebrüder Schrader, Glasfabrik

Kreis Recklinghausen

Die „Königliche Regierungsabteilung des Innern“ erteilte der „Commanditgesellschaft R. Beichler & Comp.“ am 06.09.1872 die Erlaubnis, eine Hohlglashütte unter der Bedingung in Haltern am See in Betrieb zu setzen, dass stets für gehörigen Abzug der Verbrennungsgase Sorge getragen werde. Das Betriebsgelände befand sich zwischen der Lippe und dem oberen Teil der Recklinghäuser Straße. Haltern war als Standort interessant geworden, da einerseits die Nähe zur Kohle (Holzersatz) und zum Soda durch den neuen Bahnanschluß gesichert, und andererseits in unmittelbarer Nähe reichlich Quarzsande in hervorragender Qualität vorhandenen waren. Etabliert hat sich dann aber 1873/78 das Riegermann Glashüttenwerk Haltern/Westfalen.

Alte Glashütten in Westfalen 1895

  • 1895 Annen-Wullen, Kreis Hörde, Hüttenwerke (Glas).
  • 1895 Berghütte, Glasfabrik im Kreis Minden, Gemeinde Lerbeck
  • 1895 Bielefeld, Fabrikation von Glas
  • 1895 Blankenrode, Kreis Büren, Hüttenwerk (Glas).
  • 1895 Brackwede, Landkreis Bielefeld, Fabrikation von Glas
  • 1895 Brakel, Kreis Höxter, Fabrikation von Glas
  • 1895 Dalheim-Blankenrode, Kreis Büren, Fabrikation von Glas
  • 1895 Driburg, Kreis Höxter, in der Nähe 2 Hüttenwerke (Glas),
  • 1895 Dringenberg, Kreis Warburg, Glasfabrik Siebenstern; Fabrikation von Glas
  • 1895 Siebenstern, Glashütte im Kreis Warburg, Driburg, Hüttenwerk (Glas).
  • 1895 Emde, Glashütte im Kreis Höxter, Gemeinde Hinnenburg
  • 1895 Fürstenberg, Kreis Büren, Hüttenwerk (Glas)
  • 1895 Gernheim Glasfabrik im Kreis Minden, Gemeinde Ovenstädt
  • 1907 Haltern (Westfalen): Westfälische Glashüttenwerke GmbH, vorher Riegermann und Schönert, gegr. 1874
  • 1895 Hausberge, Kreis Minden, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Höxter, Hüttenwerk (Glas)
  • 1895 Ibbenbüren, Hüttenwerke (Glas)
  • 1895 Kleinenberg, Kreis Büren, Handel mit Glas
  • 1895 Krengeldanz, Landkreis Bochum, Gemeinde Langendreer, Fabrikation (Glas).
  • 1895 Lerbeck, Kreis Minden, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Lichtenau, Kreis Büren, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Minden, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Petershagen/Weser, Kreis Minden, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Porta Westfalica, Glasfabrik im Kreis Minden, Gemeinde Neesen, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Porta Westfalica, Kreis Minden, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Schalke, Kreis Gelsenkirchen, Fabrikation (Glas)
  • 1895 Vreden, Kreis Ahaus, Fabrikation von Glas, besonders Spiegelglas
  • 1895 Witten, Fabrikation (Glas)

Glasmeister in Westfalen

Familienname nach Beruf

Erste passende Hand- und Adreßbücher

  • Addressbuch der jetzt (1817) bestehenden Kaufleute und Fabrikanten in Europa. Bd. 1.2. Nürnberg 1817.
  • Offizielles Adress-Buch für Rheinland-Westphalen. Hrsg.: R. Brüning. Bearb. v. G. Krackrügge. Elberfeld [1834].
  • General-Tabelle der vorzüglichsten Fabriken und Manufakturen in den König-lich Preussischen Provinzen Niederrhein, Cleve, Jülich u. Berg, Westphalen u. Sachsen. Köln 1820.
  • J. R.: Theoretisch-praktisches Comptoir-Handbuch nach den neuesten (1837) zuverlässigen Quellen in alphabet. Ordnung v. L. R. Schmidt. Stuttgart u. Tübingen 1837.

Literatur

  • Kunckel, Johann: Ars Vitraria Experimentalis, Oder Vollkommene Glasmacher-Kunst. Frankfurt (Main) u. a., 1679
  • Hartmann, Carolus: Glasmarken-Lexikon, Signaturen, Fabrik- und Handelsmarken 1600-1945 (1997)ISBN: 3925369376

Literatur zur Geschichte der Glasindustrie

  • Affolter, P. J.: „Schmelzi" und „Glashütte" bei Bärschwil. Privatdruck. Laufen (1951).
  • Chambon, Raymond: L'Histoire de la verrerie en Belgique du IIe siede ä nos jours. Bruxelles 1955.
  • Fandt, Jul.: Deutschlands Glasindustrie. Verzeichnis sämtlicher deutscher Glashütten. Dresden 1886.
  • Flory, 0.: Die Geschichte der Glasindustrie in Lothringen. Jahrbuch der Gesellschaft für lothringische Geschichts- und Altertumskunde, Jg. 23. 1911.
  • Grevel, Wilhelm: Die Steeler und Schellenberger Glashütten. Ein Beitrag zur Industriegeschichte des Niederrheins. In: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen. Jg. 17. 1896, S. 35-73.
  • Großmann, Robert: Die technische Entwicklung der Glasindustrie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Leipzig (1908). München, Staatswirtsch. Diss. v. 17. 6. 1908.
  • Jebsen-Marwedel, Hans: Tafelglas. Eine Werkstoffkunde für alle Verbraucher des Tafelglases, für das Glaserhandwerk und das Baugewerbe. Essen 1950
  • Lauer, Walter: Die Glasindustrie im Saargebiet. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des Saargebietes. Braunschweig 1922. Tübingen, Staatswiss. Diss. v. 2. 3. 1922.
  • Lobmeyr, L.: Die Glasindustrie, ihre Geschichte, gegenwärtige Entwicklung und Statistik. Stuttgart 1874.
  • Petersen, Kurt: Die geschichtliche Entwicklung der Glasindustrie im Rheinland. Mülheim-Ruhr 1930. Köln, Wirtsch. u. sozialwiss. Diss. v. 27. 2. 1930.
  • Schrader, Gerh.: Gernheim. Die Gründung Johann Christoph Friedrich Schraders. Ein Beitrag zur westfälischen Wirtschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert. Minden 1951. (Mindener Beiträge zur Geschichte, Landes- u. Volkskunde des ehem. Fürstentums Minden. 3.)
  • Seeling, H.: Geschichte der Gerresheimer Glashütte. Ursprung und Entwicklung 1864-1908. Düsseldorf 1964. (Studien zur Düsseldorfer Wirtschaftsgeschichte. H. 1.)
  • Siegwart, L.: Jubiläumsschrift zum hundertsten Betriebsjahre der Glashütte Hergiswyl, Nidwalden. 1818-1918. Privatdruck. Luzern (1918).
  • Vollmerhaus, Hans: Reiseberichte eines Glasindustriellen (1823-1829). Ardey Verlag, 1971
  • Wichert-Pollmann, U.: Das Glasmacherhandwerk im östlichen Westfalen. Eine volkskundl. Untersuchung. Münster 1963. (Schriften der Volkskundlichen Kommission des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. H. 13.)

Internet

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