St. Blasii- / Himmelgarten-Kirchenbibliothek Nordhausen

aus GenWiki, dem genealogischen Lexikon zum Mitmachen.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Als St. Blasii- / Himmelgarten-Kirchenbibliothek Nordhausen (auch Himmelgartenbibliothek Nordhausen) wird die Bibliothek des ehemaligen Servitenklosters Himmelgarten bezeichnet. Sie gehört zur Kirchenbibliothek St. Blasii Nordhausen (Thüringen).

Inhalt und Bedeutung

Die Himmelgarten-Bibliothek Nordhausen umfasst 834 Publikationen in derzeit 356 Bänden, mit 18 Signaturen in Verwahrung der Kirchengemeinde 374 Bände. Davon sind nachweislich 245 Inkunabeln[1] d.h. früheste Drucke vor 1500.

Die Bibliothek enthält zu über 80 % Inkunabeln, der Kern der Publikationen ist zwischen 1450-1550 erschienen. Sprachlich dominiert zu über 80 % das Lateinische. Gut 90 % der Titel wurden im deutschen Sprachgebiet gedruckt. Deutschsprachige Drucke konzentrieren sich auf spätere Jahrhunderte. Vertreten sind über 50 Druckorte sowie ca. 100 Verleger.

Fast 470 Titel behandeln theologische Themen, philosophische Titel spiegeln den Studienbetrieb an der Erfurter Artistenfakultät[2] im Spätmittelalter wider. Zahlreiche Bände gingen im 19./20. Jahrhundert verloren. Die erhaltenen Bücher sind nach drei historischen Buchformaten[3] (Folio, Quart, Oktav) aufgestellt.

Benutzung und Erhaltung

Benutzbar ist der Bestand zum einem unter http://www.predigerseminar.de/bibliothek.html. (im Aufbau)

Der Bestand wird als Depositum[4] verwaltet und betreut vom Stadtarchiv Nordhausen, untergebracht in einem speziellen Magazinschrank innerhalb des gemäß DIN/ISO 11799 [5] klimatisierten Sonderausstellungsraum der FLOHBURG | Das Nordhausen Museum.

Überführung, Reinigung und Unterbringung dieser Kirchenbibliothek wurden maßgeblich ermöglicht durch Förderungen seitens:

  • HERMANN REEMTSMA STIFTUNG
  • Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen
  • Kreissparkasse Nordhausen

Schon mehrfach Gegenstand von Restaurierungen, wurde der historische Bibliotheksbestand 2012 komplett begutachtet und 2014 konservatorisch schutzverpackt und gegen Schimmel behandelt.

Doch stehen noch zahlreiche Bestandserhaltungsmaßnahmen an. Spenden auf ein Sonderkonto oder eine konkrete Patenschaft sind herzlich willkommen !

Hintergrund und Rückkehr

Nordhausen ist neben Mühlhausen die einzige ehemalige Reichsstadt innerhalb der neuen Bundesländer. Sie hat 1945 durch Bombenangriffe riesige Verluste an Menschen, Bausubstanz und Kulturgut erlitten. Neben Urkunden, Amtsbüchern und Akten ist aber die St. Blasii- / Himmelgarten-Bibliothek erhalten geblieben.

Die Bibliothek des Klosters des Servitenordens[6] in Himmelgarten bei Nordhausen bildete nach 1525 den Grundstock der Bibliothek der evangelischen St. Blasii-Kirchengemeinde Nordhausen, die noch heute Eigentümerin ist, http://blasiikirche-nordhausen.de.

Die Bücher bedurften immer wieder nachhaltiger Schutzmaßnahmen, erlebten aber auch nach 1945 eine turbulente Überlieferungsgeschichte. Um die seit 1974 auswärts deponierten Drucke wieder am Herkunftsort zu präsentieren, haben sich Eigentümerin und Stadt Nordhausen 2008-2013 geeinigt, den Bestand unter bestmöglichen Bedingungen zurückzunehmen sowie wissenschaftlich und öffentlichkeitswirksam nutzbar zu machen.

2014 kehrte die Bibliothek nach Nordhausen zurück.

Bibliotheksgeschichte in Daten

1295 Bergründung des Klosters Himmelgarten bei Nordhausen durch den Servitenorden.

1490 ff. Ausbau der Klosterbibliothek durch den Klosterprior Dr. Johannes Pilearius (Huter d.h. Hutmacher).

1525 Auflösung und teilweise Zerstörung des Klosters im Bauernkrieg,[7] Rettung der Bibliothek in ein Ordenshaus in Nordhausen.

1552 Überführung in Räume der evangelischen St. Blasii-Kirchengemeinde in Nordhausen.

1717 Umlagerung in die Sakristei der St. Blasii-Kirche, Pf. Johann H. Kindervater publiziert eine erste Katalogisierung des zur Kirchgemeindebibliothek umgewandelten Bestandes.

1806 Einstellung weiterer Bucherwerbungen.

1879 Der Philologe Richard Rackwitz findet die Bibliothek in "feuchten Räumen der Sakristei in einem kläglichen Zustande".

1883 R. Rackwitz publiziert einen neuen Bestandskatalog und betrieb "Restaurierungen".

1945 Die Bibliothek übersteht Krieg und Bombardierung Nordhausens in einem Bergwerksstollen und kehrt dann in die Sakristei St. Blasii zurück.

1967 ff. Schadensgutachten und Restaurierungen von 18 Bänden durch die Restauratoren Günter Kreienbrink (Erfurt) und Günter Müller (Jena).

1972 ff. Erschließung des Bestandes mit Findkartei durch Bibliothekarin Hannelore Götting (Naumburg/Sa.).

1974 Konservatorisch bedingte Überführung in das "Katechetische Oberseminar" der Ev. Kirche in Naumburg/Sa., verschiedene Standorte.

1987 Schadensgutachten durch Restaurator G. Kreienbrink (Erfurt).

1989 Konservatorisch bedingte Überführung in die Bibliothek des Evangelischen Predigerseminars in Wittenberg.

1996 ff. Einspeisung der Katalogdaten in eine Online-Datenbank durch Bibliothekar Stephan Lange (Wittenberg).

2009 ff. Dr. Hans Losche (Nordhausen) erarbeitet eine eigenständige Katalogdatenbank.

2011 Depositalvertrag zwischen Stadt und Kirchengemeinde St. Blasii-Altendorf.

2012 Schadensgutachten durch Restaurator Christoph Roth (Leipzig).

2014 Konservatorische Grundreinigung und Überführung nach Nordhausen durch die Firma ZFB (Leipzig).


Quelle: © Stadt Nordhausen am Harz | Flyer: St. Blasii- / Himmelgarten-Kirchenbibliothek (Stand 10/2014)

Literatur

  • Johann Heinrich Kindervater: Arcana Bibliothecae Blasinianae, oder: eigentliche Nachricht von der alten raren Bibliothec S. Blasii in der Kays. Freyen Reichs-Stadt Nordhausen. Nordhausen 1717 online.
  • Richard Rackwitz: Nachrichten über die St. Blasii-Bibliothek in Nordhausen und das Kloster Himmelgarten bei Nordhausen, dem die Bibliothek entstammt. Nordhausen 1883.

Benutzung und Führungen

Freitag

Benutzung und Führungen in der St. Blasii- / Himmelgarten-Kirchenbibliothek nach Vornameldung. 09:00 - 12:00 Uhr

Anmerkungen

  1. Artikel Inkunabel. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  2. Artikel Artistenfakultät. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  3. Artikel Buchformat. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  4. Artikel Depositum. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  5. Artikel Archivzweckbau. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  6. Artikel Serviten. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.
  7. Artikel Deutscher Bauernkrieg. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie.

Weblinks