Schneidemühl

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Info

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Hierarchie

Regional > Polen > Pommern > Musterkreis > Schneidemühl

Einleitung

Vorläufige Einstellung. Schneidemühl ist heute Pila (mit gestrichenem "l") in Polen. Die korrekte Verwaltungshierarchie (heutige in Polen, oder vor 1945 im DR) ist noch zu erstellen.

Allgemeine Information

-Schneidemühl, polnisch Piła,Stadt in der polnischen Woiwodschaft Großpolen

-Industrie-und Verwaltungsstadt, etwa 10 km oberhalb der Mündung der Küddow (Gwdą) in die Netze (Notec) auf einer flachen Bodenschwelle im Küddowtal und auf den Sanderterrassen westlich und östlich davon

-nördlich und südlich der Stadt liegende Moorgelände, Baggen, greifen teilweise in die Stadt hinein

-Untergrund enthält Braunkohleflöze, zwischen denen stark wasserführende Sandschichten liegen

-der hohe Wasserdruck führte bei einer Brunnenbohrung 1893 zu einer Katastrophe, zwanzig Häuser stürzten ein

Einwohner:

  • 1850 hat Schneidemühl 4 150 Bewohner
  • 1856 hat Schneidemühl 6 060 Bewohner


Kolmarer Kreisblatt vom 31.03.1897

Schneidemühl, 29.03.1897 Der Zuzug ist zur Zeit in unserer Stadt ein so bedeutender, daß sie am Ende dieses Monats zum ersten Male über 18 000 Einwohner zählen wird. Mit der Vermehrung der Garnison wird sich dann die Einwohnerzahl auf nahezu 18 500 steigern.


  • 1900 hat Schneidemühl 19 655 Bewohner
  • 1939 hat Schneidemühl 45 791 Bewohner
  • 1980 hat Piła 58 900 Bewohner
  • 2016 hat Piła fast 74 000 Bewohner

Politische Einteilung

Kirchliche Einteilung/Zugehörigkeit

Evangelische Kirchen

  • nach Kriegsende wurden die Kirchen von der polnischen katholischen Kirche übernommen und umbenannt
  • die Lutherkirche wurde 1947 umbenannt in Stanislaus-Kirche
    • erbaut 1896/97 als Kirche für die Protestanten der Bromberger Vorstadt
    • einschiffiges Gebäude im neogotischen Stil, Uhrturm mit Kuppel bedeckt
    • seit 1947 katholische Kirche
    • seit 1987 Pfarrkirche

Kolmarer Kreisblatt vom 10.03.1897

Schneidemühl, 8 März. In der Glockengießerei des Herrn Ulrich zu Apolda sind die drei Glocken für die neue ev. Kirche auf der Bromberger Vorstadt fertig gestellt. Sie sind aus Bronze gegossen und kosten 3280 Mk. Die größte der Glocken wiegt 20 Zentner, die mittlere 16 Zentner, die kleinste 8 Zentner.


  • die evangelische Johanneskirche , 1909-1911 nach Plänen des Berliner Architekten Oskar Hossfeld erbaut, wurde 1945 beschädigt, 1950 gesprengt und 1955 abgerissen
  • 1999 gründete sich eine neue evangelische Gemeinde, die seit April 2011 eine eigene Kirche besitzt, die nach dem Evangelisten Johannes benannt und in unmittelbarer Nähe der alten evangelischen Johanneskirche errichtet wurde
  • 2001 erste Konfirmationsfeier nach dem Krieg

Katholische Kirchen

St.Johanneskirche

  • Ursprung und Gründungsjahr sind unbekannt
  • 1619 wird auf Veranlassung der Königin Konstanze der hölzerne Bau durch einen massiven Steinbau ersetzt
  • 1626 werden bei eine Stadtbrand alle Kirchenbücher vernichtet
  • 1628 Bau des spätgotischen Chors, es folgen 1726 das spärbarocke Schiff und 1845 die Türme
  • 1845 Renovierung der Kirche
  • 1945 ausgebrannt
  • 1975 abgerissen, trotz einiger Projekt zu ihrem Wiederaufbau
  • an ihrem Platz steht heute das Hotel Gromada


St.Antoniuskirche

  • erbaut 1929
  • die 7 Meter hohe Christusfigur in der Pfarrkirche ist das einzige Kruzifix in Europa, das aus einem Stück Holz geschnitzt wurde
  • gilt als Beispiel der Avantgarde-Architektur


Kirche zur Heiligen Familie

  • 1912-1915 im neobarocken Stil errichtet
  • ursprünglich Hilfskirche, seit 1945 salesianische Pfarrkirche



Synagoge

  • erster Synagogenbau im 17.Jh. in der sogenannten "Judenstadt", einem separaten Viertel in der Vorstadt, das von einem Graben begrenzt wurde, um eine weitere Siedlungsausdehnung zu verhindern
  • 1834 bei einem Großbrand wurde auch die Synagoge mit allen Kultgegenständen ein Raub der Flammen
  • 15.10.1841 Einweihung der neuen Synagoge am Wilhelmsplatz
  • Ende der 1920er Jahre war Schneidemühl ein Bezirksrabbinat, dem 14 Gemeinden mit 1400 Mitgliedern angeschlossen waren
  • während der Kristallnacht im November 1938 wurde die Synagoge am Wilhelmsplatz in Brand gesetzt und zerstört
  • der jüdische Friedhof wurde 1939/40 zerstört und an dessen Stelle eine Grünanlage angelegt
  • auf dem Areal des ehemaligen jüdischen Friedhofs wurde 2015 ein steinernes Mahnmal in Form eines David-Sterns erstellt (Künstler: Janusz Marciniak)

Quelle: www.jüdische-gemeinden.de

Ansicht der Synagoge am Wilhelmsplatz unter: [1]

Geschichte

  • entstand auf dem westlichen Ufer der Küddow gegenüber dem slawischen Fischerdorf Piła
  • 1160 war Jacobus von Bnin unter König Casimiro, (Boleslai Kriwousti Sohn)Erbherr über die Städtlein Piła und Uscie, nebst dazu gehörigen Gütern
  • bereits im 13.Jh. als betriebsame deutsche Siedlung bekannt
  • 1380 stellt Königin Hedwig ein erstes Stadtprivileg aus
  • 1456 erstmalige Nennung des Ortes als "Snydemole"


Märkische Forschungen, Herausgegeben von dem Vereine für Geschichte der Mark Brandenburg. XII. Band, Berlin, 1868

(1456. Im October). Markgr. Friedrich II von Brbbg. schreibt den polnischen Hauptleuten zu Schneidemühl (Snyde mole) und Pila, daß die von Güntersberg zu Callies (Calis) und die von Wedel bei ihm die klage erhoben, daß sie (die Hauptleute) ihnen sechs Dörfer ausgepocht, zum Theil verbrannt, die Kirchen beraubt, die Glocken weggeführt und andere unchristliche Werke begangen hätten, und fordert die Hauptleute auf, von den Verletzungen seiner Lande abzustehen.


1456. Custrin, 3.Novbr. (mitwochen nach omnium sanctorum).

Markgr. Friedrich II. spricht aufs Neue die Unterstützung des Bischofs von Posen gegen die zu Snydemole (Schneidemühl) und Pyla lagernden Landesbeschädiger an, die neuerdings wieder das Dorf Reddentin (Regenthin im Arnswalder Kr.) ausgeplündert hätten.


1456. November?

Markgr. Friedrich II. zeigt dem Peter von Samter (Czamter) die von Neuem erfolgte Ausplünderung des Dorfes Reddentyn (Regenthin) durch die zu Snydmole (Schneidemühl) und Pyla lagernden Landesbeschädiger an und verheißt ihm, mit Hinweisung auf die deshalb angeordnete Hinrichtung von zwei Straßenräubern zu Driessen (Driesen), Genugthuung wegen seiner gegen die Mark erhobenen Klagen.

Riedel, 1.Hptth., 24.Bd.,S.160 fg: (nach dem Consepte im Geh. Staats-Archive)


  • bis 1480 Mediatstadt der Familie von Bnin/ Opalinski (Die Söhne des Andreas von Bnin,Bischoff zu Posen, erwählt 1440, verst. 5.Jan.1479 erwählten sich den Namen Opalinski, darunter Nicolaus von Bnin Opalinski,Castellan von Miedzyrzec)
  • Matthias Opalinski,Woywode zu Posen und General in Großpolen schenkte dem König Kasimir von Polen seine Erbgüter Uscię, Piła, Mosina und bekam mit seiner Gemahlin Nawoika von Koniecpole ein großes Heiratsgut
  • 1513 verleiht Sigismund I. Schneidemühl das Magdeburger Stadtrecht
  • 1605 schenkt König Sigismund III. die gesamte Starostei Usch-Schneidemühl seiner Gemahlin Constantia, einer habsburgischen Prinzessin
  • 1626 Stadtbrand und Verlegung des Stadtkerns zum Neuen Markt
  • Entstehung der drei Vorstädte Bromberger Vorstadt (Samosz), Uscher Vorstadt (Borkowo) und Stadtberg bzw. Berliner Vorstadt (Pitronke)
  • 1709 Ausbruch der Pest, 1710 sollen nur sieben Menschen überlebt haben
  • mit der Ersten Polnischen Teilung 1772 kam Schneidemühl an Preußen
  • 1807-1815 von Napoleon dem Herzogtum Warschau zugeschlagen

Aus: Preußisches Staatshandbuch 1870:

Schneidemühl,6844 Einwohner. Baurath. Oekonomie-Kommissar. Domänen-Rentamt.Steueramt. Prov.-Landschafts-Direktion. Landschaftliche Prov.-Feuer-Sozietäts-Direktion. Eisenbahn-Bau-und Betriebs-Direktor. Domänen-Pachtamt.Oberförsterein (in Podanin und in Zelgniewo). Polizei-Distriktskommissar. Postamt. Telegraphenstation.Eisenbahnstation.- Kreisgericht. Staatsanwalt. Schwurgericht, zugleich für Lobsens und Schönlanke.- Evangelische Kirche. Katholische Kirche. Progymnasium.- Stab 1. und 5. Esk.1.Pomm. Ulanen-Regts. Nr.4. Bezirkskommando des 2.Bat. 3. Pomm. Landwehr-Regts Nr.14. Invaliden-Komp. für Pommern und Posen. Depot-Magazin.

  • März/April 1888 Überschwemmungskatastrophe, bei der 16 Häuser ganz und 60 teilweise einstürzten, 198 Grundstücke mit 549 Gebäuden und 3773 Einwohnern überschwemmt wurden, 600 Personen wurden obdachlos, 1912 Einwohner mussten ihre Häuser verlassen
  • 27.11.1893 Gründung eines deutsch-sozialen (antisemitischen) Reform-Vereins

28.November. Zur Gründung eines deutsch-sozialen (antisemitischen) Reform-Vereins fand gestern abend im Saale des Herrn Röder eine Versammlung statt, welche von nahezu 1000 Personen besucht sein mochte. Den Vortrag hatte der Deckoffizier a.D. Herr von Mosch aus Strelitz bei Berlin übernommen und zu demselben das Thema: „Warum sind wir Antisemiten?“ gewählt. Indem wir es unterlassen, auf den Vortrag näher einzugehen, bemerken wir, daß Herr Töchterschuldirektor Ernst den Ausführungen des Redners eine Entgegnung zu Theil werden lassen wollte, aber nicht zu Ende sprechen konnte, weil ihm auf Beschluß der Versammlung das Wort wieder entzogen wurde. Herr Rektor Lakoschus, welcher ebenfalls die Ansichten des Herrn von Mosch nicht theilen konnte, verzichtete, indem er Protest gegen die Versammlung erhob, auf das ihm ertheilte Wort. Die Versammlung erreichte mit einem dreimaligen „Heil“ auf des Kaisers Majestät und unter Absingung des Liedes „Deutschland, Deutschland über Alles“ ihr Ende. – Nach Schluß der Versammlung wurde die Gründung eines deutsch-sozialen (antisemitischen) Reform-Vereins vorgenommen, dem sofort 151 Personen als Mitglieder beitraten. Zum Schluß erfolgte auch noch die Wahl des provisorischen Vorstandes. […] Quelle: Kolmarer Kreisblatt vom 29.11.1893


  • seit 1914 kreisfreie Stadt
  • 1914 Errichtung eines Zweigbetriebs der Albatros Flugzeugwerke
  • 1919 musste auf Grund heftiger Proteste der Bürgerschaft die im Versailler Vertrag beschlossene Abtretung der Stadt an Polen wieder rückgängig gemacht werden
  • 1922 ist Schneidemühl Hauptstadt der Provinz Grenzmark-Posen-Westpreußen
  • 1938 Auflösung der Provinz Grenzmark-Posen-Westpreußen, die Gebiete werden zum größten Teil Pommern angegliedert
  • 1945 wurden bei den Kämpfen um die Stadt 75 v.H. der Bausubstanz vernichtet
  • 1975-1998 ist Schneidemühl Hauptstadt der Wojewodschaft Wielkopolskie

(Quellen: Hinz,Johannes: Pommern-Wegweiser durch ein unvergessenes Land - Mannheim: Kraft, 1988

Knape, Wolfgang: Hinterpommern zwischen Ostsee und Grenzmark - Würzburg:Kraft, 1994

Sinapio, Johanne: Des Schlesischen Adels, Anderer Theil oder Fortsetzung schlesischer Curiositäten - Leipzig und Breßlau, bey Michael Rohrbach, 1728)



  • 1919. 7. Jan.. DZB Danzig. "Nach Berichten aus Schneidemühl sind die Polen bis zur Bahn Schneidemühl-Bromberg vorgedrungen. Kasten und Schrimm sind von den Polen besetzt worden (Bergische Wacht vom 9.1.1919).
  • 1933.11. Juni. "Das evangelische Deutschland - Kirchliche Rundschau für das Gesamtgebiet des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes" bringt Erfolgsmeldungen der "Reichsschundkampfstelle der evangelischen Jungmännerbünde": In Berlin 10 städt. Büchereien u. gegen 70 Leihbüchereien an einem Tag gesäubert. "In zwei Lastautos wurden 1212 Bücher, zum Teil übelster Art, zur Verbrennung gefahren ... in Schneidemühl ... 500 Bücher aus dem Verkehr gezogen, in Stargard ...".
  • 1945.16. Februar. Die Sowjets melden die Einnahme von Schneidemühl.

Persönlichkeiten

  • Johannes Czerski

Theologe geb. 12.05.1813 in Warlubben/Westpr. gest. 22.12.1893 in Schneidemühl

  • Besuch der polnischen Volksschule in Warlubben
  • später an Gymnasien in Bromberg, Konitz und Posen
  • 1838 Eintritt in das Posener Priesterseminar
  • am 26.März 1842 empfing er die Priesterweihe von Erzbischof Dunin
  • 19.09.1843 - Czerski wird in das Dorf Wiry strafversetzt wegen seiner liberal-theologischen Predigten und seines nichtzölibatären Lebens
  • im März 1844 kommt er als Vikar nach Schneidemühl

Quelle:https://kulturportal-west-ost.eu/biographien/czerski-johannes-2


Kolmarer Kreisblatt vom 30.12.1893

Schneidemühl, 27.Dezember. Unter zahlreicher Theilnahme der hiesigen Bürgerschaft wurden gestern die irdischen Ueberreste des am letzten Freitag in hohem Greisenalter verschiedenen freireligiösen Predigers Johannes Czerski zur ewigen Ruhe gebettet. Die Trauerfeierlichkeit fand in der Czerskischen Kirche auf dem Alten Markte, woselbst die Leiche des Verstorbenen aufgebahrt war, statt. Vier freireligiöse Prediger aus Königsberg, Berlin und Frankfurt am Main waren nach hier gekommen, um dem Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Der hiesige Männer-Gesang-Verein sang dem Verblichenen noch einige Lieder in das Grab nach. C. war geboren am 12.Mai 1813 in Westpreußen, wurde 1842 katholischer Priester, kam 1844 nach Schneidemühl, erklärte alsbald in demselben Jahre, er wolle nicht mehr Priester sein, und sagte sich von Rom los; dennoch verzichtete er nicht auf seine Eigenschaft als „Katholik.“ Noch 1844 heiratete er. Der Versuch, mit Ronge über den neuen sogenannten Deutsch-Katholizismus sich zu einigen, schlug fehl. Bald ging es mit der von ihm ins Leben gerufenen Bewegung bergab, und die Mühe, sie 1860 bzw. im Anschluß an den Altkatholizismus zu beleben, war vergeblich.



Genealogische und historische Quellen

Genealogische Quellen

Adressbücher

In der Adressbuchdatenbank ( http://adressbuecher.genealogy.net ) ist das Adressbuch für Schneidemühl von 1896 abfragbar.


Bibliografie

Genealogische Bibliografie

Internetlinks

Offizielle Internetseiten


Zufallsfunde

Oft werden in Kirchenbüchern oder anderen Archivalien eines Ortes Personen gefunden, die nicht aus diesem Ort stammen. Diese Funde nennt man Zufallsfunde. Solche Funde sind für andere Familienforscher häufig die einzige Möglichkeit, über tote Punkte in der Forschung hinweg zu kommen. Auf der folgenden Seite können Sie Zufallsfunde zu diesem Ort eintragen oder finden.

Verschiedenes

Kolmarer Kreisblatt vom 10.01.1885

Schneidemühl, 4. Januar. Dem hiesigen Schlossermechaniker Georg Nöttig ist von dem Reichspatentamt für eine von ihm erfundene Handfessel für Exekutivbeamte ein Patent auf die Dauer von 15 Jahren ertheilt worden. Die Fesseln haben die Eigenschaft, ein renitentes Subjekt, selbst das stärkste zur augenblicklichen Folge zu zwingen. Das Stück kostet nur 6 Mark und sind dem Erfinder bereits zahlreiche Aufträge, unter anderem auch von der Oberstaatsanwaltschaft in Posen zugegangen. Außer diesem Patent hat Herr Nöttig schon früher drei andere Patente erworben und zwar für eine Kontrollschießscheibe, einen Holzfräser und einen Milchlocher. – Gestern ist dem hiesigen Schlossermechaniker G. Nöttig von der hiesigen Polizeiverwaltung im Auftrage des Herrn Ministers des Innern für die gezeigte Energie und Umsicht bei dem Brande der Mahnkopf´schen Dampfschneidemühle eine Geldprämie von 100 Mark nebst einem Belobigungsschreiben übergeben worden.


Kolmarer Kreisblatt vom 14.03.1885

Schneidemühl, 11.März. { Verschiedenes } Gestern fand im hiesigen königlichen Gymnasium die Abiturientenprüfung statt, zu welcher die Oberprimaner Heise, Lange, Löwenhardt, Reichert, Schulz und Solmsen zugelassen wurden. Als Kommissarius des Provinzialschulkollegiums fungierte Schulrath Polte aus Posen. Dem Oberprimaner Heise aus Helmsgrün wurde die mündliche Prüfung seiner vorzüglichen schriftlichen Prüfungsarbeiten wegen erlassen und diesem wie auch den übrigen Examinanden das Zeugniß der Reife ertheilt.- - Der Gymnasialdirektor a.D. Hanow ist am 7. d.Mts. zu Charlottenburg verstorben. – Wie wir erfahren hat der Brauereibesitzer Haase die Aronstein´sche Brauerei hierselbst nicht für sich, sondern für Herrn Gustav Schade aus Berlin erworben. Der neue Besitzer ist bereits hier eingetroffen und wird, nachdem verschiedentliche Verbesserungen und Ausbauten der Brauerei durchgesetzt sein werden, sobald als möglich dieselbe eröffnen. Hoffen wir, daß der neue Besitzer, ein junger und wie wir hören tüchtiger Berliner Braumeister, ein wohlschmeckendes Getränk zu liefern im Stande sein wird…


Kolmarer Kreisblatt vom 11.2.1893

Schneidemühl, 8.Februar. Trunkenbolde sind nach dem neuesten Verzeichnis unserer Stadt 50 Personen. Daß auch Vertreterinnen des zarten Geschlechts dem übermäßigen Schnapsgenusse verfallen sind, beweist, daß sich unter den 50 Namen allein solche von 16 Frauen befinden. Die polizeiliche Trunkenboldliste soll durch Druck vervielfältigt und dann jedem Gast-und Schankwirth ein Exemplar derselben eingehändigt werden.


Kolmarer Kreisblatt vom 25.02. 1893

-Dem Corps-Stabsapotheker Otto Philipp z.Zt. in Breslau wohnhaft, ist die Conzession zum Betriebe einer Apotheke in Schneidemühl auf dem Grundstücke Wilhelmsplatz Nr. 9 durch den Herrn Oberpräsidenten verliehen worden.


Kolmarer Kreisblatt vom 1.04.1893

Königliches Gymnasium zu Schneidemühl

Der Unterricht beginnt am Dienstag, den 11.April, 8 Uhr Vorm. Die Aufnahme neuer Schüler findet Montag, den 10.April statt, und zwar für die Vorklassen um 9, für die Gymnasialklassen um 10 Uhr Vorm. Die Aufzunehmenden haben außer einem Abgangszeugnis der bisher besuchten Schule einen Geburtsschein und Impf- bzw. Wiederimpfschein vorzulegen. Die Wahl der Pension bedarf der Genehmigung des Direktors. Abmeldungen müssen spätestens am 11.April und auch in dem Falle erfolgen, daß der abgehende Schüler kein Abgangszeugnis wünscht. J.B. Nieländer. Professor.


Kolmarer Kreisblatt vom 07.02.1894

Schneidemühl, 4.Februar. – Die Militärverwaltung hat nun endgültig bestimmt, daß die Kaserne für unsere Garnison auf der Bromberger Vorstadt gegenüber der Ziegelei Neukamerun erbaut wird. Das Lazarettgebäude wird gleich hinter dem Schulgebäude der Bromberger Vorstadt an der Bromberger Chaussee errichtet. Mit dem Bau dieser Gebäudewird sobald als irgend möglich begonnen werden, da dieselben am 1.Oktober d.Js. bezogen werden sollen. Ziegeleibesitzer Brandt von hier hat die Herstellung der Gebäude übernommen.

Die Brunnenkatastrophe von 1893

Kolmarer Kreisblatt vom 31.05.1893

Schneidemühl, 28.Mai. Fünf Häuser beginnen wegen Unterspülung des Grundes durch die starke, unverstopfbare Quelle eines neuen artesischen Brunnens … zu bersten. In dieser Angelegenheit berichtet die „Schn.Ztg.“ beruhigend: „Der artesische Brunnen an der Kleinen und Großen Kirchenstraße wird nun hoffentlich nicht lange mehr die Gemüther des Stadttheils beunruhigen. Gestern war ein Bergwerks-Sachverständiger, Herr Bergrath Franke aus Berlin, hier anwesend und besichtigte mit den Herrn Ober-Regierungsrath von Gruben und Regierungsrath Glogau die Brunnenanlagen. Herr Franke erklärte, daß der zeitige Uebelstand durch die Vermauerung des Brunnens gehoben würde. Die hier zu Tage getretene Kalamität sei in Bergwerksdistrikten keine neue Erscheinung. Eine Gefahr für die in der Nähe der Anlage gelegenen Grundstücke ist nicht vorhanden, dieselbe dürfte sich lediglich auf die bisherigen Schäden beschränken. Herr Maurermeister Golz ist bereits mit einer Anzahl von Leuten dabei beschäftigt, um den Brunnen eine Mauer zu ziehen, die in das alte Bohrloch hinabgesenkt wird. Die Arbeiten werden auch während der Nacht fortgesetzt.“


Kolmarer Kreisblatt vom 3.06.1893

Schneidemühl, 1.Juni. Der artesische Brunnen in der Kirchenstraße setzt seine unheilvollen Wirkungen immer weiter fort. Bis jetzt sind 12 Grundstücke in theilweise recht bedenkliche Mitleidenschaft gezogen worden. Da auch die jetzt im Gange befindliche Umfassung der Quelle durch einen aufgemauerten mit Cement verputzten Brunnen, großen Erfolg nicht verspricht, sind weitere Sachverständige vom Ministerium, der Bergakademie und einige erfahrene Techniker berufen worden, um über geeignete Maßregeln zu conferiren. Eine baldige Beseitigung der Kalamität scheint vor der Hand nicht in Aussicht zu stehen…

Schneidemühl, 2.Juni: Der artesische Brunnen in der Kleinen Kirchenstraße setzt sein Zerstörungswerk rastlos fort. Unbefugten wurde heute bereits das Betreten des Polarek´ schen Neubaues verboten, da derselbe eine Menge gefährliche Risse zeigt. Auch das Portofee´sche Grundstück und das Sklow´sche sind zum Theil schon unbewohnbar. Welchen Umfang das bereits jetzt schon große Unglück noch annehmen wird, kann Niemand voraussagen, selbst Sachverständige nicht. Die Beunruhigung in der Bürgerschaft wächst von Tag zu Tag. Heute Nachmittag um 2 Uhr etwa hat sich der Strom einen Weg in den Keller des Hellweg´schen Hauses gebahnt, der in kurzer Zeit vom Wasser angefüllt wurde. Das Haus wurde geräumt…


Kolmarer Kreisblatt vom 7.06.1893

Schneidemühl, 5.Juni. [Brunnen-Angelegenheiten] Die Katastrophe ist, wie mehrere Sachverständige heute erklärten, unvermeidlich und nahe bevorstehend. Die Häuser in der Nähe des Brunnens sind geräumt und dadurch viele Personen in große Noth geraten, da es ihnen unmöglich ist, in den provisorisch bezogenen Wohnungen ihren Gewerbebetrieb fortzusetzen. Das Haus des Herrn Polarek hat sich bereits nach der Kirche zu geneigt, der Einsturz dieses neuen Hauses kann jeden Augenblick erfolgen. Das Pflaster zeigt einen mächtigen Riss, der sich immer mehr erweitert. Von dem Fundament des Hellwig´schen Hauses sind ganze Partien schon gelockert, die Trottoirplatten haben sich an einigen Stellen bedenklich gehoben. Den Umfassungsbrunnen vermag man nicht zu versenken, die einzigste Hoffnung bleibt der Brunnenmacher Beyer mit seinem Projekt die Quellen durch Rohre abzufangen. Herr Beyer wird erst morgen, wie man uns mittheilt, seine Arbeiten in Angriff nehmen. Ob er rechtzeitig wird Hilfe bringen können, bleibt fraglich. Die Sachverständigen glauben, daß, wenn das Erdreich und die nächstgelegenen Häuser einstürzen, dies beim Brunnen zuerst wahrnehmbar sein wird. Sollte die Katastrophe eintreten, so würde das für Schneidemühl ein weit härterer Schlag sein, als die letzt Ueberschwemmung. Daß die Stimmung in der Bevölkerung eine gedrückte ist, daß man mit Besorgniß den kommenden Tagen entgegen sieht, ist ja erklärlich. Die Situation ist sehr ernst!...

Schneidemühl, 6.Juni. Zur Besichtigung des artesischen Brunnens traf heute der Geheime Baurath Reichel aus Bromberg hier ein. Herr Brunnenbauer Beyer trifft heute Nachmittag hier ein und wird sofort die Ausführung seines Projectes in Angriff nehmen. Die Beschädigungen der Gebäude nehmen immer weiteren Umfang an. Die Brucker und Semerau´schen Prachtbauten, Zierden unserer ganzen Stadt, zeigen mächtige Risse. Der dem Einsturze nahe scheinende Neubau des Herrn Polarek ist in seinen unteren Theilen zwischen den Säulen mit Steinen ausgefüllt worden. Das Wasser rauscht mit Allgewalt weiter. Wann eine Wendung zum Besseren eintreten wird, steht noch in weiter Ferne, da Herr Brunnenbauer Beyer telegraphisch angezeigt hat, daß er erst heute Abend hier eintrifft, demnach erst morgen mit seinem Experiment beginnen kann.


Kolmarer Kreisblatt vom 10.06.1893

Schneidemühl, 7.Juni. [Vom artesischen Brunnen] Heute ist der Brunnenmacher Beyer aus Berlin mit seinen Leuten hier eingetroffen und hat die Arbeiten zum Abfangen der Quelle des artesischen Brunnens an der kleinen und großen Kirchenstraßenecke durch Senkung eiserner Röhren begonnen. Infolge dessen sind die Arbeiten zur Senkung des gemauerten Brunnenschachtes eingestellt worden. Herr Beyer glaubt mit den Arbeiten innerhalb 8 Tagen fertig zu sein. Seit dem 5.d.M. enthält das hervorsprudelnde Wasser nicht mehr soviel Erdmassen als bisher. Zur Feststellung der verursachten Bodensenkungen ist die Höhenlage der in Frage kommenden Straßenzüge im Anschluß an Festpunkte im Mauerwerk der evangelischen Kirche, der freireligiösen Kirche, der Synagoge, der Küddowbrücke und der Axtschen Brauerei aufgemessen worden. Durch Wiederholung dieser Messungen werden die weiter eintretenden Bodensenkungen ermittelt werden.


Kolmarer Kreisblatt vom 14.06.1893

Schneidemühl, 13.Juni. Der Brunnenmacher Beyer, dem es bekanntlich gelungen ist, den Strom des artesischen Brunnens abzufangen, beabsichtigt jetzt eine zweite Röhre in einger Entfernung von der ersten einzuführen und glaubt durch diese Röhre aus einer Tiefe von 64 Metern trinkbares Wasser zu schaffen und zugleich noch den Druck des Wassers in der jetzt vorhandenen Quelle auszugleichen.


Kolmarer Kreisblatt von 17.06.1893

Schneidemühl, 15.Juni. Am artesischen Brunnen ist heute die erste Katastrophe erfolgt. Nachmittags nach 4 Uhr versank der etwa 2 Meter hohe Senkbrunnen in die Tiefe, während glücklicher Weise die Arbeiter vesperten. Ein Theil des Hellwig´schen Hauses ist zusammengebrochen. Tausende von Neugierigen umlagern die Unglücksstätte. Herr Brunnenmacher Beyer hofft noch immer, den Brunnen verstopfen zu können, man zweifelt jedoch daran. Der gänzlich abgesperrte Stadttheil wird als dem Untergange geweiht betrachtet. Täglich treffen Fremde hier ein, welche die Stätte in Augenschein nehmen.


Kolmarer Kreisblatt vom 22.06.1893

Schneidemühl, 19.Juni. Die durch Bohrung des artesischen Brunnens entstandene Gefahr nimmt fortwährend zu. Die Senkung des gesammten anliegenden Stadttheils schreitet immer weiter fort, so daß er in höchstem Grade gefährdet ist. Die Räumung der Häuser bis zum Wilhelmsplatz ist polizeilich angeordnet worden. Die „Schn.Ztg.“ schreibt: Täglich sieht man dem Unheil neue Opfer verfallen. Die in weitem Umkreise belegenen Gebäude bersten, der Boden senkt sich, das Pflaster wird gehoben und jeden Augenblick ist der Einsturz vieler Gebäude zu erwarten. Es ist ein Bild trostlosen Elends, welches dem Besucher dieser Unglücksstätte entgegenstarrt. Die Furcht, jeden Augenblick das Krachen der einstürzenden Gebäude zu vernehmen, hindert den Arbeiter in seiner ruhigen Beschäftigung. Die Kaufleute, welche aus dem bedrohten Stadttheile flüchten mußten, sind zerstreut in alle Winde und können ihrem Erwerb nicht, wie bisher, nachgehen. Die Hausbesitzer wissen nicht, woher ihnen Hilfe kommen wird, und doch können wir immer wieder nur zur Ruhe mahnen. Das Unglück ist da und breitet sich noch immer weiter aus. Das Hellwig´sche Grundstück, dessen Fundament versunken ist, wird, wie von anderer Seite berichtet wird, durch Stützen gehalten. Die Folgen der Unterspülungen greifen weiter um sich. Bis jetzt sind 21 Hausgrundstücke in Mitleidenschaft gezogen, von denen bereits 18 polizeilich geräumt sind. Die Wohnungsmiethen beginnen zu steigen. Die Umgebung der Unglücksstätte bietet ein belebtes, zum Theil recht trauriges Bild. Hochbeladene Möbelwagen, jammernde Leute, neugierige Fremde, Beamte und Sachverständige drängen sich. Die Straßen und die Trottoirs sind eingefallen, die Häuser zeigen mächtige Risse, und der Putz fällt ab. Auch das Propsteigebäude ist bereits gefährdet und man befürchtet, daß auch die daneben stehende katholische Kirche in Mitleidenschaft gezogen werden wird. Der Neubau des Postamtes ist sistirt worden, Generalpostmeister von Stephan wird morgen erwartet. Ob dem Unglück wird Einhalt getan werden können, ist ganz ungewiß. Alles schwebt zwischen Hoffen und Bangen. Prof. Zerbst hat ausgerechnet, daß zur Zeit an 4600 Kubikmeter Erde ausgeworfen sind.


Schneidemühl, 20.Juni. Herr Erster Bürgermeister Wolff hatte gestern um 10 Uhr Vormittags eine Audienz bei dem Herrn Minister des Innern Graf Eulenburg in Berlin und hielt demselben Vortrag über das hiesige Brunnenunglück. Nachdem die zu ergreifenden Maßregeln im Beisein des Herrn Geh. Ober-Regierungsrath Höpker besprochen worden waren, beauftragte der Herr Minister den Geh. Ober-Regierungsrath Höpker Herrn Ersten Bürgermeister Wolff zu den Herrn Ministern für Handel und Gewerbe und für öffentliche Arbeiten zu begleiten, um auch hier die zu ergreifenden Maßregeln zu besprechen. Es wurden von den Ministern der Ober-Berghauptmann Freund und aus dem Ministerium für öffentliche Arbeiten aus der Wasserbau-Abtheilung der Geh. Regierungsrath Kummer beauftragt, hierher zu reisen, und falls die Arbeiten des Unternehmers Beyer nicht gelängen, andere Maßregeln zur Abhilfe zu ergreifen. Der Herr Minister des Innern, Graf Eulenburg hat weitgehendste finanzielle Unterstützungen zugesagt und besonders noch hervorgehoben, daß er sich speziell als früherer Landrath des Deutsch-Kroner Kreises für Schneidemühl, wo er sehr oft geweilt, interessire.


Schneidemühl, 20.Juni. In unserer Bürgerschaft hat infolge des furchtbaren Brunnen-Unglücks tiefe Muthlosigkeit Platz gegriffen, und dennoch können wir immer nur wieder dagegen ankämpfen, um das Vertrauen der Geschädigten zu heben. Niemand soll Verluste erleiden, und was wir dazu beitragen können, wird geschehen, um alle Schäden voll und ganz wieder ausbessern zu helfen. In erster Linie wird und muß der Staat eintreten, da ohne dessen Hilfe unsere im schönsten Aufblühen begriffene Stadt ruinirt wäre. Um nun vollen Ersatz zu leisten, wird der Staat die Geldsumme der Stadt vorschießen müssen, welche nöthig ist, die verschwundenen Gebäude wieder erstehen zu lassen. Die Stadt wird die Garantie der Zurückzahlung übernehmen müssen und wird das Kapital nach und nach durch eine „Brunnenlotterie“ aufbringen können. Es werden neue Straßen angelegt werden müssen und zwar dort, wo der Altstadt ausgeholfen werden kann, und das sind die sogenannten Niefken, auf denen der Baugrund sicher und die Vegetation gut ist. Ferner muß der Staat für schleunigsten Aufbau der Werkstatt sorgen, ebenso wie auch durch Herverlegung von Militär Handel und Wandel wieder blühen würde, ohne diese Vorbedingungen wäre unsere Stadt völlig ruinirt. Die Hausbesitzer, welche ihr Eigenthum verloren haben, müssen reichlich entschädigt werden, ebenso wie die jetzt fast brotlos gewordenen Industriellen der zu Grunde gegangenen Straßen Kapitalien zur Weiterführung ihrer Geschäfte erhalten müssen und um alles dies in die Wege zu leiten, dazu haben wir die geeigneten Männer, an deren Spitze auch unser Reichstags-Abgeordneter von Colmar-Meyenburg, der Landrath v. Schwichow und unser Erster Bürgermeister Wolff voll und ganz stehen werden, darum also Kopf hoch, nicht den Muth verlieren!


Schneidemühl, 21.Juni. Die heute wiederum vorgenommenen Messungen haben ergeben, daß der Sandgehalt des Brunnens heute nur noch 1 Prozent, also nur ein Bruchtheil gegen früher, so daß mit einer Abnahme der gefährlichen Erdsenkungen, die seit fast zwei Tagen aufgehört haben, gerechnet werden kann. Die Herren Geh. Oberbergrath Freund und Oberregierungsrath Kummer, welche von Minister der öffentlichen Arbeiten hierher gesandt wurden, nahmen heute Vormittag den Brunnen und die zerstörten Gebäude in Augenschein und zogen sich dann zu einer Berathung zurück, an welcher mehrere Bausachverständige von hier theilnahmen. Die Herren erklärten, die vom Brunnenbauer Beyer vorgenommenen Arbeiten für vollkommen gut ausgeführt und veranlaßten die Schließung des Brunnens auf mehrere Tage, um zu sehen, ob sich das Wasser beruhigen wird. Nach einigen Tagen wird das Rohr wieder geöffnet. Ob aber eine tatsächliche Hilfe geschaffen werden wird, bleibt abzuwarten. Auch der Regierungs-und Gewerberath Dr. Schmidt aus Posen befindet sich heute hier, um wegen der Wahrung der Interessen des Handels und Gewerbes mit dem Magistrat Fühlung zu nehmen.


Kolmarer Kreisblatt vom 24.06.1893

Zur Wassersnoth in Schneidemühl

Schneidemühl, den 22.Juni. Gestern mit dem Abendzuge trafen die bereits Nachmittags avisirten Pioniere von Thorn hier ein und begannen heute früh mit den Abbrucharbeiten der demolirten Häuser. Der Polarek´sche Neubau und das Sommerfeld´sche Haus sollen durch Dynamit niedergelegt werden. Dem Anschein nach ist der Brunnen selbst nun vollständig gestopft und sollte der Strom daneben nicht hervorbrechen, so hätte das Unglück seine Grenzen gefunden. Der Bruckersche Prachtbau mußte heute gräumt werden, da anzunehmen ist, daß beim Niederlegen des Semrau´schen Hauses auch dieses Gebäude zusammenbrechen muß. Eine Kommission, welche die zerstörten Grundstücke abschätzen soll, befindet sich heute schon in vollster Thätigkeit, hoffentlich werden die Werthe voll und ganz ersetzt werden, so daß die Geschädigten nicht zu klagen haben. In der verflossenen Nacht ist es Herrn Brunnenmacher Beyer glücklich gelungen, den Brunnen ganz zu verstopfen und bis jetzt, Mittags 2 Uhr, dringt das Wasser weder neben dem Rohr noch in der weiteren Umgebung desselben hervor. Die Senkung hat an dem Sommerfeld´schen Hause vom 19. bis gestern noch um weitere 85 Millimeter zugenommen, so daß die größte Senkung seit Ausführung des ersten Nivellements am 6.d.M. nunmehr 781 Millimeter beträgt. Es ist nicht anzunehmen, daß die Senkungen mit dem Verstopfen der Quelle sofort aufhören werden, wohl aber, daß sie wesentlich geringer werden. Die Pioniere sind mit den Aufräumungsarbeiten an den zusammengestürzten Bauwerken beschäftigt. Der stehengebliebene Theil wird durch Sprengung niedergelegt werden.


Weiter schreibt die „Schn.Ztg.“

„Herr Regierungs-Präsident Kammerherr von Colmar-Meyenburg in Lüneburg hat uns heute Vormittag für die von dem Brunnenunglück in Mitleidenschaft gezogenen Mitbürger unserer Stadt als ersten Beitrag zur Linderung der eingetretenen größten Noth 100 Mark telegraphisch überwiesen. Zugleich theilt uns Herr von Colmar-Meyenburg mit, daß er, sobald es seine Zeit gestattet, persönlich an der Unglücksstätte erscheinen wird. Als früherer Landrath und von 1876 ab Vertreter des Kreises im Reichstage nimmt Herr von Colmar innigen Antheil an dem Schicksale unserer in dem letzten Jahrzehnt emporgeblühten Stadt und bedauert, daß Schneidemühl wieder einer so harten Prüfung ausgesetzt ist. Wenn wir es uns an dieser Stelle gestatten, Namens der Bürgerschaft Herrn von Colmar-Meyenburg für die Hochherzigkeit, mit welcher er seiner einstigen Kreisinsassen gedenkt, unseren Dank zu entbieten, so setzen wir und mit uns die geschädigten Bürger die Hoffnung in ihn, daß er auch an anderer Stelle für uns eintritt….

Schneidemühl, 23.Juni. Der Herr Oberpräsident unserer Provinz Herr Freiherr von Wilamowitz-Möllendorf, traf gestern Abend von Bromberg kommend, hier ein, um sich von dem Umfange des Brunnenunglücks zu überzeugen, damit er an geeigneter Stelle für die in Mitleidenschaft gezogene Gemeinde einzutreten in der Lage sei.

Mit den Sprengungen ist heut Nachmittag 2 ½ Uhr der Anfang gemacht worden. In der Rückwand des Straubel´schen Hauptgebäudes waren 6 Ladungen angebracht, die durch elektrischen Strom entzündet wurden. Eine furchtbare Detonation erfolgte, eine mächtige Staubwolke stieg in die Höhe und hüllte auf Augenblicke das Straubel´sche Haus vollständig ein. Die Erschütterung war nach den „Schn. Tgbl.“ eine derartig starke, daß in den benachbarten Straßen viele Häuser beschädigt wurden. Fensterscheiben sind in großer Zahl durch den Luftdruck zertrümmert worden, in vielen Häusern hat sich der Putz von den Stubendecken gelöst, in der Wohnung des Herrn Lippmann in der Wilhelmstraße stürzte eine Hängelampe nieder. Der Ort, wo die Sprengung erfolgte, sieht wirklich schaurig aus. Die Rückwand des Hauptgebäudes ist zusammengestürzt und mit ihr die sämmtlichen Fußböden der Etagen. Es ist ein Chaos von Steinen, Mörtel, Brettern und Balken. […]

Der Kaiser hat sich täglich mehrere Male eingehend telegraphischen Bericht über die Katastrophe erstatten lassen. Der Monarch legt für die Einzelheiten das lebhafteste Interesse an den Tag.


Kolmarer Kreisblatt vom 04.11.1893

Schneidemühl, 1.November. Seit heute Nachmittag 5 Uhr ist die Quelle des artesischen Brunnens in der Kleinen Kirchenstraße wieder durch den Erdboden durchgebrochen, woraus zu ersehen sein mag, mit welcher ungeheuren Kraft die Quelle im Innern der Erde arbeitet. Ungefähr anderthalb Fuß von dem Rohre entfernt, durch welches Herr Beyer den ursprünglichen Quell abgefangen, kommt die ungeheure Wasserquelle in ihrer früheren Beschaffenheit, d.h. stark mit Thon vermengt, hervor. Hunderte von Menschen umstehen den Unglücksbrunnen mit besorgnißvollen Gefühlen. Die Monteure des Herrn Beyer, welche mit der Herrichtung eines artesischen Brunnens in der Jastrowerstraße beschäftigt sind, benachrichtigten Herrn B. telegraphisch von dem Vorfall.


Kolmarer Kreisblatt vom 08.11.1893

Schneidemühl, 5.November. Die Lage auf der Unglücksstätte des artesischen Brunnens ist bis heute Abend, …, nur noch drohender geworden. Der Ausfluß der Wassermassen hat wieder die alte Stärke erreicht, bald schießt die schmutzig-gelbe Fluth aus dem einen, bald aus dem anderen Bohrloch. Ein Resultat har Herr Beyer bis jetzt nicht erzielt. Das Abfangen der Quelle scheint schon deshalb auf Schwierigkeiten zu stoßen, weil anscheinend im Erdinnern Erdrutschungen und Senkungen stattgefunden haben. Dies ist besonders aus dem Umstande zu schließen, daß, wenn der Ausfluß sich zeitweise verstopft hat, alsdann die Quelle wieder mit großer Gewalt hervorbricht, und sodann nicht nur Schlammmassen, sondern auch feste Thonstücke in die Höhe schleudert, was sich besonders zur Nachtzeit schauerlich anhört. Dann gleicht der Ausfluß manchmal einem kleinen Vulkan. Daß sich allmählich die Folgen dieses Ausbruches bemerkbar machen, ist ganz natürlich. Nicht nur, daß die bereits verwüsteten Häuser, da der Grund und Boden sinkt, größere Risse zeigen, beginnen auch bisher verschonte Häuser zu knistern, und die Verwüstungen werden nach den bisher gemachten Erfahrungen weitere Fortschritte machen. Die Hoffnung, diese unglückselige Quelle ganz und dauernd unschädlich zu machen, hat man fast ausnahmslos aufgegeben. Die Einwohnerschaft hat sich allmählich in das unabwendbar scheinende Schicksal gefügt. […]

6. November. Sonntag abend fand eine in der Tiefe und auch auf der Oberfläche wahrnehmbare Erdrutschung statt. Die Rohre wurden hochgedrückt, der Ausfluß hörte momentan auf. Allmählig kam aus der Ausbruchstelle Schlammwasser. Brunnenmeister Beyer wird versuchen, die Wasserschichten mit weiteren Rohren abzufangen. Die Beschaffung der Rohre ist schwierig.


Kolmarer Kreisblatt vom 11.11.1893

Schneidemühl, 8.November. […] Die Bohrungen zur Abfangung der Quelle verlaufen bisher zur vollen Befriedigung des Herrn Beyer und hofft dieser auch bestimmt, das entfesselte Element wieder zu bezwingen. Bis zu einer Tiefe von 40 Metern hat sich herausgestellt, daß der Boden noch vollständig intakt ist; die merklich geringen Wassermengen, welche heute ausfließen, entströmen dem alten Bohrloche, kommen also nicht neben demselben an die Erdoberfläche. […]

9.November. Der Unglücksbrunnen funktioniert noch immer in seiner bisherigen Weise, eine Wendung zum Besseren ist leider noch immer nicht zu vermerken, ebenso sind aber auch nicht besondere Vorboten bevorstehender außergewöhnlicher Ereignisse zu spüren. […]

Kolmarer Kreisblatt vom 15.11.1893

Schneidemühl, 12.November. […] In den letzten Tagen waren in der Nähe des Brunnens Wahrnehmungen gemacht worden, welche auf den Eintritt einer baldigen Katastrophe schließen ließen. Erdrutschungen im Innern wiederholten sich in kurzen Zwischenräumen, so daß […] Arbeiter am letzten Freitag Nachmittag […] nicht mehr arbeiten wollten. Abends gegen 8 Uhr vernahmen die Wächter am Brunnen […] ein ungewöhnliches Geräusch, welches aus dem Erdinnern herkam. Der gemauerte Brunnenschacht begann zu sinken, das Wasser hörte zu laufen auf, um den Brunnen bildeten sich weite Erdrisse. Gestern Nachmittag 2 Uhr versank der ganze Brunnenschacht, nachdem wenige Minuten vorher Brunnenbaumeister Beyer an demselben Beobachtungen angestellt und ihn noch im glücklichen Augenblicke verlassen hatte. An Stelle des verschwundenen Brunnenkranzes sieht man einen Tümpel mit schmutzigem, schaumigem Wasser. Im bunten durcheinander liegen um den Tümpel Gerüststangen, Balken und Bretter. Das ganze Unglücksgebiet, in welchem auf der Kleinen Kirchstraße die Häuser bis auf 50 Meter Entfernung Risse bekommen haben oder einstürzen, auf der großen Kirchenstraße derartige Schäden in der Richtung der katholischen Kirche 45 Meter, in der Richtung des Wilhelmplatzes dagegen 125 Meter bemerkbar worden, sieht aus wie ein Ort, in welchem der Abbau von Steinkohlen in geringer Tiefe betrieben wird. […] Die Messungen haben ergeben, daß der Brunnenkranz 10 Meter tiefer versunken ist. […] Das Wasser, eine dickflüssige Menge, wird durch den vom Senkbrunnen nach der Küddow aufgeführten Graben letzterer zugeführt. […]

13.November. […] Der durch das Hinabsinken des Mauerschachtes entstandene Tümpel wird seit Sonnabend Nachmittag mit Erde, welche dem katholischen Pfarrhaus-Garten entnommen wird, zugeschüttet. Die Schüttung wird noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen und dann will erst Herr Beyer mit seinen weiteren Experimenten vorgehen. Der katholische Kirchenvorstand soll heute Vormittag Protest dagegen erhoben haben, daß die zur Zuschüttung des Brunnens verwandte Erde dem Pfarrhaus-Garten entzogen wird.


Kolmarer Kreisblatt vom 18.11.1893

15.November. Die Zuschüttung des Brunnens ist gelungen, etwa 500 Kubikmeter Erde und Kies waren nöthig, um das entstandene Loch zu füllen. Aus dem Pfarrgarten wurden etwa 200 Kubikmeter genommen, die durch Lowries herangeschafft wurden, 300 Kubikmeter wurden durch Fuhrwerke den Sandkaulen dem Stadtberge entnommen. Aus dem einen Rohre, welches auf die Seite gedrückt ist, fließt seit gestern Nachmittag wieder Wasser, anfangs nur wenig, die Wassermenge nimmt aber langsam zu. Nachdem die Aufschüttung vollendet worden, brachen an zwei Stellen Quellen aus dem Kies hervor, das Wasser war vollständig klar. Der Ausfluß dieser Quellen ist also nicht mehr gefährlich. Die Aufschüttung wird fortgesetzt und wird voraussichtlich das Projekt des Oberbergraths Freund mit der Modifikation zur Ausführung kommen, daß man ein großes Bassin herstellt von beträchtlicher Höhe, dieses mit Kies anfüllt und das durch den Kies befilterte klare Wasser ablaufen läßt. Von einer Stopfung der Quelle wird man schon aus dem Grunde Abstand nehmen müssen, weil dadurch die Gefahr eines seitlichen Ausbruchs herauf beschworen würde. Herr Geheimer Ober-Regierungsbaurath Reichert aus Posen war heute hier, um mit Herrn Beyer Rücksprache über die weiteren Arbeiten zu nehmen. Daß Herr Beyer von neuem Bohrungen vornehmen wird, scheint ausgeschlossen, die Königl. Regierung wird nunmehr schwerlich die Erlaubnis zu weiteren Bohrungen geben.

16.November. Die Aufschüttung von Kies bis 1 ½ Meter über dem Terrain ist in der Nacht zu heute wieder versunken. Ein ziemlich wasserreicher Quell hat sich durch den Kies einen Weg gebahnt und reißt wieder Thon aus der Tiefe hervor. […]

17.November. Vom Brunnen ist heute Neues nicht zu berichten. […]


Kolmarer Kreisblatt vom 22.11.1893

20.November. Beim Brunnen ist seit gestern die Situation etwas günstiger. Durch Einsetzen von Filtern ist es Herrn Beyer bereits gelungen, einen Theil der oberen Quelle abzufangen. Nur an einer Stelle findet noch ein wilder Ausfluß statt, den abzufangen, Herrn Beyer indeß auch noch gelingen dürfte. Morgen trifft übrigens der Ober-Berghauptmann Freund hier ein. Ob Herr Beyer bis heute Abend seine Aufgabe wird gelöst haben, läßt sich zur Stunde nicht voraussagen. Zur Beruhigung Vieler wollen wir noch mittheilen, daß Tiefbohrungen überhaupt nicht mehr ausgeführt werden. Herr Beyer beschränkt sich lediglich darauf, das Wasser durch Filterrohre in einer Tiefe von etwa 7 Metern abzufangen. Er legt 4 Filterrohre an. Ueber 7 Meter Tiefe hinauszugehen, das verhindert auch der versunkene Brunnenschacht.


Kolmarer Kreiszeitung vom 25.11.1893


Schneidemühl, 23.November. [Vom Brunnen] Mit den Vorarbeiten zur Ausführung des Ober-Berghauptmann Freund´schen Projekts ist seit Montag begonnen. Zu diesem Zwecke werden die Reste des Sommerfeld´schen, Polarek´schen und Hellwig´schen Hauses niedergerissen, die Fundamente ausgehoben und das Straßenpflaster aufgebrochen. Diese Arbeiten auszuführen ist dem hiesigen Maurermeister Golz der Auftrag geworden. Während dieser Abräumungsarbeiten werden 2000 Kubikmeter Sand herbeigeschafft. Um ganz sicher zu gehen, wird eine Fläche von 380 Quadratmetern statt 150 Quadratmeter mit obigem Sand bekarrt werden. Das Freund´sche Projekt ist für die Stadt ein sehr kostenspieliges und ob von Erfolg, wird die Zukunft lehren. Herrn Beyer wurde in der letzten Stadtverordnetensitzung das Wort mit der Einschränkung ertheilt, daß er das Freund´sche Projekt nicht einer Kritik unterziehe. Herr Beyer schreibt nun von Berlin aus Folgendes: „Im Monat Juni hatte Herr Freund denselben Plan wie jetzt, auch damals wollte er den Brunnen über der Erdoberfläche unschädlich machen, und zwar sollte das Wasser durch Herstellung einer Spundwand von Baumstämmen in großem Umkreise gefaßt werden. Ob dieses möglich gewesen wäre, überlasse ich jedem denkenden Menschen. Wäre damals nach dem Gutachten des Herrn Freund gearbeitet worden, so läge jetzt die halbe Stadt in Trümmern. […]


Kolmarer Kreisblatt vom 29.11.1893


Schneidemühl, 27.November. Vom Unglücksbrunnen berichtet das „Schneid. Tagebl.“: „Das Freund´sche Projekt scheint sich nicht in dem Maße zu bewähren, als man nach seinen Anführungen, die ja sogar nicht einmal von Herrn Beyer kritisiert werden durften, annehmen mußte. Trotzdem die Aufschüttung eine ziemlich hohe ist, dringt doch das Wasser an verschiedenen Stellen mit ungeschwächter Kraft hervor. Hat Herr Freund die Hoffnung gehabt, die Quelle durch seine Aufschüttungen vollständig zu stopfen, so kann er diese Hoffnung schon jetzt als gescheitert ansehen. Der aufgeschüttete Kies wird das Wasser stets durchlassen und nur bewirken, daß es klar abläuft. Soweit war Herr Beyer aber am Schlusse seiner Arbeit auch und es wäre diesem ein Leichtes gewesen, das klare, völlig gefahrlose Wasser in Rohren abfließen zu lassen, was Herr Freuund jetzt trotz seiner kostspieligen Aufschüttung auch wohl wird thun müssen.“


Kolmarer Kreisblatt vom 02.12.1893

[…] Der „Reichsanzeiger“ bemerkt hierzu: „Der Erfolg der Arbeiten ist hiernach als ein vollkommener anzusehen; dem Auftreten des Wassers in dem Keller des Sommerfeld´schen Hauses ist keine Bedeutung beizulegen. Sollte es auch Drängwasser aus dem Brunnenloch sein, so wird es durch Zuschüttung beseitigt werden.“

1.Dezember. Dem Freund´schen Projekt scheint man jetzt, wie die „Schneidem. Ztg.“ schreibt, soweit es namentlich die Zuschüttung des Brunnens anbetrifft, nicht mehr das Vertrauen wie vor einigen Tagen entgegen zu bringen; denn allseitig wird kopfschüttelnd den weiteren Zuschüttungsversuchen zugesehen. Trotz des mehrere Meter hohen und seitlich weit ausgedehnten Walles dringt das aus dem Brunnen fließende Wasser durch die Sandmassen hindurch und sammelt sich dann in kleinen Pfützen an. Augenblicklich versucht man, durch festgestampften Lehm dem ausfließenden Wasser einen wirksamen Damm entgegen zu setzen.

Kolmarer Kreisblatt vom 06.12.1893

Schneidemühl, 4.Dezember. […] Der große Sandhügel, der nunmehr schon aufgeschüttet ist, nach den Angaben des Herrn Oberberghauptmanns Freund, hat bis jetzt noch nicht die erhoffte Wirkung ausgeübt. An mehreren Stellen sickert aus dem Hügel Wasser heraus und sogar stand heute früh in einer kleinen Vertiefung oben auf dem Hügel auch Wasser. So winzig der Ausfluß des Wassers bei Beginn der jetzigen Arbeiten auch war, so ersieht man doch nachgerade, daß man auf diese Art und Weise noch sehr lange wird aufschütten müssen, um einen wirklichen Erfolg zu erzielen. Herr Beyer hat übrigens Recht behalten, wenn er sagte, die Quelle würde unter Terrain seitlich ausbrechen. Trotzdem die Kellerräume des Sommerfeld´schen Grundstücks mit Sand zugeschüttet sind, hat sich doch in den benachbarten Kellern Wasser eingefunden, das nach vorgenommenen Messungen seit Sonnabend um 7cm gestiegen ist. Daß man es hier nicht mit Grundwasser zu thun hat, ist unzweifelhaft.


Kolmarer Kreisblatt vom 09.12.1893

[…] Schneidemühl, den 6.Dezember 1893.

Um den Brunnen ist alles unverändert und ruhig, nirgendwo auch nur die geringste Stelle feucht. Das Wasser im Sommerfeld´schen Keller 1cm gefallen. In der Küddow fällt der Wasserstand ebenfalls; deshalb wohl eine Verbindung mit dieser anzunehmen und die Annahme, das Kellerwasser sei zum großen Theil Grundwasser sehr wahrscheinlich. Hochachtungsvoll Rademacher


Kolmarer Kreisblatt vom 04.04.1894

Schneidemühl, 30.März. Über den gegenwärtigen Zustand des Unglücksbrunnens wird in den „Berliner Neuesten Nachrichten“ von hier geschrieben: „Die Gefahr an der alten Ausbruchstelle scheint jetzt völlig beseitigt. Die Aufschüttungsarbeiten auf derselben sind dieser Tage definitiv beendet worden und so gründlich ausgeführt, daß selbst bei dem stärksten Andrang des unterirdischen Wassers dasselbe nur in reinem Zustande, ohne Lehm und Schlamm mit sich zu führen, hervorströmen könnte. Die Quelle selbst ist noch keineswegs erschöpft; das Wasser derselben läuft an anderen Stellen durch in die Erde eingelassene Rohre noch immer fort, doch sprudelt auch aus diesen Leitungskanälen nur klares Wasser hervor. Erdsenkungen haben schon seit langer Zeit nicht mehr stattgefunden und die Bürgerschaft glaubt nunmehr definitiv von jeder Gefahr befreit zu sein.“


Kolmarer Kreisblatt vom 07.04.1894

Schneidemühl, 4.April. Für die durch das Brunnenunglück geschädigten Bürger sind bis jetzt im Ganzen 113 773,58 Mk. an Geldspenden eingegangen. Verteilt wurden davon 45 091 Mk., so daß noch 68 682,58 Mk. reserviert bleiben.

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Daten aus dem genealogischen Ortsverzeichnis

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