Kirchenbücher aus Schlesien

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Info
Dieser Artikel soll die Besonderheiten in der Geschichte der evangelischen Kirche in Schlesien darlegen. Besonders die Veränderungen im Zusammenhang mit dem 30-jährigem Krieg sollten dem Familienforscher bekannt sein, weil dies eine Grundlage für eine effektive Vorfahrensuche ist.



Evangelische Kirche

Allgemein

Die Reformation hatte sich auch in Schlesien schnell verbreitet, so predigte zum Beispiel im Jahre 1526 ein Johann Reichel das Evangelium in Striegau.

Der Augsburger Religionsfrieden von 1555 sicherte den Anhängern der lutherischen Kirche (Augsburger Bekenntnis) Frieden und ihre Besitzstände zu. Die Reichsfürsten konnten ihre Religion frei wählen, während ihre Untertanen nach dem festgeschriebenen Motto cuius regio, eius religio (in wesen Gebiet ich lebe, dessen Religion muss ich annehmen; =d.h. jeder Untertan hatte dem Bekenntnis seines Landesherrn zu folgen) die Religion ihres Herrn annehmen mussten, ihnen aber auch das Recht auf Auswanderung eingeräumt wurde. Dies ermöglichte eine weitere Ausbreitung der protestantischen Lehre. Viele Orte wurden evangelisch und die Kirchen gingen an die evangelischen Gemeinden über.

Am 23. Mai 1618 warfen protestantische Adelige zwei kaiserliche Statthalter und den Schreiber aus dem Prager Hradschin in den Burggraben. Ausgangspunkt dieser als „Prager Fenstersturz“ in die Geschichtsbücher eingegangenen Tat war die Nichtgenehmigung eines evangelischen Kirchenbaues auf katholischem Gebiet. Die im Reiche und in Europa schon lange schwelenden religiösen und politischen Probleme entluden sich nun in einem für das deutsche Reich furchtbaren Krieg. Es begann der Krieg, welchen man später den Dreißigjährigen nannte. Plündernd und zerstörend zogen verschiedene Heere auch durch das schlesische Land.

Mit dem Friedensschluss von Münster und Osnabrück endete Dreißigjährige Krieg (1618-1648). In dem Friedensvertrag wurde die im Augsburger Religionsfrieden von 1555 festgeschriebene Formel cuius regio, eius religio entschärft. Für den Konfessionsstand im Reich wurde der 1. Januar 1624 als Normaljahr verbindlich festgelegt und die Reformierten in den Religionsfrieden ausdrücklich eingeschlossen. Ausnahmen von dieser Normaljahrsregelung bildeten nur die Oberpfalz und die kaiserlichen Erblande. In diesen war nur der katholische Glauben gültig. Dem habsburgischen Kaiser Ferdinand III (*13.07.1608 †02.04.1657) unterstanden als König von Böhmen (seit 1627) die schlesischen Erbfürstentümer Schweidnitz, Jauer und Glogau direkt. Lediglich den Herzögen von Liegnitz, Brieg, Oels und Münsterberg sowie der Stadt Breslau wurde die freie Ausübung des Augsburgischen Bekenntnisses gewährt, und vor den Mauern der Städte von Schweidnitz, Jauer und Glogau durften drei Friedenskirchen für die mehrheitlich evangelische Bevölkerung errichtet werden. Alle von den evangelischen Einwohnern bisher genutzten Kirchen wurden durch einen kaiserlichen Befehl den Katholiken zurück gegeben und die evangelischen Geistlichen vertrieben.

Die evangelischen Einwohner dieser Gebiete hielten sich an die Friedenskirchen und die sogenannten Grenz- oder Zufluchtskirchen. So nannte man diejenigen evangelischen Kirchen, welche gleich hinter der Grenze auf evangelischem Gebiet errichtet waren, damit die evangelischen Einwohner der rekatholisierten Gebiete sie gut erreichen konnten. Mit der Altranstädter Konvention vom 1. September 1707, beschlossen zwischen Karl VII. von Schweden und Josef I. (*26.07.1678 †17.04.1711), Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (und u.a. auch König von Böhmen), erhielten die evangelischen Einwohner Schlesiens 120 Kirchen in den Fürstentümern Liegnitz, Brieg, Wohlau, Münsterberg, Oels und am Stadtrand von Breslau zurück und wurde ihnen durch königliche Gnade die Erlaubnis erteilt, in den Orten Freystadt, Sagan, Hirschberg, Landeshut, Militsch und Teschen je eine Gnadenkirche mit Glockenturm zu bauen.

Im Zuge der Rekatholisierung wurden die evangelischen Einwohner verpflichtet, ihre an den evangelischen Friedens- bzw. Gnadenkirchen durchgeführten kirchlichen Handlungen auch dem katholischen Pfarrer der für den Wohnort zuständigen Kirche anzuzeigen. Dieser trug diese in die katholischen Kirchenbücher ein und bekam dafür Gebühren (Stolgebühren). Aus diesem Grunde sind auch Eintragungen evangelische Einwohner betreffend in katholischen Kirchenbücher zu finden. Diese Pflicht wurde erst 1757 aufgehoben. Somit findet man bis 1757 viele Eintragen in katholischen Kirchenbüchern, die eigentlich evangelische Amtshandlungen betreffen. Viele nach der Rekatholisierung katholische Kirchenbücher waren auch als evangelische Kirchenbücher begonnen worden.

Erst mit dem Übergang Schlesiens an Preußen, 1740 beginnend, erhielten die Einwohner die Möglichkeit sich evangelische Bethäuser ohne Glockenturm zu errichten (Diese Bethäuser durften sich ab 1764 Kirche nennen). Es wurde aber keine katholische Kirche, auch keine unbenutzte, den Katholiken weggenommen. Somit muss immer vor dem jeweiligen Zeitpunkt der Errichtung der evangelischen Kirche eine der Friedenskirchen in Betracht gezogen werden, kann man die Kirchenbücher der jeweiligen katholischen Kirche einbeziehen und auch die Kirchenbücher der Grenz- bzw. Zufluchtskirchen können relevante Informationen enthalten.


Die Flüchtlingskirchen

Ein Beispiel zum Thema aus dem Aufsatz "Schlesische Flüchtlingskirchen" von Ernst Dr. Boehlich, erschienen in "Der Sippenforscher"

Für das Fürstentum Schweidnitz-Jauer bildete Probsthain im Kreise Goldberg einen Mittelpunkt, der die Evangelischen von weither anzog. Sie kamen nicht nur aus der näheren Umgebung, dem Goldbergischen und Haynauischen, sondern ebenso aus den Kreisen Löwenberg, Bunzlau, Schönau, Hirschberg, Landeshut, selbst über die böhmische Grenze herüber .... Der Besuch war so groß, daß für diese "aus der Fremde" kommenden Gläubigen besondere KB angelegt werden mussten. .... Als Beispiel mögen hier die Traueintragungen vom Februar 1666 (die Taufen zu verzeichnen würde den verfügbaren Raum weit überschreiten) Platz finde:

  • 2.2.1666
    • Hans SÄLIGER, neue Mühle bei Boberröhrsdorf
  • 7.2.1666
    • Caspar GIETLER, Langenau
    • Christian KLEIN, Kaufmann in Schmiedeberg
    • Georg KUNTZ, Hohenliebental
    • Georg REYMANN, Schönwaldau
    • Hans ROTTER, Schulmeister in Boberröhrsdorf
    • Merten TEICHMANN, Ullersdorf
    • Friedrich Weiß, Fischbach
  • 8.2.1666
    • Christoph HAUPTFLEISCH, Hohenliebetal
  • 15.2.1666
    • Georg RUGER, Kammerswaldau
  • 16.2.1666
    • Hans Christoph VON BRAUN, Erbherr auf Märzdorf
    • Caspar GIETLER, Ransdorf
    • Hans GÖPPEL, Ludwigsdorf
  • 19.2.1666
    • Georg WEIß, Schneider in Berbisdorf
  • 21.2.1666
    • Merten SCHWARTZER, Schmiedeberg
  • 22.2.1666
    • Georg ZAHLN, Boberröhrsdorf
  • 23.2.1666
    • Georg Christoph BINNER, Süßenbach
    • Georg STUMP, Ludwigsdorf
  • 28.2.1666
    • Georg BÖRNER, Altschönau
    • Michel CASPAR, Messerschmied in Schmiedeberg
    • Caspar FEIGE, Wiesenthal
    • Friedrich FEIGE, Warmbrunn
    • Georg GEIßLER, Kauffung
    • Friedrich KNEBEL, Kunersdorf
    • Caspar LÄTZIG, Scholz in Mauer
    • Tobias WERNER, Warmbrunn
    • Christopherus ECHSNER, Arnsdorf

Die Kirchenbücher

Im Artikel KB-Datenerfassungen/Schlesien werden Kirchenbuchverkartungen aus Schlesien verzeichnet.

Literatur

Weblinks